Die Braut des Freibeuters: Er beherrschte die Meere - doch sie war die Herrin seiner Sinne (German Edition)
wollte nicht schlecht über Malcolm sprechen, um ihn nicht zu kränken, und Gutes ließ sich wahrlich nicht über ihn sagen, also hatte sie es bisher vorgezogen zu schweigen und hatte nur angedeutet, dass er den Sturm genutzt hatte, um die Duchesse an sich zu bringen.
»Vanessa?« Robert legte die Hand unter ihr Kinn und hob ihr Gesicht zu ihm empor.
»Nicht nur gekapert«, sagte sie endlich. »Er ist mit seiner Bande von Piraten eingefallen und hat viele getötet. Sie haben die Frauen unter Deck gezerrt und alles gestohlen, was sie an sich bringen konnten. Dann haben sie das Schiff und die Leute einfach zurückgelassen und sind davongesegelt.«
Roberts Gesicht war bei ihren Worten versteinert, und seine Augen blickten mit einer Härte, die sie bisher noch nicht an ihm gesehen hatte. »Er hat euch also überfallen wie ein gemeiner Pirat.« Seine Stimme klang heiser. »Haben … haben sie dich ebenfalls … ich meine …« Er fasste unwillkürlich nach ihren Schultern und hielt sie fest.
»Nein, mon Capitaine. Mir ist nichts geschehen«, sagte sie schnell. »Meine Zofe hatte ihm gesagt, dass ich einen reichen Onkel habe, und er war wohl der Meinung, dass er eher Lösegeld von ihm bekommen würde, wenn er mich nicht seiner Mannschaft überlässt.«
»Und er?« Er wurde sich bewusst, dass er seine Finger zu fest um ihre Oberarme gekrampft hatte und lockerte seinen Griff ein wenig. »Hat er es gewagt, sich an dir zu vergreifen?« Er hatte Vanessa anfangs für das Flittchen seines Bruders gehalten – ein Gedanke, der ihm vom ersten Moment an zu schaffen gemacht hatte. Aber die Vorstellung, seine Liebste könnte von seinem Bruder dazu gezwungen worden sein, das Lager mit ihm zu teilen, brachte ihn zur Weißglut, und er bedauerte zutiefst, dass er den verkommenen Kerl nicht doch an die Rah geknüpft hatte. Auch wenn das noch viel zu wenig gewesen wäre.
Vanessa hätte sich lieber die Zunge abgebissen, als ihm von dem missglückten Versuch des Piraten zu erzählen, und schüttelte den Kopf. »Nein, mon Capitaine, er hat mir nichts getan. Ich befand mich ja auch nur zwei Tage auf dem Schiff, bis du kamst und mich rettetest.« Sie lächelte zu ihm hinauf. »Du kannst dir nicht vorstellen, wie erleichtert ich war.«
Robert nahm sie in die Arme. »Du musst mir alles erzählen«, sagte er eindringlich. »Ich möchte alles wissen. Von Anfang an.« Er presste sie an sich, überwältigt von seiner Zuneigung zu ihr und dem Bewusstsein, dass sein eigener Bruder die Frau, die er liebte, gequält hatte.
»Aber nicht jetzt«, schob sie ihn lächelnd von sich. »Wir sprechen ein anderes Mal darüber, sonst kommst du zu spät zum Gouverneur.« Sie musterte ihn von oben bis unten, bemüht, wieder einen leichteren Ton anzuschlagen und ihn abzulenken. »Gut, dass ich dir die neuen Strümpfe gekauft habe, mon Capitaine. Löchrige Socken hätten wahrlich nicht zu dieser Pracht gepasst.«
»Das war sehr nett von dir«, murmelte Robert halbherzig. Er selbst fand, dass löchrige Strümpfe zu den kleineren Übeln gehörten, die einem Navy-Captain widerfahren konnten – noch dazu einem, der in seiner Vorstellung gerade seinem Bruder den Hals umdrehte –, aber Frauen schienen sich an solchen Nebensächlichkeiten festzubeißen.
»Habe ich zu viel ausgegeben?«, fragte Vanessa bestürzt, als sie bemerkte, dass Roberts Blick unwillkürlich zu dem auf dem Tisch liegenden, beklemmend leeren Geldbeutel geglitten war, und sich sein Gesicht dabei merklich verdüstert hatte. »Ich habe aber kaum etwas gekauft, Robert, nur das Allernotwendigste.« Die Seidenstrümpfe waren zwar teuer gewesen, jedoch von erstklassiger Qualität, wie man sie sonst nur in Paris bekam.
»Hm«, antwortete Robert nur. Es erschien ihm jetzt, nachdem er erfahren hatte, wie sein Bruder mit ihr umgesprungen war, herzlos, ihr Vorwürfe wegen der Ausgaben zu machen.
»Doch«, sagte sie seufzend. »Ich sehe dir an, dass es dir nicht recht ist.«
»Es ist nur so«, sagte er mit einer für ihn ungewöhnlichen Nachsicht, »dass ich nicht weiß, wann ich meinen nächsten Sold bekomme, und bis dahin …«
»Aber du könntest doch das Geld aus der Schatulle nehmen!«, unterbrach sie ihn lebhaft.
»Welche Schatulle?«, fragte er stirnrunzelnd.
Sie deutete auf den Wandschrank. »Dort drinnen. Wo dein Bruder seine Beute aufbewahrte. Ich habe sie gesehen, als ich deine Wäsche hineingelegt habe.«
»Das kann ich nicht nehmen«, wehrte Robert ab. »Das ist Diebesgut.
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