Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007
dieses Unglück vorbei ist, werde ich mich darüber freuen, unter meinem Dach nicht nur einen Mann wie Lorenzo, sondern auch Sie zu beherbergen. Beinahe schade, dass die Zeiten vorbei sind, in denen sich die Familien hier gegenseitig bekämpften – ich hätte gern gesehen, wie Sie und Lorenzo Seite an Seite dieses Haus verteidigen.«
Niccolò machte ein Gesicht wie jemand, der einen großen Schluck von etwas genommen hat, das er für Wein hielt, und nun feststellt, dass er aus Versehen den Nachttopf seiner Großmutter erwischt hat. Antonio erlaubte sich keine Regung. »Zu viel der Ehre, Ser Bianchi«, sagte er.
»Ich habe angeordnet, dass Sie ein heißes Bad und eine warme Mahlzeit bekommen. Niccolò kann sich daran leider erst erfreuen, wenn er mir berichtet hat. Nun, der Dienst im Haus Bianchi erfordert manchmal ein wenig Leidensfähigkeit – nicht wahr, Niccolò?« Bianchi sagte es, als handle es sich dabei um eine Auszeichnung, und Niccolò, der ausgemachte Trottel, lächelte stolz. »Ich hoffe aber, dass ich danach ein paar Worte mit Ihnen wechseln kann, messere Bandini?«
Antonio bemühte sich erneut um ein neutrales Gesicht. Sehr elegant weggeschickt, dachte er. Woanders sagte man: Ich kenne dich nicht gut genug, um deinem Bericht Glauben zu schenken, bevor ich mir nicht eine andere Quelle angehört habe, die ich kenne. Es ärgerte ihn, dass ein Versager wie Niccolò seiner Person vorgezogen wurde, obwohl es im Hause Tintori nicht anders gewesen wäre. Wer zur »Familie« gehörte, besaß größeren Kredit als ein Fremder, selbst wenn der Fremde Antonio Bandini hieß und das Familienmitglied eine zweibeinige Katastrophe war, deren Selbstwahrnehmung keinerlei Deckung mit seinem Ansehen beim Rest der Menschheit aufwies. »Sehr großzügig von Ihnen, Ser Bianchi«, sagte Antonio. »Ich stehe zu Ihren Diensten.«
Etwas später stand er in einer niedrigen Dachkammer, die ihr Licht vom Innenhof des Gebäudes bezog. Es war nur selbstverständlich, dass man einen Fremden nicht in einem Raum unterbrachte, von dem aus er unbemerkt Signale an jemanden außerhalb geben konnte. Dennoch verärgerte die Vorsichtsmaßnahme Antonio noch mehr. Er trat an die glaslose Fensteröffnung und sah in den Lichthof hinab. Ein ganzes Stück weiter unten blinkten bunte Bodenfliesen in einem Mosaik, das eine mit Früchten und Gemüse gefüllte Schüssel zeigte. Irgendwo plätscherte ein Brunnen. Es ging auf den Abend zu, und hier stand er, Antonio Bandini, zurück in der Stadt, die zu meiden er die meiste Zeit seines Lebens bemüht gewesen war, und verschwendete die Zeit, die er gebraucht hätte, um sofort eine Gruppe aus zuverlässigen Männern auszuheben. Seite an Seite mit Lorenzo Ghirardi, um das Haus Bianchi zu verteidigen, eh? Eine schöne Pleite! In einem solchen Fall hätte Ghirardi dem Feind wahrscheinlich schon längst den Schlüssel zum Hintereingang verkauft.
Antonio dachte daran, wie Lorenzo zu Domenico Bianchi gekommen war und an den ehrlichen Glauben im Gesicht Bianchis, als er über Lorenzos Zuverlässigkeit gesprochen hatte. Er schob alle Bedenken, die sich im Zusammenhang damit ergaben, wütend beiseite und starrte weiterhin zum Fenster hinaus.
Als die Magd das heiße Wasser brachte und in den Zuber goss, wunderte sie sich, dass der große hagere Mann mit der Augenklappe sich nicht einmal umwandte, um ihr beim Bücken in den Ausschnitt zu glotzen. Offensichtlich verlangte es nicht alle Männer, wenn sie von einem mehrtägigen Ritt wieder in ein Haus kamen, sofort nach einer Frau. Die Magd war enttäuscht. Sie hatte gehört, dass der Bursche mit der Augenklappe ein berühmter condottiere sein sollte, der Hunderte von Feinden seines Herrn erledigt hatte, und sie hätte gern am Brunnen damit geprahlt, dass sie diesen Helden zum Stöhnen gebracht hatte.
Kapitel 21.
D er Gefangene hatte sich auf einen Ellbogen gestützt zurückgelehnt, als lungere er auf einer Liege herum und warte darauf, dass jemand seinen Becher nachfüllte. Dass er sich auf einen seiner toten Kameraden stützte, schien ihn nicht zu belasten. Jemand hatte ihm seine Kleidung wiedergegeben; das Leder seiner Stiefel glänzte. Fabio blickte Corto mit einem müden Gesichtsausdruck entgegen. Corto schritt auf den Gefangenen zu, blieb hart vor ihm stehen und sah auf ihn hinunter. Der Gefangene legte den Kopf in den Nacken und erwiderte den Blick.
»Wie geht’s, Corto?«, fragte er.
Lorenzo atmete vor Überraschung ein. Schwester Magdalena schien
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