Die Braut des Herzogs (German Edition)
öfter alleine gewesen, als er es gewohntwar. Natürlich hatte Andrew jeden Tag vorbeigeschaut, hatte ihm die Neuigkeiten berichtet, deren es zur Zeit nicht viele zu geben schien, und ihm so manche Stunde mit Kartenspiel vertrieben. Da der Herzog den Wunsch kundgetan hatte, die Verletzung nicht in der Öffentlichkeit kundzutun (denn welcher Gentleman, der in sportlichen Belangen als Nonparail galt, konnte zugeben,.sich seinen Knöchel bei einer so banalen Tätigkeit wie Stiegensteigen verstaucht zu haben?), nahm man allgemein an, er sei aufs Land gefahren. So blieben ihm die Kranken- und Höflichkeitsbesuche seiner Verwandten und Bekannten erspart, ein Umstand, den er nicht bedauerte.
Überhaupt hatte ihm das stille Leben, das so unerwartet über ihn hereingebrochen war, mehr zugesagt, als er es erwartet hatte. Er stellte fest, daß ein Abend bei einem Glas Wein und der Lektüre eines guten Buches viel für sich hatte, und hätte er jemanden gehabt, mit dem er das Gelesene besprechen und seine Gedanken hätte austauschen können, er hätte diese Abende sogar genossen.
So jedoch wurde die Stille nur durch das Ticken der Standuhr unterbrochen, und die Gedanken Seiner Gnaden schweiften oftmals von seinem Buch ab, zu dem Kapitel seines Lebens, über das er lieber nicht so intensiv nachgedacht hätte.
Diese Überlegungen endeten stets in der Überzeugung, eine unverzeihliche Dummheit begangen zu haben, als er um diese Miss aus Bath angehalten hatte.
Er hatte seiner Großmutter seine volle Überzeugung offenbart, seinen Widerwillen gegen die steten Versuche, ihn in den Hafen der Ehe zu locken. Er hatte ihren Vorschlag als ideales Mittel dafür gesehen, der gesamten Gesellschaft ein Schnippchen zu schlagen.
Nun jedoch, da er in Ruhe Abstand gewonnen hatte, kamen ihm Zweifel darüber, ob er seine Seelenpein nicht doch übertrieben gesehen hatte. Und wenn nicht: War diese unbekannte Miss wirklich der richtige Ausweg? Es erschien ihm plötzlich viel vernünftiger, wenn er um eine Dame angehalten hätte, die er kannte. Die er sowohl aufgrund ihrer Geburt als auch ihresAussehens und Benehmens hätte schätzen können – eine Frau, bei der er wußte, was ihn erwartete.
Von diesem Gedanken war es nicht weit, einen Groll gegen seine Großmutter zu hegen. Hatte sie ihm nicht diese Miss vorgeschlagen und ihn geradezu zu einer Heirat gedrängt? An dieser Stelle hätte er am liebsten mit der Faust auf den Tisch geschlagen, fassungslos darüber, daß er so ein Narr gewesen war.
In der Zwischenzeit hatte sich auch seine Überzeugung gestärkt, daß Miss Redbridge ein unbedeutendes, reizloses Wesen sein mußte. Hätte ihm sonst Andrew nicht anderes von ihr erzählt? Nein, der Freund war, gegen seine übliche Gewohnheit, schweigsam, wenn es darum ging, Miss Redbridge zu beschreiben. Der Herzog nahm an, daß er ihn nicht unnötig quälen wollte. Und die Beschreibung, die Bactexter geliefert hatte, reichte aus, um seine schlimmsten Mutmaßungen zu bestätigen.
War es ein Wunder, daß Wellbrooks wieder diese Gedanken durch den Kopf gingen, als er lustlos an dem Fleisch kaute, das die Köchin liebevoll für ihn zubereitet hatte? Er stocherte gedankenverloren in seinem Gemüse, als er plötzlich den Entschluß faßte, sich der Öffentlichkeit nicht mehr länger vorzuenthalten. Entschlossen sprang er auf, zwang sich, den stechenden Schmerz zu ignorieren, den sein Knöchel bei plötzlicher Belastung immer noch verursachte, und zog an der Klingelschnur.
Vom Butler nach seinem Belieben befragt, befahl er umgehend, Mr. Bactexter zu schicken.
Es dauerte nicht lange, und der Sekretär erschien.
»Bactexter, welche ist die wichtigste Veranstaltung, zu der ich heute abend eingeladen bin?« fragte er.
Sein Sekretär, bekannt für sein bewundernswertes Gedächtnis, antwortete ohne zu zögern, daß heute der Ball von Lady Jersey stattfinde. Dies war ein Ereignis, das die gesamte Londoner Gesellschaft auf die Beine brachte, und Wellbrooks konnte sich an keine Saison erinnern, in der er bei dieser Veranstaltung gefehlt hatte, sofern er in London war.
Er wünschte seinem Sekretär einen schönen Abend und begabsich in sein Schlafzimmer, um den erstaunten Kammerdiener anzuweisen, seine Abendkleidung herauszulegen. Der würdige Herr versuchte den Herzog von seinem Vorhaben abzubringen, stieß jedoch auf taube Ohren.
So kam es, daß eine gute Stunde später der Herzog von Wellbrooks elegant gekleidet in seine Kutsche stieg. Nur ein leichtes Hinken
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