Die Braut des Herzogs (German Edition)
eigentlichen Thema zu: »Wie dem auch sei, laß uns über deinen London-Aufenthalt sprechen. All meine Freundinnen sind schon neugierig, dich wiederzusehen. Sie kennen dich noch von früher, als du ein junges, unerfahrenes Ding warst. Sie werden staunen, wie selbstsicher du geworden bist. Mit einigen neuen Kleidern und einer modischen Frisur wird man dich bestimmt für recht attraktiv halten«, setzte sie hoffnungsvoll hinzu, obwohl sie selbst noch nicht ganz davon überzeugt war.
Olivia fand es an der Zeit, ihre Tante in die Pläne einzuweihen, die sie mit Marilla geschmiedet hatte: »Liebe Tante«, begann sie und suchte nach den richtigen Worten, »weißt du, ichmöchte nicht vermessen klingen oder eingebildet und eitel. Aber ich habe so lange auf dem Land gelebt und die Pflichten einer Hausherrin erfüllt, daß mir jetzt der Sinn danach steht, das gesellschaftliche Leben, das die Hauptstadt bietet, in vollen Zügen zu genießen. Ich kann mich noch gut an die kurze Zeit zurückerinnern, die ich vor sechs Jahren hier bei dir verbrachte, als schüchternes Mauerblümchen, für das nur die geschicktesten Gastgeberinnen Tanzpartner finden konnten.«
Olivia war aufgestanden, blieb einen Augenblick gedankenverloren stehen, wandte sich dann zu ihrer Tante um und sagte energisch: »Ich habe nicht vor, meinen jetzigen Aufenthalt wieder so… unerfreulich werden zu lassen. Nein, im Gegenteil. Liebste Tante, ich ersuche dich hiermit, alles zu tun, um diese Saison für mich zu einem Erfolg werden zu lassen. Ich weiß, daß ich keine reiche Erbin bin, der die Männer ohne jedes Zutun reihenweise zu Füßen liegen. Ich weiß, daß ich für meinen Erfolg einiges werde tun müssen. Aber ich werde mich durchsetzen. Ich bin kein junges Mädchen mehr, das tief errötet, wenn man es ansieht. Ich habe gelernt, mich frei und ungezwungen zu bewegen, bin hoffentlich keine langweilige Gesprächspartnerin und habe sogar recht ordentlich tanzen gelernt – du wirst es kaum glauben, wenn du meine Tanzkünste als junges Mädchen in Erinnerung hast. Doch nun brauche ich den richtigen Rahmen. Du weißt, was ich meine: Kleider, Schuhe, Hüte… ja, vor allem Hüte, alles nach der neuesten Mode. Nun, liebste Tante, willst du mir dabei helfen?«
Am Ende dieser leidenschaftlichen Rede war sie zu ihrer Tante getreten, hatte sie an beiden Händen gefaßt und ihr strahlend in das erstaunte Gesicht geblickt.
»Meine Liebe, du hast dich aber verändert«, meinte diese, als könne sie ihren Ohren nicht trauen. »Ob ich dir helfen werde? Es gibt nichts, was ich lieber täte! Wenn ich bedenke, daß ich mich auf ein stilles Mädchen gefaßt gemacht hatte, das sich nur widerwillig zu einigen Einladungen mitschleppen läßt, so gefallen mir natürlich deine Pläne viel besser. Oh, wir werden dich nach der neuesten Mode ausstatten. Nein, besser noch, wir werdeneine Mode für dich kreieren! Du wirst tonangebend werden. Ja, das ist eine Aufgabe, die mich reizt. Jetzt freue ich mich um so mehr, daß du gekommen bist.« Sie umarmte ihre Nichte voll Elan: »Du wirst alle ausstechen, und du wirst eine glänzende Partie machen!«
Dieser Satz veranlaßte Olivia, ihre Tante zu unterbrechen und zu erklären, daß sie nicht vorhabe, sich allzu schnell zu vermählen. Sie fragte sich im stillen, was ihre Tante wohl zu dem Heiratsantrag sagen würde, den sie von Wellbrooks erhalten hatte. Sicher könnte diese ihr Näheres über den Herzog berichten. Da Olivia aber wußte, daß, ihre Tante in diese Verlobung einzuweihen, ähnliche Wirkung hätte, wie die Veröffentlichung in der Gazette , schwieg sie darüber und sagte nur, sie wolle noch für einige Zeit ihre Freiheit und Ungebundenheit genießen. Dieser Einwand wurde von ihrer Tante kurzerhand vom Tisch gewischt: »Unsinn«, sagte sie barsch, »das Leben einer unverheirateten Frau kann nie so frei sein, wie das einer verheirateten. Wenn sie den richtigen Ehemann hat, natürlich. Du wirst es genießen, einmal Herrin in deinem eigenen Haus zu sein, verlaß dich darauf, meine Liebe. Es ist ein großer Unterschied, ob man einem Haus als Ehefrau vorsteht oder als unverheiratete Tochter. Wenn es uns gelingt, dich groß herauszubringen, dann wirst du dich vor Anträgen gar nicht wehren können. Du wirst eine gute Partie machen«, sagte sie nun wirklich zuversichtlich geworden und setzte, dann zu Olivias Erstaunen hinzu: »Nicht gerade den Herzog von Wellbrooks, aber doch sicher einen Mann aus erster Familie …«
»Warum
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