Die Braut des Freibeuters: Er beherrschte die Meere - doch sie war die Herrin seiner Sinne (German Edition)
schließlich nichts an, nicht wahr?«
»Seit wann sagst du denn wieder Monsieur zu mir?«
»Ach?« Vanessa sah ihn kühl an, während ihre Fußspitze unter dem Tisch einen deutlichen Takt klopfte. »Habe ich das tatsächlich getan?«
»Das weißt du verdammt genau. Also, was ist los?« Er hatte schon Ärger genug mit dem Gouverneur, der immer noch darauf bestand, seine schöne Prise an sich zu bringen, und war nicht in der Stimmung, die wechselhaften Launen einer Frau zu ertragen.
Sie schob ihren Teller weg. »Nichts weiter. Ich bin heute nur sehr müde. Wir sehen uns dann morgen zum Frühstück.«
Vanessa bemühte sich, nicht auf Roberts Ärger zu achten, der sein Besteck wütend auf den Tisch warf, sondern zog sich in ihre Kajüte zurück, setzte sich auf die Truhenbank unter dem Fenster und sah hinaus. Die Sonne war schon fast untergegangen, nur ein schmaler Streifen am Horizont war noch zu sehen, und der würde innerhalb der nächsten Minuten ebenfalls verschwinden und die Welt wieder in Dunkelheit getaucht sein. Genauso wie ihre Seele sich verdunkelt hatte. Ihr Ärger war verraucht und hatte einem brennenden Gefühl der Kränkung Platz gemacht. Vor wenigen Stunden noch war alles licht in ihr gewesen, sie hatte sich glücklich gefühlt. Sie liebte und wurde geliebt, und es hatte sie nicht im Mindesten gestört, nur das Liebchen ihres Capitaines zu sein.
Aber nun war sie sich der Rolle, die sie spielte, plötzlich bewusst geworden. Ein Liebchen versteckte man, zeigte es nicht her wie eine Ehefrau. Deshalb hatte er sie unter Deck geschickt, und aus diesem Grund hatte er ihr bisher nichts von dieser Einladung und dem Diner erzählt. Dabei hätte sie sich so sehr gefreut, wieder einmal ein schönes Abendkleid zu tragen, das Haar zu einer hübschen Frisur hochzustecken und die Saphirkette zu tragen, von der Albert immer gesagt hatte, sie passe so gut zu ihren Augen. Oder die kostbare Perlenkette, ein Erbstück ihrer Mutter.
Unwillkürlich seufzte sie auf. Sie liebte ihren Capitaine mit heißer Leidenschaft, aber wie lange die gegenseitige Zuneigung wohl halten würde? Und wenn er eines Tages genug von ihr hatte und sie einfach irgendwo an Land absetzte? Er war nur ihr Geliebter, nicht ihr Ehemann. Sie war reich genug, um auch ohne die Sicherheit eines Eherings leben zu können – aber war sie auch stark genug, die Demütigung einer sitzengelassenen Geliebten zu ertragen?
Robert hatte inzwischen ganz andere Sorgen. Er war eine Weile über launenhafte Frauen sinnierend am Tisch gesessen und hatte dann, einem plötzlichen Einfall folgend, den Schrank geöffnet, in dem sein Bruder die Beute seiner Raubzüge versteckt hatte.
Er griff nach der Schatulle, klappte den Deckel auf und fand sofort, wonach er gesucht hatte. Er hatte sich tatsächlich nicht getäuscht – der Ring, der ihm bereits früher unter all den Schmuckstücken aufgefallen war, trug dasselbe Wappen wie das Medaillon, das er heute bei Vanessa gesehen hatte. Es fand sich auch an den Geldbeuteln in der Schatulle.
Ebenso wie an jenem, den Finnegan ihm damals übergeben hatte, um die Überfahrt zu erwürfeln.
Der Beutel der fremden Dame.
Er nahm den Ring heraus und betrachtete ihn. Er kannte sich mit Wappen nicht aus, aber diesem war anzusehen, dass es zu einer bedeutenden Familie gehören musste. Er ließ sich schwer in den Stuhl hinter seinem großen Tisch fallen, legte den Ring vor sich hin, stützte den Kopf in die Hände und dachte nach.
Es hatte ihn zutiefst betroffen gemacht herauszufinden, dass Vanessa tatsächlich eine anständige Frau war, die sein Bruder an Bord dieses Schiffes festgehalten hatte, um mit ihr Lösegeld von ihrem reichen Onkel zu erpressen, und Malcolm tat wahrlich gut daran, ihm nie wieder unter die Augen zu kommen, wenn ihm seine Gesundheit und sein Leben lieb waren.
Das war aber bei weitem nicht alles, was ihm jetzt durch den Kopf ging. Die Erinnerung an die Frau in der Kutsche tauchte wieder auf, lebhafter denn je zuvor, und der kurze Augenblick, in dem er ihr Gesicht gesehen hatte, wurde in seinem Kopf zu einer Ewigkeit. Und im nächsten Moment konnte er sie so deutlich vor sich sehen, als säße sie ihm so wie vorhin mit trotzig verzogenem Mund gegenüber am Tisch.
Vanessa.
Eine Gräfin de Chastel.
Er raufte sich fluchend die Haare. Wie hatte er nur so blind und dumm sein können! Natürlich war sie es! Die Ähnlichkeit war ihm sofort aufgefallen, aber er hatte diesen Gedanken immer gleich weit von sich
Weitere Kostenlose Bücher