Die Braut des Herzogs (German Edition)
noch nicht oft vorgekommen.«
Wider ihr eigenes Erwarten war Olivia über sein selbstherrliches Verhalten nicht entrüstet, sondern amüsiert Der Herzog bemerkte das belustigte Funkeln in ihren blauen Augen und er lächelte.
Olivia wußte, daß es einer Dame gut anstand, dieses Thema nicht mehr weiter zu verfolgen, und doch konnte sie es sich nicht versagen zu fragen: »Und heute, Sir? Sind Sie heute mit der Wahl Ihrer Tischdame zufriedene?«
Wellbrooks blickte einige Augenblicke schweigend auf sie nieder, als würde er seine weiteren Worte überlegen. Olivia hatte eine scherzhafte Antwort erwartet. Nun gewahrte sie jedoch den Ausdruck seiner dunklen Augen. Er hatte seinen Blick auf ihr Gesicht gerichtet, und es war ihr, als würde plötzlich dasHerz bis zum Hals hinauf schlagen. Hatte der Herzog schon bei ihrer ersten Begegnung ihren Gefallen und ihr Interesse erregt, so wußte sie in diesem Augenblick klar und deutlich, daß sie sich in ihn verliebt hatte. Verliebt in einen Mann, dem sie vor wenigen Tagen einen deutlichen Korb gegeben hatte! Der weiche Blick in seinen Augen zeigte unverkennbar, daß auch sie ihm nicht gleichgültig war.
Lord MacAlisters Stimme brach den Bann, als er die beiden ins Speisezimmer bat. Olivia blickte erstaunt um sich und stellte fest, daß die anderen Gäste bereits den Raum verlassen hatten. Mit verlegenem Lächeln, die Wangen zart gerötet, legte sie ihren Arm auf den des Herzogs und ließ sich von ihm in den Speisesaal führen. Was immer Wellbrooks über die Wahl seiner Tischdame anzumerken gehabt hätte, blieb ungesagt.
Das Dinner war vorzüglich, die Unterhaltung amüsant und frei von steifer Formalität. Kein aufwendiger Tischschmuck verstellte die Sicht zu den Gästen auf der gegenüberliegenden Seite der Tafel, und so war, zumindest an dem Ende, an dem die jüngeren Mitglieder der Gesellschaft Platz genommen hatten, bald ein lebhaftes Gespräch im Gange.
Der Herzog trug nicht viel zur Unterhaltung bei. Es wurde über eine Sängerin debattiert, die seit kurzem an der Covent-Garden-Oper wahre Triumphe feierte. Alle anderen jungen Damen waren von ihrem Koloratursopran hingerissen und schwärmten in höchsten Tönen. Olivia hingegen konnte dem Tremolo des Stars nichts abgewinnen und hielt mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg. Der Herzog erfreute sich im stillen an den humorvollen Argumenten, die Olivia zur Untermauerung ihrer Ansicht vorbrachte, und auch die anderen Herren waren sichtlich amüsiert über das fröhliche Streitgespräch. Von der Sängerin war es nicht weit zu Gesprächen über Oper und Theater allgemein, und da fielen einem auch die zahlreichen Besucher ein, deren Gehabe und Kleidung ein unerschöpfliches Thema waren.
Da man sich bei Tisch schon gut unterhalten hatte, war es nicht verwunderlich, daß die Herren anschließend nicht langebeim Portwein verweilten, sondern sich bald den Damen anschlossen, die sich in den Salon zurückgezogen hatten.
Auf Anregung der Gastgeberin wurde in der angrenzenden Bibliothek ein Spieltisch aufgestellt, und Lady Darlington setzte sich gemeinsam mit dem General sowie Lord und Lady Rivington zu einigen gemütlichen Rubbern Whist nieder, während die jüngeren Mitglieder der Gesellschaft im Salon verblieben. Auf Bitte ihrer Schwägerin begab sich Lady MacAlister zum Klavier. Sie spielte eine flotte Melodie, und als sie den Text anstimmte, fiel ihr Gatte mit ein, so daß sie ein beschwingtes Duett zusammen sangen. Dem Vortrag wurde heftig Beifall gespendet und stürmisch eine Zugabe gefordert.
»Wie ist es, Ju?« fragte MacAlister, an seinen Freund gerichtet, der in der Nähe von Olivia in einem der Fauteuils saß, »singst du mit mir unser Lied?«
Ohne sich zu zieren, erhob sich Wellbrooks und begab sich zum Flügel. Dann sangen die beiden Freunde von Mylady begleitet »Ahé Marmont, onde vai, Marmont« – ein Spottlied auf den französischen General Marmont, das im Lager oft gesungen worden war, als sie zusammen unter Wellington in Spanien dienten.
Sie intonierten mit Begeisterung und lauten, vollen Stimmen und untermalten den Text mit weitausholender Gestik.
Olivia saß auf einem kleinen Sofa und konnte den Herzog nicht aus den Augen lassen. War das noch der Mann, den sie kennengelernt hatte? Nichts war geblieben von seiner zynischen Arroganz. Hier im Kreise seiner Freunde war er wie ausgewechselt, frei und ungezwungen. Das war die Umgebung, in der er sich wohl fühlte. Als hätte Wellbrooks gefühlt, daß ihn Olivia
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