Die Braut des Freibeuters: Er beherrschte die Meere - doch sie war die Herrin seiner Sinne (German Edition)
hätte. Er wird sich hüten, mich auch noch zum Duell zu fordern.«
Finnegan nickte nur besorgt und verließ die Kajüte, während Robert sich in seinem Stuhl zurücklehnte und über den vergangen Abend nachdachte.
Er hatte beim Diner Stranec wiedergetroffen, der offensichtlich so dumm war, abermals einige Bemerkungen über Vanessa zu machen, die Robert ihm nicht ungestraft hatte durchgehen lassen können und wollen. Er hätte ihn vermutlich auf der Stelle niedergeschlagen, wäre nicht wieder sein weitaus bedächtigerer Freund Finnegan dazwischengetreten, worauf Robert, um im Haus keine Schlägerei zu provozieren, Stranec am Kragen gepackt und auf die Terrasse gezerrt hatte. Dort hatte er ihm einige Zähne ausgeschlagen, das Nasenbein gebrochen und ihn mit einem gezielten Schwung in einen hübsch anzusehenden, aber mit Stacheln bewehrten Strauch geworfen.
All das hatte natürlich nicht ohne Aufsehen vor sich gehen können, und Stranec, kaum wieder bei Bewusstsein und fähig zu sprechen, hatte ihn vor allen Anwesenden zum Duell gefordert. Robert, etwas verwundert darüber, dass der Dreckskerl noch nicht genug hatte, war sofort einverstanden gewesen und hatte entsprechend dem in England und Frankreich üblichen Duellprozedere Finnegan und Miller zu seinen Sekundanten ernannt. In seiner Heimat hätte er dem Widerling vermutlich nur eine saftige Abreibung verpasst und kein weiteres Wort mehr über die Sache verloren, aber hier, vor dem Gouverneur, musste er sich an die Spielregeln halten, wenn er nicht sein Gesicht verlieren wollte. Und das wäre zweifellos geschehen, hätte er die Herausforderung nicht angenommen.
Trotzdem glaubte er nicht, dass Stranec seine Forderung tatsächlich in die Tat umsetzen würde, und obwohl Finnegan den ganzen Tag über mit einem besorgten Blick herumlief, gab das Auslaufen der Chase gegen Abend – ohne dass man von Stranec noch etwas gehört oder gesehen hatte – Robert recht. Es kam ihm auch ganz gelegen so. Nicht, dass er Angst vor der Auseinandersetzung mit diesem Kerl gehabt hätte, aber er legte auch keinen Wert darauf, einen Offizier der amerikanischen Marine zu töten, der im Krieg vielleicht wenigstens noch einen geringen Nutzen bringen konnte.
Vanessa war nach dem Frühstück, das sie allein eingenommen hatte, weil ihr Captain an Deck war, ebenfalls hinaufgeklettert, um ihren Morgenspaziergang zu machen und ihre Freunde zu begrüßen. Robert kam ihr schon entgegen, lächelte sie an, küsste ihr zu ihrer Überraschung die Hand und schlenderte dann wieder davon, während sie sich auf eine Kiste setzte und das Gesicht in den vom Meer wehenden Wind hielt. Da sie sich unbeobachtet glaubte, zog sie – wie sie es so oft tat – die Kette aus ihrem Ausschnitt und blickte voller Liebe auf das geöffnete Medaillon mit Alberts Bildnis in ihrer Hand. Sie führte ihren Finger zum Mund, hauchte einen Kuss darauf und fuhr dann damit langsam über das kleine Bild – die hohe Stirn, die klugen, dunklen und so gütigen Augen, der schmale Mund.
»Was hast du da?« Vanessa, die in Erinnerungen versunken gewesen war, zuckte so heftig zusammen, dass ihr das Medaillon aus der Hand glitt und auf die Planken fiel. Robert war mit zwei Schritten dort und hob es auf.
»Wer ist das?« Sein Stimme klang scharf.
»Albert, mein Mann.« Sie streckte die Hand nach dem Schmuckstück aus.
Robert warf einen entgeisterten Blick darauf, bevor er es ihr zurückgab. »Du bist verheiratet?!«, stieß er entsetzt hervor. Er hatte alle Möglichkeiten durchdacht, aber dass sie schon gebunden sein könnte, hatte er niemals in Betracht gezogen.
»Nein, Albert starb vor über einem Jahr.« Sie zögerte, ehe sie fortfuhr. »Das war der Grund, weshalb ich hierhergekommen bin. Ein unerwünschter Verehrer bedrängte mich, und ich beschloss daher, die Einladung meines Onkels anzunehmen, eines Bruders meiner Mutter, der mir geschrieben hatte, dass ich ihm und seiner Frau jederzeit willkommen sei.« Sie hatte, während sie sprach, die Kette mit dem Medaillon wieder um ihren Hals gelegt.
»Er muss um einiges älter gewesen zu sein als du«, sagte Robert erleichtert, aber mit einem leichten Widerwillen in der Stimme.
»Fast vierzig Jahre«, antwortete sie und fühlte wieder den Schmerz um den Verlust ihres väterlichen Freundes und späteren Gatten. »Er war einer der gütigsten und ehrbarsten Männer, die ich jemals getroffen habe. Er hat mich nach dem Tod meines Vaters zu sich genommen, um mir ein Heim zu geben,
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