Die Braut des Freibeuters: Er beherrschte die Meere - doch sie war die Herrin seiner Sinne (German Edition)
Gliedern, auch wenn ihr der Appetit angesichts der vielen Verletzten gründlich vergangen war. »Sag dem Captain vielen Dank, Jack. Ich komme gern, aber etwas später …«
Johnson nahm ihr die Medizinflasche aus der Hand. »Anordnung des Arztes, Madam: Guten Appetit.«
Robert hatte das Frühstück in seiner Kajüte anrichten lassen und kam ihr sofort entgegen, als sie den Raum betrat. »Das werden sie dir niemals vergessen, meine Liebste, dass du ihnen geholfen hast«, sagte er warm, während er ihr den Stuhl zurechtschob. Er beugte sich rasch über sie und hauchte ihr einen Kuss aufs Haar, dann nahm er ihr gegenüber Platz.
Darnberry hatte bereits eine große Kanne Kaffee auf den Tisch gestellt, gebratene Eier, Brot und Schinken. Vanessa spürte zwar, wie ihr der Magen beim Anblick der Speisen knurrte, wusste aber, dass sie jeden Bissen davon mühsam würde hinunterwürgen müssen. Wenn sie die Augen schloss, konnte sie immer noch die toten Engländer an Deck liegen sehen, einen davon mit zerspaltenem Schädel. Überall war Blut und Gehirnmasse. Und dann die zum Teil grässlich verwundeten Männer auf dem Krankenrevier.
Daheim hörte man von den Kämpfen, die die Schiffe der miteinander in Krieg stehenden Länder ausfochten, aber der wahre Schrecken blieb dabei verborgen. Tote waren nur Namen, Verwundete wurden zu Helden, deren Verletzungen schon längst verheilt waren, wenn sie zurückkehrten und von ihren Taten erzählten. Albert hatte einige Schiffskommandanten unter seinen Freunden gehabt, die mit Begeisterung von ihren Seeschlachten berichteten. Manchmal war sie gelangweilt dabei gesessen, während ihr Mann und seine Freunde Nussschalen oder kleine Obststücke auf dem Tisch verteilt und so die Schlacht nachvollzogen hatten. Wie ein Spiel war das gewesen …
Und jetzt war sie mitten in dieses »Spiel« hineingeraten. Sie hoffte von Herzen, dass ihnen auf der weiteren Reise – wohin auch immer sie führen mochte – kein weiteres Kriegsschiff begegnete, das den Capitaine veranlasste, es anzugreifen, um es als Prise heimzubringen.
Der Überfall auf die Duchesse war so völlig anders gewesen. Piraten hatten ein wehrloses Schiff überfallen, sie war verschleppt worden, und in der Angst waren fast alle anderen Eindrücke untergegangen. Aber hier hatte es sich nicht um Verbrecher gehandelt, sondern um Angehörige eines anderen Staates, der sich zufällig mit Robert und seinem Land im Krieg befand. Anständige Menschen, die sich gegenseitig umbrachten.
Robert bediente Vanessa, legte ihr Eier und Schinken auf den Teller und schenkte ihr Kaffee ein. Während er selbst aß, beobachtete er sie dabei, wie sie vorsichtig einige Maden aus dem Brot entfernte.
Sie fühlte seinen Blick und bemühte sich um ein Lächeln. »Ich weiß, Robert, dass diese Maden weitaus schmackhafter sind als die anderen Würmer. Aber dennoch – weißt du, worauf ich mich freue, wenn ich wieder an Land bin: auf frisches Gebäck und Früchte, und alles ganz ohne Maden oder anderes Getier darin.« Sie versuchte möglichst heiter zu sprechen, so als hätten die letzten Stunden niemals stattgefunden.
Robert ging nicht auf ihren leichten Tonfall ein. Er hatte nicht lange geschlafen, nachdem sie die Kajüte verlassen hatte, sondern war wach gelegen und hatte nachgedacht. Frische Lebensmittel waren dabei seine geringste Sorge gewesen, sondern seine Gedanken hatten sich vielmehr unaufhörlich um Vanessa und seine Gefühle für sie gedreht. Er hatte zwar während des Kampfes jeden Gedanken an sie zur Seite geschoben, aber tief in ihm war die Angst um sie gewesen und die Furcht, er könnte sie nie wiedersehen, getötet oder gefangen genommen werden, ohne ihr gezeigt zu haben, wie viel sie ihm bedeutete. Er wusste, dass er sie um nichts in der Welt verlieren wollte. Jetzt noch weniger als je zuvor.
Er griff über den Tisch nach ihrer Hand, streichelte mit der anderen darüber und ließ keinen Blick von ihrem Gesicht. »Sag mir, meine Liebste, was muss ich tun, um dich behalten zu können?«
Vanessas bemühtes Lächeln verschwand. »Willst du das denn?«
»Mehr als alles andere. Was muss ich also tun?«
Sie atmete tief durch, warf ihre Erziehung, Traditionen und den Glauben an das Sakrament der Ehe über Bord. Ihr ganzes Leben hatte sich verändert, und nach den letzten Wochen würde für sie nichts mehr so sein wie zuvor. »Nichts, mon Capitaine «, lächelte sie liebevoll. »Du wirst es ganz im Gegenteil äußerst schwierig finden, mich
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