Die Braut des Freibeuters: Er beherrschte die Meere - doch sie war die Herrin seiner Sinne (German Edition)
auf die schräge Tischplatte und erhob sich. »Schluss jetzt. Selbst wenn du wirklich Geld hättest, könnte ich dich nicht nach Jamaika bringen, wir werden vermutlich nicht einmal in die Nähe der Insel kommen. Ich habe jetzt auch keine Zeit, mit dir darüber zu diskutieren. Im Übrigen«, fügte er hinzu, »wirst du auf der Stelle umziehen. Gegenüber befindet sich noch eine zweite Kajüte, da kannst du wohnen. Und dort laufe ich auch nicht ständig Gefahr, in meinem Schlafzimmer über dich zu stolpern.« Er scheuchte sie mit einer Handbewegung aus seinem Quartier in die große Achterkajüte, von der aus sich eine Tür in einen zweiten, etwas kleineren Raum als den seinen öffnete.
»Ich werde dafür sorgen, dass man dir deine Truhe herüberbringt. Aber was für drüben gegolten hat, gilt auch hier: Du bleibst hier drinnen, es sei denn, ich erlaube dir, dein Zimmer zu verlassen. Auf gar keinen Fall will ich, dass du auf dem Schiff herumläufst und den Männern den Kopf verdrehst. Du hast an Deck nichts zu suchen. Und ebenso wenig in meinen Räumen!«
Vanessa sah sich in der Kabine um und konnte die Verbesserung kaum fassen. Nicht nur dass dieser Pirat offensichtlich nicht das geringste Interesse an ihr hatte und ebenso vor ihr Ruhe haben wollte wie sie vor ihm, verschaffte ihr große Erleichterung, sondern auch, dass sie sich plötzlich in einem verhältnismäßig großen Raum wiederfand, der mit ihrem früheren Gefängnis nicht die geringste Ähnlichkeit hatte. Er hatte über die ganze Heckseite Fenster, durch sie auf das bewegte Meer blicken konnte, eine relativ breite, mit Vorhängen geschützte Schlafkoje und einen kleinen Tisch mit einem Stuhl daneben. Unter dem Fenster war eine mit dunklem Leder überzogene Truhenbank eingebaut, und von der Decke hing eine Laterne. In der Ecke stand ebenso wie in der Kajüte des Captains eine schwere, fest verzurrte Kanone.
» C’est très gentil, Monsieur, sehr freundlich«, würgte sie hervor, obwohl sie genau wusste, dass sie diesen Umzug nicht seiner Liebenswürdigkeit verdankte, sondern vor allem der Tatsache, dass sie ihn beim Anziehen überrascht hatte.
Er zuckte nur mit den Achseln, drehte sich um und schloss die Tür hinter sich.
8. Kapitel
V anessa befand sich nun schon seit einer knappen Woche an Bord dieses Schiffes, und es war genau fünf Tage her, dass Robert McRawley das Kommando übernommen hatte. Sie fragte sich manchmal, was aus den anderen Leuten geworden sein mochte, die von den Piraten auf der Duchesse zurückgelassen worden waren, und hoffte, dass sie es geschafft hatten, irgendwie an Land zu kommen. Suzanne war ebenfalls auf dem Schiff geblieben. Sie konnte der jungen Zofe den Verrat nicht übelnehmen, mit dem sie ihre Herrin in die Hände der Freibeuter gespielt hatte, um von sich abzulenken und damit vermutlich ihr eigenes Leben zu retten. Auch die Frau des Kaufmanns mit ihren beiden Kindern ging ihr nicht aus dem Kopf – wie mochte die zarte junge Frau nur die Widerwärtigkeiten überstanden haben, denen sie ausgesetzt gewesen war?
Sie hatte, seit sie in diese große, freundliche Kabine abgeschoben worden war, nur zu den Essenszeiten Kontakt zum Captain gehabt, der sie sonst in Ruhe gelassen und sich nicht um sie gekümmert hatte. Aber die gemeinsamen Mahlzeiten, fand Vanessa, reichten schon völlig aus. An diesem Abend hatten der Schiffsarzt, ein älterer, schweigsamer Mann, der offenbar ihr zu Ehren eine etwas zerrupfte Perücke aufgesetzt hatte, teilgenommen, sowie ihr ehemaliger Schützling, Jean-Baptiste Finnegan, der Erste Maat. Dieser hatte sie immer wieder prüfend betrachtet, sie aber zum Glück offenbar nicht erkannt. Er war damals ja dem Tode näher gewesen als dem Leben, und sie hatte fast die ganze Zeit über den Hut und zum Teil auch einen Schleier getragen. Aber auch ohne Martins Warnung wäre sie in der Zwischenzeit nicht mehr in Versuchung gekommen, ihre Identität preiszugeben und sich der Dankbarkeit dieses Piraten ausliefern zu wollen. Entweder behandelte sie dieser Robert McRawley aus eigenem Antrieb gut oder eben nicht.
Wobei ohnehin eben nicht der Fall war.
Er hatte sie wie immer unfreundlich angeblafft und sie dann nach dem Abendessen, das sie trotz all seiner Provokationen hartnäckig schweigend über sich ergehen hatte lassen, unhöflich in ihre Kabine geschickt. Nun saß sie hier und brauchte ihre gesamte Willenskraft, um nicht an ihn zu denken. Schließlich war er nichts weiter als ein gemeiner Pirat. Und sie
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