Die Braut des Freibeuters: Er beherrschte die Meere - doch sie war die Herrin seiner Sinne (German Edition)
keine Zeit, sich näher mit ihm zu befassen, denn der Captain hatte fest ihren Arm gepackt und zerrte sie, gefolgt von seinem Ersten Maat, ärgerlich Richtung Achterdeck, wo sich der Abgang zu den Kajüten befand. »Mr. Finnegan, was hat diese Frau an Deck verloren?«
Finnegan kratzte sich, sichtlich überfragt, seinen Bart. Seine Augen glitten dabei nicht unfreundlich über Vanessas Gesicht, die sich heftig gegen den Griff des Captains wehrte. »Es ist eine drückende Hitze dort unten, Sir, vielleicht sollten Sie der Lady erlauben, hier oben etwas Luft zu …«
»Sie hat hier oben nicht das Geringste verloren«, fiel ihm McRawley ins Wort. »Sorgen Sie dafür, dass so etwas nicht wieder vorkommt!«
»Aye, aye, Sir.«
»Lasst mich gefälligst los!«, zischte Vanessa den Captain an, als dieser keine Anstalten machte, ihren Arm freizugeben. Seine Finger hielten sie fest, aber nicht schmerzhaft umschlossen, und sie war erstaunt, dass sie bei allem Ärger den Druck seiner Hand und seine Nähe nicht so abstoßend fand, wie sie es erwartet hätte.
»Nicht, bevor du wieder dort bist, wo du hingehörst«, zischte er zurück. »Ich habe dir doch ausdrücklich verboten, auch nur einen Fuß an Deck zu setzen!«
»Ich mag es nicht, von Euch gehalten zu werden«, erklärte sie wütend.
»Da«, lautete die höhnische Antwort, »brauchst du keine Sorge zu haben, Püppchen, mir würde es unter anderen Umständen nicht einmal einfallen, dich auch nur mit einer Feuerzange anzurühren!« Ohne auf ihr Widerstreben zu achten, zerrte er sie die Leiter hinab, die sie vermutlich hinuntergefallen wäre, hätte er sie nicht festgehalten und mehr getragen als gezogen, wobei er bei aller Heftigkeit überraschend vorsichtig mit ihr umging. Bei der großen Achterkajüte angelangt, schob er sie energisch zu ihrem Schlafzimmer.
»Und diesmal bleibst du da drinnen!«
Vanessa starrte ihn wütend an. Seine Worte, dass er sie nicht einmal mit einer Feuerzange anrühren würde, hatten sie wider besseren Wissens zutiefst getroffen. Sie konnte nicht leugnen, dass sie sich zu ihrer eigenen Demütigung in gewisser Weise immer noch zu diesem Mann hingezogen fühlte, auch wenn sie sehr darauf achtete, sich nicht mehr in die sinnlichen Träume zu verlieren, in denen ausgerechnet er eine große Rolle gespielt hatte. Er war immerhin nichts anderes als ein gemeiner Verbrecher, auch wenn er vielleicht sympathischer wirken mochte als sein derber, gewissenloser Vorgänger. Ein Pirat war er! Einer, der Schiffe kaperte, alles an sich riss, was an Wertvollem an Bord war, und sie empfand es als tiefe Schande, einen solchen Mann auch nur mit einem etwas wärmeren Gefühl als Abscheu zu betrachten. Denn gerade sie hätte es besser wissen müssen – eine Frau, die mit einem Edelmann wie Albert de Chastel verheiratet gewesen war! Einem Ehrenmann, der niemals ein falsches Wort gesagt, niemals eine unehrenhafte Tat begangen hatte!
»Ihr seid ein Schurke!«, fauchte sie ihn, immer noch unter dem Eindruck der Kränkung seiner Worte, an. » Vraiment! Ihr ekelt mich an! Ein verkommenes Subjekt, das früher oder später am Galgen landen wird!«
»Du wirst gleich ganz woanders landen!«, brüllte er unvermittelt los. »Nämlich als Fischfutter! Und wenn mir die armen Tiere nicht leid täten, die sich an deinem Mundwerk vergiften würden, wärst du schon längst im Wasser! Anstatt dankbar zu sein, dass du hier Essen und eine angenehme Unterkunft hast, wagst du es auch noch, dich meinen Befehlen zu widersetzen und aufsässig zu werden!!«
Vanessa schluckte, als er sie so anschrie. Diese Behandlung war absolument inacceptable. Sie, die Gräfin de Chastel, mochte vielleicht tief gesunken sein und vor aller Augen als billige Dirne dastehen, die von einem Piratenkapitän ausgehalten worden war, aber dieses Benehmen ging zu weit. C’etait trop fort!
Da sie zwar des Englischen mächtig war und es fast ohne Akzent sprach, in der Vergangenheit jedoch niemals in die Verlegenheit gekommen war, derbere Ausdrücke verwenden zu müssen, sah sie sich außerstande, diesem grobschlächtigen Menschen vor ihr eine passende Antwort zu geben. Außer sich vor Ärger bedachte sie ihn daher mit einem angemessenen, wohlakzentuierten französischen Satz, den sie als Kind mehr als einmal vom Stallmeister gehört hatte, wenn dieser nicht ahnte, dass die aufmerksame kleine Tochter seines Herrn in der Nähe war und verzückt lauschte.
Solcherart zumindest ein wenig erleichtert, machte sie auf
Weitere Kostenlose Bücher