Die Braut des Freibeuters: Er beherrschte die Meere - doch sie war die Herrin seiner Sinne (German Edition)
auszutauschen, hätte uns dasselbe Schicksal geblüht.«
Vanessa nickte stumm. Sie dachte daran, wie abgerissen und erschöpft Robert gewirkt hatte, an den blutigen Fetzen um seinen Kopf, und nachträglich stieg heißes Mitleid in ihr auf. Wenn sie damals nur schon gewusst hätte …! Niemals wäre sie ohne ihn weitergefahren, sondern eher mit ihm zu Fuß durch den Schlamm gewatet. »Es tut mir so leid, mon Capitaine … « In ihrer Stimme schwangen Tränen mit. »Ich wollte …«
Robert blieb stehen und beugte sich verwundert zu ihr hinunter. »Aber Vanessa, das ist doch jetzt vorbei.«
»Du hättest damals sterben können, und ich hätte dich niemals wiedergetroffen!«, schluchzte sie auf.
»Aber Vanessa«, sagte Robert völlig verwirrt. »Was …?«
»Ich liebe dich doch so sehr! Und ich weiß jetzt, dass ich dich vom ersten Moment an geliebt haben muss, andernfalls …« Sie unterbrach sich, als Finnegan näher kam. Er hatte sich schon mehrmals geräuspert, was jedoch ungehört geblieben war, und nun hatte er keine andere Wahl mehr.
»Captain?«
Robert riss sich nur mit Mühe von Vanessas Augen los, in denen Tränen glänzten. Wie hatte sie das nur gemeint? Er hatte wahrlich noch nie eine Frau getroffen, die so in Rätseln sprach wie sie. Was sollte das heißen: »wiedergetroffen«?
»Captain?!«
»Ja, zum Donnerwetter?!«
Finnegan deutete hinter sich, wo man über die Reling ein kleines Boot sah, das auf die Independence zusteuerte. »Wir bekommen Besuch, Sir. Der Vertreter des Gouverneurs, wenn ich mich nicht täusche.«
»Vanessa, geh bitte unter Deck.«
»Mon Capitaine?«
»Ich muss mit dem Mann allein sprechen.«
»Ich … bin dir im Weg?« Vanessa sah ihn ungläubig an. Sie hatte ihm soeben eine Liebeserklärung gemacht, und er schickte sie weg!
»Nein, aber es geht um geschäftliche Dinge.«
»Aber warum lässt du mich nicht …?«
»Bitte, Vanessa.« Robert wurde ungeduldig. Er wollte nicht, dass sie diesen Mann traf und er ihre Anwesenheit auf dem Schiff erklären musste. Dazu war später noch Zeit genug, wenn er sich eine gute Ausrede hatte einfallen lassen. Wäre sie für ihn tatsächlich nur ein Piratenliebchen gewesen, wie sie scherzhaft gesagt hatte, so hätte er sie – stolz auf seinen Besitz – hergezeigt.
So jedoch lag ihm daran, ihren Ruf zu wahren und jede Situation zu verhindern, in dem ein schiefer Blick oder eine abfällige Bemerkung des Besuchers ihn dazu genötigt hätte, ihm die Zähne einzuschlagen.
Er sah ihr nicht mehr nach, als sie verstimmt unter Deck verschwand, sondern trat an die Reling, um den Mann zu empfangen. Es war tatsächlich die rechte Hand des Gouverneurs selbst, und er brachte Robert alle schriftlichen Bestätigungen, die er benötigte, um die Independence überholen zu lassen und Zugang zu allen Ersatzteilen zu erhalten. Er lud ihn mit gequälter Höflichkeit ein und bot ihm den besten Wein an, den Malcolm wahrscheinlich irgendwo gestohlen hatte.
Vanessa sah er erst beim Abendessen wieder. Das Schiff lag ruhig im Hafen, die Abendsonne verfärbte das Meer hinter den großen Achterfenstern rötlich und zauberte einen rosigen Schimmer auf ihre Wangen. Nicht lange, und es würde völlig dunkel werden. Darnberry hatte bereits die Lampe angezündet und auf einen kleinen Tisch gestellt, bevor er sich wieder zurückgezogen hatte, um das Paar nicht zu stören.
Es war ein wunderbarer Abend, wäre da nicht Vanessa gewesen, die ungewöhnlich schweigsam in ihrem Essen herumstocherte und ihm immer wieder prüfende Blicke zuwarf. Schließlich hielt Robert es nicht mehr aus und legte die Gabel zur Seite. »Was ist? Weshalb siehst du mich so an?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Nichts, mon Capitaine. «
»Du hast doch etwas!« Robert hatte nicht die geringste Lust zu raten, was einer Frau fehlen könnte, die stumm schmollte, anstatt klipp und klar zu sagen, was sie beschäftigte.
Vanessa zerteilte den hervorragenden Fisch in kleine Stücke und schob diese auf dem Teller hin und her. »Ich habe zufällig gehört, mon Capitaine, dass Ihr vorhin mit Mr. Finnegan von einem Abendessen spracht, zu dem Ihr den Gouverneur eingeladen habt.« Sie sah nicht auf.
»Ja, das stimmt«, erwiderte Robert verblüfft. »Und? Stört es dich? Bist du deshalb plötzlich wieder so förmlich?«
»Nein, nein«, beeilte Vanessa sich zu sagen, wobei sie den ganzen Hochmut ihrer Vorfahren in ihre Stimme legte, »ganz und gar nicht. Wie denn auch, Monsieur? Es geht mich ja
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