Die Braut des Freibeuters: Er beherrschte die Meere - doch sie war die Herrin seiner Sinne (German Edition)
wieder?«, fragte er erstaunt.
»Dreh dich um.«
»Wozu denn?«
»Nun dreh dich schon um!«, wiederholte Vanessa ungeduldig.
»Na schön.« Er rollte sich im Bett herum, Vanessa zog die leichte Decke so zurecht, dass sie gerade sein Gesäß bedeckte, und begann dann sanft über seinen Rücken zu streicheln, seine Schultern und seinen Nacken zu massieren und merkte, wie er sich entspannte und seine Atemzüge regelmäßiger wurden.
Kaum war Robert eingeschlafen, schlich sich Vanessa aus seiner Kajüte und lief hinauf an Deck. Die Wache war gerade dabei, die Planken zu waschen, und Miller, der die Aufsicht hatte, kam schnell zu ihr. »Vorsichtig, Madam, das Deck ist noch nass.«
»Ich wollte auf das Krankenrevier.« Vanessa nahm den angebotenen Arm dankend an. »Vielleicht kann ich etwas helfen. Ich fürchte, dass es viele Verletzte gibt.«
»Von unserer Seite weniger«, erklärte ihr der Zweite Maat freundlich. »Aber drüben«, er deutete nach links, wo das gekaperte Schiff etwa einhundert Schritt parallel zur Independence segelte, »sieht er schlimmer aus. Allerdings haben die zwei Ärzte, die sich um die Verwundeten kümmern.«
Vanessa warf nur einen kurzen Blick hinüber. Noch jetzt war ihr der Anblick des Blutes, das aus den Speigatten des Doppeldeckers gelaufen war, frisch im Gedächtnis. Sie war zwar nicht lange an Deck gewesen, nur um sich davon zu überzeugen, dass Robert lebte, aber es hatte genügt, um ihr einen Eindruck von der Erbarmungslosigkeit zu geben, mit der die Männer gegeneinander gekämpft hatten. Allein die Erinnerung daran drehte ihr fast den Magen um. »Sind … Sind viele unserer Leute bei dem Kampf gefallen?« Sie hatte einige der Matrosen ins Herz geschlossen, und der Gedanke, dass dieser nette Hendricks oder Jasper Dudley tot sein könnten, tat ihr in der Seele weh.
»Nur ein paar. Aber, Madam, Sie sollten wieder zurück in Ihre Kabine gehen. Der Anblick auf dem Krankenrevier ist nichts für eine Lady.«
»Ich bin weitaus weniger empfindlich, als Ihr denkt!« Vanessa ließ sich von ihm über das Deck führen und kletterte dann die Leiter hinunter, die zum Krankenrevier führte. Dort wurde sie von Smithy begrüßt, der seine verletzten Kameraden besucht hatte und nun seltsam blass auf einer Kiste saß. Der Arzt hatte eine blutige Schürze um, sah müde und übernächtigt aus und war gerade dabei, einen Mann zu verbinden, dem er vor kurzem ein Bein amputiert hatte.
»Kann ich helfen?«, fragte sie scheu.
»Wenn Sie nicht gleich beim Anblick von Blut umfallen, so wie dieser Held da drüben«, erwiderte Johnson und deutete zu Smithy hinüber, der kaum mehr als ein verzerrtes Lächeln zustande brachte, »dann sind Sie mir willkommen, Madam.«
»Ist umgekippt wie ’ne Jungfrau, wenn wer unanständig flucht«, grinste einer seiner Kameraden.
»Hab auch noch nie gesehen, wie ein Bein abgesäbelt wurde«, knurrte Smithy böse. »Selbst abgehauen, ja, aber mit ’ner Säge … Allein schon vom Geräusch kann einem da übel werden.«
Vanessa atmete tief ein, schob die Vorstellung abgeschlagener und amputierter Gliedmaßen energisch von sich und trat näher zu einem Mann, der die Schulter fest verbunden hatte. »Mr. Hendricks, ich hoffe, Eure Verletzung ist nicht zu schmerzhaft.«
»Wird schon wieder, Madam«, nickte ihr der Matrose erfreut zu. »War ’n glatter Säbelhieb, aber vom Schlüsselbein abgefangen, sonst wäre ich jetzt nich mehr da.«
Miller hatte zwar gesagt, die Leute von der Independence wären nicht so schwer betroffen gewesen, aber Vanessa fand das Krankenrevier überfüllt. Sie blieb unter Deck, half dem Arzt und seinem Assistenten beim Verbinden, hielt Gaze und Verbandszeug, brachte den Verwundeten Wasser, flößte ihnen Medizin ein und sah erst von der Arbeit auf, als Robert hereinkam, um nach seinen Leuten zu sehen.
Er nickte Vanessa anerkennend zu und machte dann seine Runde. Sie arbeitete weiter, hörte aber, dass er für jeden ein aufmunterndes Wort hatte, einigen die Hand drückte, und bemerkte voll heimlichem Stolz die Blicke der Männer, in denen Respekt und sogar Zuneigung lagen.
Kurz nachdem er das Krankenrevier wieder verlassen hatte, erschien Jack in der Tür. »Madam, die besten Empfehlungen vom Captain, er würde sich freuen, wenn Sie das Frühstück mit ihm einnähmen.«
Frühstück? Vanessa war sich nicht bewusst gewesen, dass sie so viele Stunden hier unten verbracht hatte. Mit einem Mal fühlte sie die bleierne Müdigkeit in ihren
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