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Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007

Titel: Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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gegen den Oberarm. Zuletzt wies er ins Wageninnere.
    »Schwester Magdalena?«, sagte er, als wäre nichts gewesen.
    »Ich gehe nebenher«, erwiderte Magdalena mit blutleeren Lippen.
    Corto zuckte mit den Schultern. Er kletterte auf den Kutschbock und gab das Kommando. Die Gruppe setzte sich in Bewegung.
    Girolamo war auf den Boden gesunken. Er blickte nicht auf, als die Kolonne an ihm und seinen Brüdern vorüberzog. Magdalena versuchte ihn in Gedanken zu rufen und ihn dazu zu veranlassen, seinen Kopf zu heben, damit sie ihm danken konnte, doch er reagierte nicht. Als sie sich abwandte, wurde sie sich bewusst, dass sie neben einem Pferd herging, und der Reiter auf dem Rücken des Pferdes war der Mann, der sich eingemischt hatte. Er blickte sie an. Sie starrte zurück und sah Augen, die nur unwesentlich weniger blau waren als die Cortos, langes, struppiges Haar und das Gesicht eines Jungen, das hinter dem Gesicht des Mannes hervorblickte.
    »Willkommen bei Cortos Wolfspack«, sagte der Mann.
    Sie sah ihn schockiert an und brachte kein Wort hervor. Er war die Quelle jener störenden Schwingung, die sich weigerte anzuerkennen, dass ihr Sender dort war, wo das Leben ihn haben wollte.

Kapitel 16.
    I m Inneren des Schilfstücks stank es nach abgestandenem Wasser, Erde, die nie richtig trocken wird, faulendem Kraut und vage nach den toten Tieren vom letzten Jahr. Der Nebel schien jeden Lufthauch erstickt zu haben, dennoch bewegten sich die langen Lanzen der Schilfblätter, rieben sich aneinander und knisterten und raschelten. Für jemanden, der sich seiner Nervenkraft absolut sicher war, war es ein hervorragendes Versteck: Gleich, welches Geräusch man aus Versehen machte, es ging im allgemeinen Flüstern des Schilfs unter. Jemand mit schwächeren Nerven schnappte nach einer Stunde über, weil er ständig denken musste, dass sich von allen Seiten Feinde anschlichen. Corto und die Männer, die er ausgesucht hatte, besaßen die erforderliche Nervenstärke. Lorenzo stand ruhig neben dem kahlköpfigen Anführer und versuchte, sich über sein weiteres Vorgehen klar zu werden.
    Dass es ihm nicht gelingen würde, Clarice Tintori aus der Mitte von Cortos Leuten heraus zu entführen, stand fest. Clarice ließ sich offenbar nur so wenig wie möglich außerhalb des Wagens sehen, eine weitere Vorsichtsmaßnahme Cortos gegen das Begehren, das seine Männer unberechenbar machen konnte. Selbst wenn Lorenzo es schaffte, unbemerkt ins Innere des Wagens zu gelangen, waren da noch die beiden Jungen, die alles offenbar als großen Spaß auffassten und von denen nur eines als sicher anzunehmen war: dass sie Lorenzos Unterfangen aus Herzenslust sabotieren würden, nur weil dies neuerlichen Spaß versprach. Lorenzo hatte immer noch den Fluchtversuch des Kastraten vor Augen. Nicht zuletzt waren jetzt die drei Nonnen bei der Gruppe, und was sie tun würden, wenn Lorenzo mit Clarice zu fliehen versuchte, war erstens vollkommen unabsehbar und zweitens Gegenstand der brennenden Frage: Durfte er sie in der Gewalt von Cortos Männern zurücklassen? Sie waren drei junge Frauen – wie lange würden der Habit und Cortos Charisma sie schützen? Ganz abgesehen davon, dass die Frage, wer zu befreien war, sich auch auf die beiden Jungen und den ältlichen Mann erstreckte, von dem es Lorenzo immerhin gelungen war zu erfahren, dass er Francesco Giallo hieß.
    Lorenzo fuhr mit dem Finger über die Kante eines der Schilfblätter. Es war so scharf wie ein Messer. Jemand, der im vollen Lauf hindurcheilte, würde am anderen Ende aussehen wie einer, der inmitten einer Horde von Landsknechten eine Beleidigung vom Stapel gelassen hatte und dann nicht schnell genug davongerannt war. Es blieb die Möglichkeit – und Lorenzo war der Gedanke daran alles andere als willkommen –, Corto bei passender Gelegenheit zu töten. Die Männer waren ihm treu ergeben, und genau darin lag die Gefahr für die Gruppe: Wenn Corto nicht mehr da wäre, würde sie innerhalb kürzester Zeit auseinanderfallen. Enrico und Fabio würden als Erste aneinandergeraten, und diesen Streit würde nur einer von beiden überleben. Der Überlebende würde vermutlich die Führerschaft über die Gruppe reklamieren; der Unterlegene hatte aber auf jeden Fall – gleich, um wen es sich handelte – eine Gruppe von Anhängern, die wiederum die nächste Gelegenheit nutzen würden, den Sieger aus der Auseinandersetzung zu töten.
    Sie waren tatsächlich wie ein Rudel Wölfe, aber eines, das nur aus männlichen

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