Die Braut des Herzogs (German Edition)
wollte sie wissen, ob sie den Fremden kannte, der sie angesprochen hatte.
»Und da haben wir das kleine Häuschen hinter dem Hügel entdeckt«, hörte sie den General sagen. »Die anderen stürzten darauf zu. Doch ich, als einziger, war vorsichtig. Ich spürte die Gefahr, die in der Luft lag, ich …«
Der Vicomte spielte mit seiner Serviette und gab sich wenig Mühe, seine Langeweile zu verbergen. Geschickt ließ Marilla ihr Retikül fallen. Sie bückte sich danach, noch bevor einer der umstehenden Lakaien darauf aufmerksam wurde. Olivia, die neben ihrer Stiefmutter saß, bückte sich ebenfalls. »Es war Mat«, flüsterte ihr Marilla zu. Olivia starrte sie ungläubig an, doch Marilla nickte unbeirrt.
Als sie sich mit geröteten Gesichtern wieder aufrichteten, sahen sie, daß ein weiterer Herr an die Logenbrüstung getreten war. Eine wohlbekannte Stimmte wünschte allen Anwesenden einen guten Abend.
Olivia fiel es schwer, ihm in die Augen zu schauen. Wie würde er wohl jetzt reagieren, da er sah, daß sie sich in Begleitung von Mats Mutter befand? Würde er erkennen, daß sie die Wahrheit gesprochen hatte? Würde er sie wortreich um Verzeihung bitten, sie …
»Wir hatten noch keine Gelegenheit, Ihnen zu Ihrer Verlobung zu gratulieren, Euer Gnaden«, hörte sie den General sagen. »Sie haben die richtige Wahl getroffen. Wie die Tante, so die Nichte, wenn ich das auf diese Weise formulieren darf. Meinen herzlichen Glückwunsch. Auch von meiner Schwester, nicht wahr, Ethel?«
»Natürlich. Auch von mir das Allerbeste«, bemerkte Miss Gleavensham nicht gerade herzlich.
Seine Gnaden verbeugte sich angemessen, wandte sich aber dann Lady Redbridge zu: »Es ist eine Ewigkeit her, daß ich das Vergnügen hatte, dich zu sehen, Marilla. Würdest du mir die Freude machen, mit mir einen kurzen Spaziergang zu unternehmen?«
Lady Marilla blickte unentschlossen zu ihrer Gastgeberin hin: »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, daß ich mich kurz entschuldige.«
Lady Darlington versicherte, daß sie natürlich nichts dagegen einzuwenden habe. Der Herzog reichte Marilla den Arm und schritt mit ihr von dannen. Mit gemischten Gefühlen sah ihm Olivia nach. Er konnte die Wahrheit noch nicht erraten haben, denn sonst hätte er sie nicht vor allen Anwesenden behandelt, als wäre sie Luft. Und doch war sie gekränkt, daß er Marilla zu einem Spaziergang abholte und sie in der langweiligen Gesellschaft des Generals sitzen ließ. Aber auch Hoffnung keimte auf: Sicherlich gelang es Marilla, ihren Verlobten von den wahren Gründen ihres Interesses an Lord Sudbury zu überzeugen.
Der Vicomte nützte die Gelegenheit, bevor der General abermals das Wort ergreifen konnte, um Olivia zum Tanz zu führen.
Das Tanzparkett in dem kleinen Pavillon war bereits überfüllt, als die beiden dort anlangten. Wie Olivia feststellte, zählten Wellbrooks und Marilla nicht zu den Tanzpaaren. Sie sah Lord MacAlister mit Lady Rivington, Lady MacAlister mit Mr. Finch-Bottom, Sir Woodford mit Mrs. Wingfield. Und in einiger Entfernung auch den Mann, der Matthew Laurent sein sollte. Er tanzte mit einer zierlichen Blondine.
Die Musiker begannen einen Walzer zu spielen, und Olivia nahm mit ihrem Partner Aufstellung. Wie gerne wäre sie im Arm von Wellbrooks durch den Saal gewirbelt. Der Vicomte war kein guter Walzertänzer. Doch an diesem Abend schien es Olivia, als würde er besonders oft aus dem Takt geraten. So war es eine Wohltat, als die Musik endlich verstummte und Lord Linham herbeieilte und um die Ehre des nächsten Tanzes bat. Der Vicomte verbeugte sich und verließ das Tanzparkett. Von nun an wurde Olivia von einem Tanzpartner zum nächsten weitergereicht. Sie ließ keinen Tanz aus und war überrascht, als die Anwesenden zum großen Feuerwerk gebeten wurden, das um Mitternacht auf einer der großen Rasenflächen stattfinden sollte.
Wie schnell doch die Zeit vergangen war. Sicher war Marilla längst wieder zur Loge zurückgekehrt. Sie brannte darauf zu erfahren, wie das Gespräch mit dem Herzog verlaufen war.
»Würden Sie mir die Ehre erweisen, sich von mir zum Feuerwerk begleiten zu lassen?« hörte sie Mr. Finch-Bottom fragen, mit dem sie den letzten Tanz getanzt hatte.
»Es tut mir leid, Sir«, bedauerte Olivia. »Aber ich muß dringend zur Loge meiner Tante zurück. Meine Begleiter werden sich schon gefragt haben, was aus mir geworden ist.«
Sie blickte sich nach dem Vicomte um, um mit ihm zur Loge zurückzukehren. Doch der Franzose war nirgends zu
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