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Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007

Titel: Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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und diese Tradition verabscheute. Corto stand abseits der anderen mit einem Bein auf einem Holzklotz aufgestützt; Fabio neben ihm wirkte wie sein Knappe, der darauf wartete, von seinem Herrn um Hilfe gebeten zu werden.
    »Dann hängen wir das Schwein wenigstens auf!«, sagte einer aus dem Wolfspack schließlich.
    Corto schüttelte den Kopf. »Wir lassen ihn hier im Dorf zurück. Vielleicht können die Dörfler um sein Leben verhandeln.«
    Einer der beiden jungen Männer aus dem Dorf schnaubte verächtlich. Die beiden älteren seufzten.
    »Konrad von Landau ist es doch scheißegal, was aus einem seiner Männer wird«, murmelte Pio-Pio. »Wann hätte sich die Schwarze Schar jemals darum gekümmert, auch nur die Verwundeten mitzunehmen?«
    Weniger Überlebende bedeutete: größere Teile der Beute für den Rest, dachte Lorenzo. Zugleich sicherte es die Kampfeswut der Männer – wer wusste, dass er im Ernstfall von seinen Kameraden verwundet auf dem Schlachtfeld zurückgelassen wurde, würde noch mit dem Kopf unterm Arm kämpfen, nur um nicht lebend in die Hände der Überfallenen zu geraten. Andererseits bildete sich dadurch gerade nicht jene Kameradschaft zwischen den Männern, die schon manchmal eine Schlacht entschieden hatte – wenn zum Beispiel ein Haufen, der eingeschlossen war, von den anderen freigekämpft und so die Umklammerung einer feindlichen Armee an einer Stelle aufgebrochen werden konnte. Weshalb die Männer Corto bei seiner Desertion gefolgt waren, wenn in der Schwarzen Schar jeder Mann auf sich selbst angewiesen war, wunderte Lorenzo nur kurz. Corto hatte eben nicht nach jener Philosophie gelebt; der bedenkenlose Sturm der Männer in die Hütte, in der sie Verruca in Schwierigkeiten vermutet hatten, hatte es bewiesen. Warum hatte Corto aber dann einen seiner Leute sterbend an der Stelle des Überfalls auf Antonio Bandinis Lager zurückgelassen?
    » Wir haben den kleinen Gattonero liegen lassen«, sagte einer der Männer leise.
    »Warum fängst du immer wieder damit an?«, sagte Fabio. »Das Kätzchen hat uns doch darum gebeten. Er hatte mehr Angst vor den Schmerzen des Transports …«
    »Das war ein privater Geleitzug, den wir überfallen haben, nicht so eine Bande wie die Schwarze Schar«, sagte Corto, ohne aufzusehen. »Wenn der Einäugige meinen Schlag überlebt hat, dann hat er sich wahrscheinlich eher um Gattonero gekümmert, als ihn umzubringen. Außerdem habt ihr ja gehört, dass sie sich bald mit den Abgesandten aus Florenz treffen wollten – darum mussten wir ja so schnell zuschlagen, bevor sie uns noch überlegen gewesen wären. Wenn Gatto lange genug gelebt hat, dann haben die sicher versucht, ihn zu verarzten. Wenn wir ihn mitgeschleppt hätten, hätte ihn das auf jeden Fall umgebracht. Er hatte größere Chancen, wenn wir ihn zurückließen, und schließlich hat er es selbst so gewollt.«
    »Wozu denn? Wenn sie ihn wirklich wieder zusammengeflickt haben, dann doch nur, um ihm den Prozess zu machen und ihn aufzuhängen.«
    »Es ist ja nicht so«, sagte Corto und blickte den Sprecher plötzlich scharf an, »dass ich den alten Gatto nicht darauf hingewiesen hätte, nicht wahr?«
    »’tschuldige, Corto, du hast ja recht.« Der Mann zuckte mit den Schultern und gab dem Boden einen Tritt.
    »Schön und gut«, brummte einer der Dörfler auf einmal, der junge Mann, der seinem Ärger mit dem verächtlichen Schnauben Luft gemacht hatte. Er sprach schwerfällig. »Is’ ja schön, dass ihr ’n reines Gewissen habt wegen eures Kumpels. Un’ was ist mit uns? Wir ham uns nich gewünscht, dass ihr ankommt, un’ wir ham euch sogar noch geholfen mit den Kerlen. Zum Dank dafür wollt ihr uns jetz’ verarschen?«
    »Halt die Klappe, Mann«, sagte Fabio. »Wenn wir nicht gekommen wären, hätten Macello und seine Strauchdiebe noch ein paar mehr von euch umgebracht.«
    »Ja, un’ jetz’ seid ihr gekommen, und wegen euch kommt jetz’ auch noch die Schwarze Schar hierher und bringt uns alle um. Aber ihr seid dann ja schon weg!«
    »Wenn ihr das Dorf verlasst und euch im Schilf versteckt, werden sie nur eure Hütten niederbrennen«, sagte Corto. »Hütten kann man wieder aufbauen.«
    »Vor ’n paar Jahren«, sagte einer der älteren Dörfler und starrte Corto an, »vor ’n paar Jahren gab’s nich weit von hier ’ne Köhlerei – den alten Klumpfuß un’ seine Familie. Kommt so’n Pinkel auf ’nem Gaul mit zwei, drei Männern bei ihm vorbei un’ verlangt was zu essen. Klumpfuß hatte ’nen

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