Die Braut des Herzogs (German Edition)
Stadt, daran hatte sie nach wenigen Tagen hier in London keinen Zweifel mehr. Was würde es für einen Aufruhr geben, wenn erst die Verlobung bekannt würde. Wie würden die anderen Mädchen sie beneiden! Es gab so viele Schönheiten in dieser Gesellschaft, so viele Mädchen, die schön und auch reich waren. Daß der Herzog keine von ihnen gewählt, sondern um eine Unbekannte angehalten hat, erschien ihr immer unglaublicher.
An das Problem den Sohn ihrer Stiefmutter betreffend, wollte sie erst gar nicht denken. Wie sollte sie je erfahren, wo er sich aufhielt? Sie hatte noch nie jemanden über Lord Sudbury reden hören. Und sie konnte wohl schwer von sich aus irgend jemanden auf dieses Thema ansprechen! Und was Wellbrooks betraf, so konnte sie ihn auch nicht beim ersten Zusammentreffen mit diesem Thema konfrontieren. Das zu tun, hieße alle Chancen je von ihm etwas über diesen Matthew Laurent zu erfahren, für immer zu verderben. Nun, hier hieß es, sich in Geduld zu üben und dann taktisch klug vorzugehen. Olivia seufzte. Wo wird wohl das erste Zusammentreffen stattfinden? Sie hatte sich ursprünglich gedacht, daß sie ihn auf einer Abendveranstaltung kennenlernen würde.
Doch nun war sie sicher, daß ihr ein so unvermutetes Gegenüberstehen erspart bleiben würde. Er würde ihr, sobald seine Verletzung (welcher Art mochte diese wohl sein?) es zuließ, am Grosvenor Square einen Besuch abstatten. Zweifellos würde dieser im Beisein ihrer Tante stattfinden. Das warf ein weiteres Problem auf. Denn sie hatte ja Tante Mable, um die Verlobung wirklich geheimzuhalten, nicht eingeweiht. Sie konnte nur daraufvertrauen, daß der Herzog dieses Problem erkennen und Mittel und Wege finden würde, mit ihr allein zu sprechen. Diese Vorstellung wiederum war ihr derart unangenehm, daß ihr ein kalter Schauer über den Rücken lief. Wie man die Sache auch betrachtete, sie war einfach peinlich, und sie wünschte fast, sie wäre nicht nach London gekommen oder hätte Wellbrooks gleich eine Absage erteilt.
In diesem Augenblick wurde Olivia aus der Grübelei gerissen, denn die Zofe trat ein, um ihr beim Ankleiden für das Dinner behilflich zu sein. Mit dem Vorrecht, das sie sich als langjährige Dienerin herausnahm, schalt sie ihre Herrin für die Unachtsamkeit, mit der sie Umhang und Hut behandelt hatte, und dafür, daß das feine Musselinkleid vom langen Sitzen auf der Bettkante völlig zerknittert war. Diese Worte holten Olivia zurück in die Gegenwart.
Sie entschuldigte sich etwas geistesabwesend bei ihrer gestrengen Zofe und beeilte sich, den Brief des Herzogs in der obersten Schublade ihres Sekretärs verschwinden zu lassen.
Dann waren ihre Gedanken auf das Kleid gerichtet, das sie bei der bevorstehenden musikalischen Soiree bei Lady Kirkgate tragen würde, und sie beschloß, diesen Abend, über dem nun nicht mehr das Damoklesschwert einer Begegnung mit Wellbrooks hing, besonders zu genießen.
XII .
Die nächsten Tage vergingen wie im Fluge. Die Vormittage wurden dazu genutzt, daß Lady Darlington Olivia durch Besuche bei allen ihren Freundinnen und »sonstigen wichtigen Personen« (wie sie es ausdrückte) in Erinnerung brachte. Und auch der Türklopfer am Grosvenor Square schien niemals stillzustehen. Zahlreiche Morgenbesucher sprachen vor, um den beiden Damen ihre Aufwartung zu machen.
Lady Linham kam in Begleitung ihrer Tochter Julie, um zu ihrer eigenen Überraschung ihren Sohn Charles vorzufinden.Mr. Romsey erschien beinahe täglich. Olivia konnte sich köstlich über die Geschichtchen amüsieren, die er über seine Mitmenschen zu erzählen wußte. Ein Umstand, der Lady Darlingtons Unmut erregte. »Ich kann es wirklich nicht befürworten, daß er dir so ungeniert den Hof macht«, sagte sie in einem der seltenen Momente, da sie mit ihrer Nichte alleine war. »Ich weiß, er ist ein amüsanter Schwätzer. Aber er würde einen völlig untauglichen Ehemann abgeben, meine Liebe. Abgesehen davon, daß er ständig in Geldverlegenheiten steckt, kann man sicher sein, ihn bei jedem Unfug zu finden, der irgendwo in der Stadt verübt wird. Daß er ein passionierter Spieler ist, wird dir schon selbst aufgefallen sein. Er hat den Leichtsinn von seinem Vater geerbt. Sylvester Romsey, Gott habe ihn selig. Sein Sohn hat Wellbrooks bereits eine schöne Stange Geld gekostet.«
»Wellbrooks?« rief Olivia erstaunt. »Warum soll der Herzog für Mr. Romseys Schulden aufkommen? Sind die beiden verwandt?«
»George Romsey ist sein Cousin.
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