Die Braut des Herzogs (German Edition)
auffing.
»Gratuliere«, sagte dieser.
»Das tut jetzt nichts zur Sache«, meinte Wellbrooks ungeduldig. »Hat deine Mutter dich erkannt? Hat sie dich angesprochen? Hat sie Valliseau dadurch verraten, wer du bist?«
Mat schüttelte den Kopf und sagte sehr ernst: »Nein. Das Seltsame ist, sie tat, als hätte sie mich nicht erkannt.«
Der Herzog atmete hörbar auf.
»Obwohl sie mir zu verstehen gab, daß sie sehr wohl wußte, wer ich war«, fuhr Mat fort. »Ich weiß nicht, warum sie mich verleugnete. Tatsache ist, daß sie es tat. Ich hingegen, Narr der ich bin, hätte mich beinahe selbst verraten.«
Mit knappen Worten schilderte er den Vorfall.
»Wie sind deine weiteren Pläne?« fragte Wellbrooks, ohne einen Kommentar zu dem Gehörten abzugeben.
»Die Zeit drängt«, antwortete dieser. »Morgen um die Mittagszeit muß ich die Stadt verlassen. Mein Schiff segelt in der Nacht zur französischen Küste.«
»Der Brief?« warf MacAlister ein.
Mat klopfte gegen seine Brusttasche: »Wohlverwahrt«, sagte er.
»Du trägst ihn bei dir? Wäre es nicht klüger …«
»… ihn im Hotel zu lassen? Nein. Die Gefahr, daß man mich durchschaut hat und in meiner Abwesenheit das Hotelzimmer durchsucht, ist zu groß.«
»Was wirst du gegen Valliseau unternehmen?« wollte Wellbrooks wissen.
»Julian, alles, was wir zur Zeit gegen diesen Mann vorbringen können, ist ein bloßer Verdacht. Auch wenn mir die Hochnäsigkeit nicht behagte, mit der er mit mir sprach, so ist das kein Beweis für seine Verrätertätigkeit. Ich muß abwarten. Wer auch immer die Männer sind, sie wissen, daß ich nicht mehr lange in England bleibe. Sie sind gezwungen zu handeln. Dadurch werden sie sich verraten.«
»Sie könnten dich überwältigen, ohne daß dir jemand zur Hilfe kommen kann …«, warnte MacAlister.
»Ich habe James immer bei mir.« Mat wandte sich um und ließ einen kurzen Pfiff ertönen. Die Antwort ließ nicht auf sich warten. Sein Diener hatte sich, von allen unbemerkt, ganz in der Nähe niedergelassen.
»Alle Achtung«, murmelte MacAlister anerkennend.
»Ein Wagen des Ministeriums steht bereit. In den kann ich alle Verdächtigen verladen. Zudem warten einige Männer bei den Booten. Sie werden wissen, was man mit Verrätern anzufangen hat.«
»Noch hast du sie nicht«, stellte der Herzog gelassen fest.
»Nein, noch nicht«, bestätigte Mat. Doch er ließ keinen Zweifel daran, daß er dem Ausgang des Abends mit Zuversicht entgegensah.
Das Dinner zog sich in die Länge. Der General, ermuntert von der zahlreichen Zuhörerschar, die seine Anekdoten noch nicht kannte, gab Geschichten aus seiner Militärzeit zum besten. Obwohl alle Anwesenden vorgaben, ihm ihre ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken, war Lady Darlington die einzige, die ihm auch tatsächlich zuhörte. Ihre Begeisterung über die Klugheit und den Mut, mit dem der General manch schwierige Hürde genommen hatte, kam von Herzen. Lady Redbridge und ihre Stieftochter gaben mechanisch passende Ausrufe der Bewunderung von sich.
Mit ihren Gedanken waren sie jedoch nicht bei der Sache. Derfranzösische Vicomte hegte naturgemäß keine große Begeisterung für die britische Armee. Die Schwester des Generals, die die Histörchen wohl schon ein dutzendmal gehört haben mochte, war wieder in dumpfes Schweigen verfallen. Die Erzählungen wurden immer wieder unterbrochen, da Bekannte an die Logenbrüstung traten, um die Anwesenden zu begrüßen. Die überraschende Anwesenheit von Lady Marilla in der Hauptstadt sorgte für reges Interesse. Nun, da bekannt war, daß sie im Hause von Lady Darlington weilte, würde der Türklopfer in den nächsten Tagen nicht stillstehen. So manches Mitglied der Gesellschaft kündigte seinen Morgenbesuch an. Zu groß war die Neugierde zu erfahren, wo Mylady die letzten Wochen verbracht hatte, nachdem sie so geheimnisvoll »über Nacht« verschwunden gewesen war.
Aufatmend erinnerte sich Marilla daran, daß sie am nächsten Tag nach Rochester aufbrechen würden. Was für ein Aufsehen wird es geben, wenn sie die Leute von ihrer Vermählung mit Lord Redbridge in Kenntnis setzen würde! Fragen über Fragen werden über sie hereinbrechen. Und dann noch Fragen über Mat! Nein, solange sie nichts Genaues über ihren Sohn wußte, ging sie Besuchern lieber aus dem Weg. Sie hatte eben Lord Greenhood zugenickt, der im Vorbeigehen höflich gegrüßt hatte, als sie Olivias Blick einfing. Die stumme Frage in ihrem Gesicht war nicht zu mißdeuten. Sicher
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