Die Braut des Freibeuters: Er beherrschte die Meere - doch sie war die Herrin seiner Sinne (German Edition)
gut?«
Vanessa rümpfte die Nase. »Er ist impertinent und ungezogen, aber er macht nicht den Eindruck, als würde er mir etwas antun wollen.«
»Habt Ihr ihm gesagt, wer Ihr seid, Vanessa?«
Sie zögerte etwas. »Nur meinen Namen, bevor Jack mich warnen konnte. Aber er ist nicht darauf eingegangen – ich denke, er hat mich nicht erkannt. Sein Freund ebenso wenig.«
»Und das ist auch besser so«, nickte Martin grimmig. »Ich habe Gerüchte gehört, dass man ein anderes Schiff mit Verbündeten treffen will, um die Mannschaft von den knapp hundert Männern, die jetzt an Bord sind, auf über zweihundert aufzustocken und auch Soldaten an Bord zu nehmen. Ich denke nicht, dass wir es hier mit richtigen Piraten zu tun haben, Madame, sondern mit einem Freibeuterschiff der amerikanischen Rebellen, das von der Regierung selbst ausgestattet wurde. Und wie Ihr wohl ebenfalls bemerkt habt, tragen die Offiziere plötzlich Uniform.«
Vanessa verzog den Mund. Es gab genug Franzosen, die mit legalen Kaperbriefen Jagd auf feindliche Schiffe machten, und sie hatte sich niemals den Kopf darüber zerbrochen, sondern diese Art des Profitmachens immer als ganz legal empfunden. Martins Vergangenheit war eng mit einem Korsarenschiff verknüpft, und es hatte sie nicht gestört. Bei diesem McRawley jedoch fand sie es höchst verdammenswert. »Und ist dabei auch nichts Besseres als ein Piratenschiff«, erwiderte sie abfällig. »Sie rauben und töten ebenso wie alle anderen.«
Martin zuckte mit den Achseln. »Das mag wohl wahr sein, Madame, aber ich sehe die Unterschiede gegenüber vorher allein schon in der Schiffsführung. Es herrscht plötzlich ein anderer Ton an Bord. Disziplin. Und der Captain versteht etwas von seinem Schiff. Aber wenn dieser Mann ein ehrlicher Kaperfahrer ist, so wird er sich an die strengen Regeln halten und Euch seinen Vorgesetzen übergeben. Ihr werdet dann in Gefangenschaft warten müssen, bis man mit Eurem Onkel Kontakt aufgenommen hat, um das Lösegeld auszuhandeln.«
»Wir wären dann wohl viele Monate in deren Gewalt?«, fragte Vanessa zaghaft.
»Sie würden uns gewiss trennen, Madame. «
Vanessas Blick wurde ängstlich, und sie fasste nach Martins Arm.
»Was habt Ihr ihm über Euch gesagt, Madame? «
»Nicht viel. Nur, dass er uns nach Jamaika bringen soll. Er hat mich jedoch ausgelacht. Er hält mich für eine … für eine … Gespielin des anderen …«, fügte sie beleidigt hinzu.
»Hm«, erwiderte Martin nur und musterte sie eindringlich. Dann wandte er sich ab und blickte in die Runde. »Es wundert mich nicht, dass er Euch nicht nach Jamaika bringen will, Madame. Die Insel wird von den Engländern beherrscht, und dieses Schiff könnte sich nicht einmal auf hundert Meilen nähern, ohne einigen englischen Kriegsschiffen in den Weg zu kommen. Ich konnte immer noch nicht herausfinden, was sie planen. Sie arbeiten daran, es auf Hochglanz zu bringen, überprüfen und reparieren fast ununterbrochen jedes Teil, auch die Kanonen.« Er deutete dabei auf die Männer, an denen Vanessa soeben vorbeigekommen war. »Ganz zu schweigen von den Kampfübungen, die täglich abgehalten werden.«
Vanessa nickte. Beim ersten Mal, als die Kanonen losgegangen waren, hatte sie gedacht, dass sie angegriffen wurden, aber dann war Jack hereingehuscht und hatte ihr von Martin ausgerichtet, dass kein Grund zur Sorge bestand. Seitdem war sie an das Ritual und den Lärm gewohnt.
Martin zog sie ein bisschen weiter hinter die Segel, als eine weit tragende Stimme über das Deck klang, deren Tonfall Vanessa nur zu bekannt war. »Ihr müsst jetzt wieder gehen, Madame, ich kann mir nicht denken, dass der Captain Euch die Erlaubnis gegeben hat, an Deck herumzuspazieren. Verflixt, da kommt auch noch der Maat, der darf Euch ebenso wenig sehen. Ich werde ihn aufhalten. Schnell, beeilt Euch!«
Vanessa lief den Weg zurück, den sie gekommen war, rutschte auf dem nassen Deck mit ihren feinen Schühchen mehr, als sie ging, und stolperte über ein Tau, als das Schiffsheck sich unvermutet hob. Sie fand keinen Halt mehr, griff hilfesuchend um sich und landete … in den Armen des Captains. Dieser sah sie im ersten Moment verdutzt an, stellte sie dann aber mit einem erzürnten Ausdruck wieder auf die Füße.
»Mr. Finnegan!«
Vanessa wandte sich nach dem Maat um, der, vom Tonfall seines Kommandanten alarmiert, eilig näher kam, und begegnete dabei Martins Blick, der mit einem resignierten Kopfschütteln die Hände hob. Sie hatte
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