Die Braut des Freibeuters: Er beherrschte die Meere - doch sie war die Herrin seiner Sinne (German Edition)
verschwand. »Was soll das?«
Vanessa stellte das Tablett auf den kleinen Tisch, ließ sich daneben nieder und begann mit sichtlichem Appetit zu essen.
»Benimm dich nicht so kindisch!«, schnauzte er sie an, als ihm der Geduldsfaden riss. »Wenn einer beleidigt sein könnte, dann ja wohl ich, nachdem du mir eine Ohrfeige verpasst hast! Glaubst du etwa, ich würde mir das von jemand anderem gefallen lassen?«
Das endlich wirkte.
»Warum habt Ihr mich dann aus dem Zimmer geholt?«, fuhr sie ihn aufgebracht an. »Wolltet Ihr Euch einen Spaß daraus machen, zuzusehen, wie dieses schmierige …«, sie suchte nach dem richtigen Ausdruck, »dieses schmierige Schwein mich belästigt? Hättet Ihr vielleicht auch noch zugesehen, wie er mich vor Euren Augen auszieht? Ja? War es das, worauf Ihr gewartet habt? Vielleicht ist es ja so üblich unter Piraten und Verbrechern, sich eine Frau zu teilen!« Sie hatte die halbe Nacht vor Zorn und Kränkung geweint und spürte die Beleidigung über seine Handlungsweise immer noch wie einen scharfen Schmerz in der Brust und im Magen, was ihr den Appetit nahm, obwohl sie so getan hatte, als würde sie hungrig essen. Er hatte vorgehabt, sie seinem Freibeuterfreund zum Fraß vorzuwerfen! Und sie dumme Gans hatte tatsächlich begonnen, ihn zu mögen, ihm mit – wenn auch vorsichtigem – Vertrauen zu begegnen!
»Natürlich hätte ich nicht zugesehen«, knurrte er sie verärgert an.
»Ach? Ihr wärt wohl so vornehm gewesen, uns allein zu lassen? Oder hattet Ihr geplant, mich ihm mitzugeben?«
»Weder das eine noch das andere!«, brüllte er. »Auch wenn es dir nichts geschadet hätte, du hochmütiges Ding! Was bildest du dir eigentlich ein, wer du bist? Die Königin von Frankreich? Benimmst dich hier, als hättest du zu bestimmen und nicht ich, und wagst es auch noch, mir eine Ohrfeige zu geben, wenn ich dich anfassen will!«
»Die Ohrfeige war für Eure Niedertracht!«, hielt sie ihm zornbebend entgegen. »Und Ihr habt sie mehr als verdient!«
»Eine Tracht Prügel! Das ist es, was du brauchst!«, polterte er, als könnte er dadurch das ziehende Gefühl in seinen Lenden betäuben, das allein schon durch ihren Anblick ausgelöst wurde. »Ich sollte dich dort draußen an die Gräting binden und auspeitschen lassen! Einen Hieb für jeden hochmütigen Blick, den ich von dir geerntet habe, und zehn für die Ohrfeige! Das ist es, was Weiber wie du verstehen! Ich war bisher viel zu freundlich zu …«
Vanessa, die zwar immer so temperamentvoll gewesen war, dass Albert sie oft zärtlich sein ›wildes Füllen‹ genannt hatte, jedoch niemals auch nur die leisesten Anzeichen von Jähzorn in sich getragen hatte, merkte, wie die Wut so schnell in ihr hochstieg, dass es sie förmlich vom Stuhl riss. Sie trat schwer atmend auf Robert zu, der verstummte und mit zusammengezogenen Brauen auf sie hinuntersah.
»So«, sagte sie zornig, »wenn Ihr mich schon schlagen lassen wollt, dann sollte es sich wenigstens auszahlen! Die zusätzlichen zehn Hiebe werde ich auch noch verkraften!« Sie hob die Hand und wollte ihm abermals eine Ohrfeige verpassen, wurde jedoch mitten im Schwung abgefangen. Es gelang ihr, sich aus seinem harten Griff zu befreien, und Sekunden später hatte der fassungslose Robert McRawley, weitgehend seriöser Captain der jungen amerikanischen Kriegsmarine, alle Hände voll zu tun, um sich gegen den Angriff einer Frau zu wehren, die einen Kopf kleiner war als er und deren beide Fäuste er spielend in einer seiner großen unterbringen konnte.
Als er es am Ende endlich geschafft hatte, sie zu packen, trug er die strampelnde und kratzende Vanessa, deren Haar sich gelöst hatte und ihr wirr ins Gesicht hing, zum Bett, warf sie einfach mit dem Gesicht nach unten darauf und nutzte die Gelegenheit, bis sie sich wieder aufrappeln konnte, um einen halbwegs geordneten Rückzug anzutreten. In der Tür blieb er stehen, deutete mit dem Finger auf sie, als wollte er sie auf dem Bett festnageln, und fuhr sie an, wobei er schwer nach Luft rang: »Und du bleibst für den Rest des Tages hier drin! Hast du mich verstanden?! Ich will nicht einmal deine verdammte, vorwitzige Nasenspitze dort oben an Deck sehen!« Noch ein letzter drohender Blick, und dann schlug die Tür hinter ihm zu.
Vanessa setzte sich auf, strich sich das Haar aus dem Gesicht und starrte auf die Tür. Dann zuckten ihre Mundwinkel, und schließlich lachte sie so herzlich wie schon seit langem nicht mehr.
Ich glaube, dachte
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