Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007
eigentlich war, aus ihren Augen, hörte mit ihren Ohren und fragte sich, warum niemand die Hand ausstreckte und in diese Hülle aus schwarzem Habit, weißer Haut und kühler Kompetenz hineinfasste und das kleine Mädchen dort drin berührte und streichelte.
Das Zittern war so schlimm, dass ihre Zähne aufeinanderschlugen. Die Hitze, die vom Laufen gekommen war, hatte sich längst in Erschöpfung verwandelt. Das kalte Regenwasser lief unter dem Habit an ihrem Körper hinunter, wie es zuvor der Schweiß getan hatte, und sie spürte das leichte Ziehen im Unterleib, das ihr sagte, sie hätte nach ihren Monatsblutungen eigentlich Ruhe und Wärme gebraucht. Der schwere, triefende Stoff auf ihrer Haut war die Berührung eines Amphibiums, das sich an ihren Leib schmiegte. Ein Teil ihres Geistes sagte kühl: Mach es wie die Dörfler, sie wissen, wie man mit so einem Wetter umgeht, um sich nicht den Tod zu holen; der andere Teil sagte: Ich halte es nicht mehr aus, ich muss dieses Kleid ausziehen, das ich immer mehr als Verkleidung empfinde, das meine Haut jetzt wegen seiner Kälte und Klammheit so abstößt, wie meine Seele es schon lange abstoßen möchte. Ihr Zittern verstärkte sich, als sie sich dieser Gedanken bewusst wurde. Wie jemand, der sich verirrt hatte, starrte sie das Gebüsch um sich herum an, bis sie plötzlich bemerkte, dass eines von ihnen für ihren Sinn wie ein blinder Fleck war. Sie wühlte sich hinein und fand in seinem Inneren den gleichen, nur halb durchnässten, vom Blätterdach behüteten und mit dem Laub und Mulch vom Vorjahr bedeckten Raum wie vorhin, nur dass sie hier allein war.
Schwer atmend kauerte sie auf dem Boden. Als sie versuchte, das Gebende zu lösen und mit dem Schleier abzustreifen, bebten ihre Finger so sehr, dass sie sich die Haare dutzendweise ausriss. Schließlich legte sie die Kopfbedeckung so sorgsam neben sich, als wäre sie in ihrer Zelle im Kloster, und fuhr sich durch das achtlos kurz geschorene Haar, das sich kalt, nass und fettig anfühlte. Seit sie ins Kloster eingetreten war, war dies das erste Mal, dass sie ihr Haupt unter freiem Himmel entblößte. Sie gab einen kleinen Laut von sich. Als sie die Hände sinken ließ, drang die Kühle an ihren Schädel und ließ sie noch mehr erschauern.
Die Kukulle war so mit Nässe vollgesogen, dass es beinahe unmöglich war, sie über den Kopf zu streifen. Der klamme Stoff strich über ihr Gesicht. Einen Augenblick blieb sie, wie sie war, die Arme halb erhoben, verborgen im Inneren des Kleidungsstücks, eingehüllt in dessen Geruch nach Rauch, ruinierter Wolle und ihrem eigenen Schweiß. Kühle kroch über die Knie an ihre Schenkel, und mit Entsetzen wurde ihr bewusst, dass das Hemd mit hochgerutscht war und dessen Saum jetzt oberhalb ihrer Knie auf ihrer Haut klebte. Sie begann sich zu winden und zu drehen; wenn der Stoff ihrer Kukulle sich mittlerweile nicht so nass und schwer und vollkommen widerwärtig angefühlt hätte, hätte sie die Nerven verloren und die schwarze Kutte wieder übergestreift. Sie fühlte, wie das Hemd wieder nach unten rutschte, klemmte es unter den Knien ein, verdrehte ihren Oberkörper und arbeitete mit den Schultern, und plötzlich war die Kutte über ihrem Kopf, rutschte aus ihren Händen und ploppte mit einem schweren Geräusch auf den Boden. Ein unpassend sarkastischer Gedanke flatterte durch ihren Kopf: Das war wie bei einer Geburt! Das Hemd, viel dünner als die Kukulle und nicht nur vom Regen, sondern auch vom Schweiß des Rennens feucht, kühlte sich ab; es gab ihr das Gefühl einer metallenen Rüstung, an der sich an einem Frosttag langsam der Reif niederschlägt. Sie stöhnte leise und biss die Zähne zusammen, um das Klappern zu unterdrücken.
Die Dörfler hatten ihre Kleider abgestreift, ausgeschüttelt und auf den Boden gelegt und dann mit beiden Händen begonnen, ihre nackte Haut abzureiben. Magdalena, das nasse Hemd als letztes Hindernis zwischen sich und diesem Versuch, sich selbst zu erwärmen, erkannte, dass es vergleichsweise leicht gewesen war, die Kukulle abzustreifen. Unter dem Hemd war sie nackt. Splitternackt. Der Leinenstreifen, der ihr als Bruche gedient hatte, war von ihrer Monatsblutung ruiniert worden, und sie hatte keinen Ersatz mitgenommen. Sie begann, die Kukulle auszuschütteln und dann auszwringen, als wäre sie tatsächlich so triefend nass, dass sie das Wasser nicht halten konnte, doch es war nur ein Versuch, Zeit zu gewinnen. Sie zitterte in der Kälte. Sie war noch
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