Die Braut des Herzogs (German Edition)
sein wollen, dann rate ich Ihnen, Ihre Nichte nicht zu ermutigen.«
Mylady war zwar sprachlos über diese Zurechtweisung, erkannte aber die Wahrheit, die in diesen brüsken Worten steckte, und verkniff sich eine beißende Erwiderung.
Wie sie feststellen mußte, war Olivias scheinbare Vorliebe für Mr. Romsey schon mehreren Anwesenden aufgefallen.
Kaum war dieser Tanz beendet, da trat die Gastgeberin an Olivia heran, gefolgt von einem gutaussehenden jungen Mann: »Meine liebe Miss Redbridge«, flötete sie. »Hier ist ein junger Gentleman, der darauf brennt, Ihre Bekanntschaft zu machen. Der Vicomte de Valliseau … Miss Redbridge.«
Olivia blickte interessiert auf den hübschen Kavalier, der sichgalant über ihre Hand beugte. Er war nach der Mode, aber nicht so übertrieben gekleidet wie George Romsey, der sich nun widerwillig entfernte.
»Weißt du, wer das ist?« fragte Lady Darlington ihre Freundin Heather, die zu ihr getreten war. »Ich glaube nicht, daß ich ihn schon irgendwo gesehen habe.«
Ihre Freundin enttäuschte sie nicht: »Er ist ein Franzose«, sagte sie geringschätzig. »Lady Seltic hat ihn mir vor wenigen Tagen vorgestellt. Ein Emigrant. Vicomte de Vaniteau oder so ähnlich. Soll aus altem französischem Adelsgeschlecht entstammen, beste Familie also. Mußte vor diesem korsischen Scheusal fliehen, wie so viele.«
Lady Darlington, die aus den Augenwinkeln beobachtet hatte, daß sich George Romsey ins Spielzimmer zurückgezogen hatte, atmete erleichtert auf, nahm sich jedoch vor, als nächstes die Vermögensverhältnisse dieses Franzosen ausfindig zu machen.
In der Zwischenzeit hatte der Vicomte Olivia zum Tanz geführt, und es sollte nicht der letzte Tanz bleiben, den die beiden absolvierten. Wie Olivia unschwer erkennen konnte, war der Franzose von ihr geradezu hingerissen. Aber auch sie mußte sich eingestehen, daß sie gerne in seiner Gesellschaft war. Er sah nicht nur blendend aus mit seinen aristokratischen Gesichtszügen, die blonden Haare à la Brutus frisiert. Seine breiten Schultern verrieten seine Vorliebe für sportliche Betätigung. Außerdem war er ein hervorragender Tänzer. Er sprach ein erstklassiges Englisch. Doch durch seinen drolligen Akzent konnte er seine Herkunft nicht verleugnen. Wie sich herausstellte, war er nicht gezwungen gewesen, seine Heimat überstürzt zu verlassen und so Hab und Gut zurückzulassen, wie es weniger Glückliche seiner Landsleute tun mußten.
Es war ihm gelungen, sein Vermögen zu versilbern und als reicher Mann zuerst Europa zu bereisen, bevor er nun beschlossen hatte, zumindest die nächste Zeit in London zu verbringen – falls ihn nicht einmal ein wichtiges Band für immer mit dieser Stadt verbinde, wie er Olivia augenzwinkernd erklärte.
Natürlich wußte er über seine Reisen viel Interessantes zu berichten, er hatte Italien gesehen, Griechenland und Österreich.
In den folgenden Tagen genoß es Olivia, rait Valliseau im Park auszureiten, oder ihn in ihrem Phaeton aufzunehmen, und mit Interesse seinen Ausführungen zuzuhören. Doch es war nicht so, daß nur der Vicomte erzählte. Als einziger ihrer neuen Verehrer interessierte er sich auch für ihr bisheriges Leben, wollte ihre Meinung zu verschiedenen Fragen der Gutsverwaltung wissen, lachte über die Anekdoten, die sie über ihre Geschwister erzählte, und zeigte sich an allem interessiert, was Olivia am Herzen lag.
So kam es, ehe Olivia sich recht im klaren darüber war, dazu, daß sie ihren neuen Freund in die Verheiratung ihres Vaters mit Lady Sudbury einweihte und über das Verschwinden ihres Stiefbruders informierte. Sie gebot ihm natürlich strengstes Stillschweigen, doch tat es gut, dieses Geheimnis mit jemandem zu teilen und ihre Gedanken zu besprechen. Der Vicomte zeigte sich äußerst mitfühlend und konnte es einfach nicht glauben, daß man jede Spur zu Lord Sudbury verloren haben konnte. Er versprach ihr, sofort zu berichten, falls er wider Erwarten irgend etwas über den verschollenen Stiefbruder in Erfahrung bringen würde. Das einzige, das Olivia in diesem Zusammenhang verschwieg, war die geheime Verlobung mit dem Herzog von Wellbrooks.
XIII .
An einem dieser Tage saß der Herzog im kleinen Salon und nahm ganz allein ein Abendessen zu sich. Er pflegte immer in diesem Zimmer zu speisen, wenn er alleine war. Das war allerdings in der Vergangenheit nicht oft vorgekommen. In den letzten beiden Wochen, da ihn die Knöchelverletzung ans Haus gebunden hatte, war er viel
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