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Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007

Titel: Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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keine Gnade …?« Er starrte den Mann auf dem Boden betroffen an. »Sieh mal an«, murmelte er dann. Seine Augen verengten sich.
    »Ab mit ihm«, sagte Corto.
    Die beiden Klosterschwestern sahen Corto mit aufgerissenen Augen an, als er die Plane des Trosswagens beiseiteschob, hineinstieg und die Insassen aufforderte, herauszukommen. Die Cantafini-Burschen und Francesco Giallo kletterten sofort heraus – die Jungs offenbar in der Hoffnung, dass es draußen spannender war als drinnen, Giallo in der Hoffnung, dass seine fortdauernde demonstrative Kooperation seine Lage irgendwann verbessern würde. Nach einem Kopfnicken Fabios trollten sich die drei in Richtung des Feuers, wo das Wolfspack saß und der Szene beim Trosswagen, halb versteckt im Dunkeln zwischen zwei Hütten, keinerlei Beachtung schenkte. Lorenzo und Fabio hielten den Gefangenen zwischen sich fest, der mit sich und der Welt vollkommen im Reinen schien. Vor dem Trosswagen steckten zwei rußende Fackeln im Boden, und in ihrem Licht erkannte Lorenzo, was ihm bisher entgangen war: eine Binde um den rechten Oberarm des Mannes. Macello bemerkte Lorenzos Blick und lächelte ihm zu. Lorenzo erinnerte sich an die Szene in der Hütte und den Schuss und was danach geschehen war, und er bemühte sich vergebens, den lächelnden Mann vor ihm mit all dem in Einklang zu bringen. Fabio schien seine Gedanken erraten zu haben; ihre Blicke trafen sich. Vielleicht hätte ich dich doch nicht dabei aufhalten sollen, ihn zu erschlagen, sagte Fabios Blick. Lorenzo zuckte mit den Schultern.
    »Es ist kalt und neblig draußen«, sagte Clarice. »Mein Kleid und meine Haare werden ruiniert. Außerdem bin ich gerade in den Wagen zurückgekehrt. Ich bleibe hier drin.«
    »Du gehst raus«, sagte Corto.
    »Das akzeptiere ich nicht.«
    Lorenzo sah aus dem Augenwinkel, wie das Lächeln Macellos breiter wurde. Die Blicke des Gefangenen folgten den Bewegungen der beiden Klosterschwestern, die ungeschickt nach draußen kletterten, Schwester Immaculata voran. Schwester Radegundis hielt sich an der Plane fest und ignorierte die helfenden Hände, die ausgestreckt wurden, auch wenn sich die Öffnung dadurch schloss und sie beinahe heruntergefallen wäre. Schwester Immaculata drängte sich sofort an Magdalena und gab den Blick Macellos zurück wie der Hase das Starren der Schlange. Macello leckte sich langsam über die Lippen und züngelte dann obszön in Immaculatas Richtung. Seine Blicke krochen über das Vorderteil der Kutte, unter dem sich undeutlich die Brüste der jungen Schwester abzeichneten. Immaculata schrak zurück.
    Macello knickte ein und ächzte. Lorenzo hob den Absatz wieder von den Zehen des Gefangenen. »Ups«, sagte er.
    Magdalena warf Lorenzo einen Blick zu, der zwischen Missbilligung und Dankbarkeit schwankte und bei Missbilligung verharrte.
    Schritte näherten sich, dann sagte Verrucas helle Stimme: »Da bin ich wieder, Fabio. Wo ist Corto? Ich möchte ihm sagen, dass ich wieder …« Er verstummte und gaffte den Gefangenen an. Wenn es einen Unterschied zwischen seinem Starren und dem Schwester Immaculatas gab, dann nur den, dass Schwester Immaculatas weit aufgerissene Augen in einem hübscheren Gesicht saßen.
    »Hallo, Hosenscheißer«, sagte Macello. Verrucas Mund arbeitete.
    »Zähl schon mal deine Zehen«, warnte Lorenzo.
    Der Gefangene wandte sich ihm zu. Er nestelte an dem Band an seinem Oberarm und machte es los. Fabios Messer saß ihm plötzlich an der Kehle. Der Gefangene ließ das Band zwischen zwei Fingern baumeln, um zu zeigen, dass er keinen Trick vorhatte.
    »Tu mir den Gefallen«, sagte Fabio. Er ließ das Messer zögernd sinken.
    Die Plane des Trosswagens schlug zurück. Clarice kletterte steif über die Rückwand. Corto hielt sie an einer Hand fest. Er musterte Verruca, dann sagte er: »Verruca, du wolltest doch auf unsere Madonna aufpassen. Begleite sie zum Feuer. Sie soll essen und trinken. Nimm dir auch, was du haben willst. Wenn sie abhaut, gebe ich dir deine eigenen Eingeweide zum Nachtisch.«
    »Es ist dunkel rund herum«, sagte Clarice verächtlich. »Wo sollte ich schon hin?« Sie stapfte davon. Verruca folgte ihr mit Verzögerung, den Kopf noch immer nach hinten verdreht, um den Gefangenen anzustarren. Lorenzo fragte sich, was Corto in den wenigen Augenblicken, in denen die Plane geschlossen gewesen war, Clarice zugeraunt hatte, um sie zur Mitarbeit zu bewegen. Vermutlich hatte er ihr angeboten, ihr einen Platz unter den Gräber schaufelnden

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