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Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007

Titel: Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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und die anderen getötet haben, hatten jeder so eines«, flüsterte er. »Ich hab’s gesehen.«
    Lorenzo zuckte mit den Schultern. Er hielt das Band Giallo entgegen, doch dieser zuckte zurück. Lorenzo begann sich zu fragen, ob der Verdacht, der langsam in ihm keimte, zutreffen konnte.
    »Sie haben es schon vorher mal gesehen«, sagte er. »Bevor … das hier alles geschah.«
    Giallo schüttelte den Kopf. »Lorenzo … wer es gesehen hat, ist nicht mehr am Leben! Aber ich weiß, was es bedeutet«, wisperte er.
    Lorenzo beugte sich vor. Der Mann war kaum zu verstehen. Lorenzo verstand ihn dennoch. Er verstand plötzlich alles, bis hin zu Macellos Akzent.
    »Wer es trägt«, sagte Francesco Giallo, »gehört zur Schwarzen Schar.«

Kapitel 22.
    D omenico Bianchis großer Saal befand sich im ersten Geschoss seines Hauses, über den Lagerräumen und dem Kontor im Erdgeschoss. Es mochte von außen wie eine alte Festung wirken, innen war es dem Haus der Familie Tintori in Mailand zum Verwechseln ähnlich; jenes war auf keinen Fall alt, weil Ser Tintoris Familie weder lange genug reich war, um seit Generationen ein Haus zu besitzen, noch etwas Gebrauchtes um sich herum geduldet hätte. Die Farben und Muster der Fresken an den Wänden waren anders – rote und goldfarbene Rauten –, der Kamin verrußter, die schweren, freiliegenden Deckenbalken in achtzehn Fuß Höhe dunkler, aber sonst … Sogar die Wandteppiche zeigten die gleichen Themen, auch wenn die Motive anders aussahen. Geld mag zu altem oder neuem Reichtum führen, aber es geht immer die gleichen Wege.
    Antonio Bandini saß Domenico Bianchi an einer Ecke des gedrungenen Tisches gegenüber und sah ihm dabei zu, wie er ein Hähnchen in Einzelteile zerlegte, ohne jedoch davon zu essen. Bevor Bandini zu berichten begonnen hatte, mochte Bianchi noch der Meinung gewesen sein, ein herzhaftes Abendmahl in Männergesellschaft sei das Richtige. Bandini betrachtete Bianchis plötzliche Appetitlosigkeit mit grimmiger Befriedigung. Er selbst hatte seinen Teller blank geputzt. Der Saal war leer; Bianchi hatte nach dem Auftragen des Essens alles Gesinde hinausgeschickt, und weder seine Frau noch eines seiner Kinder waren zugegen. Am Kamin hantierte lediglich der Knecht herum, der dafür zu sorgen hatte, dass das Feuer nicht ausging; zwei ältere Frauen knieten in einer Ecke und schrubbten, und ein Handwerker mit einer Fahne, die eine Fliege, wäre sie zufällig durch seinen Atem geflogen, sofort in einen brennenden kleinen Kometen verwandelt hätte, besserte das Schnitzwerk am Rahmen der großen Fenster aus. Dabei lehnte er sich so weit über, dass er jeden Moment hinausfallen musste, und Bandini fragte sich, ob der Bursche, wenn er unten aufschlug, klirren würde – ein zerschellender Weinkrug. Ab und zu rülpste der Handwerker, spuckte aus dem Fenster und sagte: »Pfui!« Grundsätzlich waren Bandini und Bianchi also allein.
    »Ich fasse das noch mal zusammen«, sagte Bianchi und betrachtete Bandini scharf. »Sie sind davon überzeugt, dass Lorenzo Ghirardi mit den Bastarden, die meine Schwiegertochter entführt haben, gemeinsame Sache macht; dass er den Treffpunkt verraten hat und absichtlich zu spät dort erschienen ist; dass er die erstbeste Ausrede genutzt hat, um sich abzusetzen; und dass er sich mittlerweile längst den Entführern hinzugesellt hat, um in irgendeinem Versteck abzuwarten, bis Tintori und ich das Lösegeld aufgebracht haben, über dessen Höhe in den nächsten Tagen vermutlich ein arroganter Bursche mit Parlamentärsstatus mit mir verhandeln wird.«
    Bandini nickte. Bianchis direkte Art gefiel ihm.
    »Sie stützen Ihre Vermutung auf den Umstand, dass Sie sich an Lorenzos Gesicht von einem Begebnis vor etwa drei Jahren zu erinnern meinen; eine Truppe Marodeure hatte in der Nähe von Piacenza ein Dorf überfallen und dort gehaust wie Barbaren, und Lorenzo – so ist Ihre Überzeugung – war einer von ihnen.«
    »Wir haben die Schweine tagelang verfolgt, Ser Bianchi, weil sie schon vorher eine Dame und ihr Geleit überfallen hatten. Ich wusste genau, wie viele es waren. Als wir die Toten und die Gefangenen auseinandersortiert hatten, fehlte einer. Er hat sich als verletzter Dörfler verkleidet und ist so entkommen; ich hatte ihn schon am Kragen, aber dann befielen mich Zweifel …« Bandini ballte die Faust und klopfte hart gegen seinen Schädel.
    »Jetzt haben Sie aber keine Zweifel?«
    »Nicht den geringsten.«
    »Sie gelten als ein Mann, dessen Wort

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