Die Braut des Herzogs (German Edition)
mit kleinen Kornblumen aus Seide verziert und einem breiten Seidenband unter dem Kinn gehalten, die Toilette auf das reizendste vervollkommnen.
Mit ihrem Anblick zufrieden, begab sie sich ins Frühstücks-zimmer. Sie war nicht überrascht, als der Butler ihr mitteilte, daß ihre Tante das Schlafgemach noch nicht verlassen hatte. Vor freudiger Erwartung hatte sie eigentlich gar keinen Appetit und hätte sich am liebsten gleich in den kleinen Empfangssalon begeben, um auf den geliebten, herbeigesehnten Morgenbesucher zu warten.
Ein Blick auf die Uhr belehrte sie jedoch, daß zu so früher Stunde kaum mit einem Besuch zu rechnen war – denn wie verliebt ein Gentleman auch sein mochte –, und sie hoffte, er wäre sehr verliebt, so konnte man doch nicht erwarten, daß er zu so früher Stunde sein Schlafzimmer schon verlassen haben würde.
Sie zwang sich, nicht ungeduldig zu werden und einige Häppchen Toast mit Butter zu essen, und nahm auch eine schmale Scheibe Rinderschinken, der so verlockend auf dem Buffet bereitstand. Darm stachen ihr auch noch die reifen Erdbeeren ins Auge, die mit frischer Schlagsahne serviert wurden.
Während sie diese genüßlich verspeiste, betrat der Butler wieder das Zimmer und verkündete freudig, daß es ein äußerst milder Frühlingstag zu werden versprach. »Ich muß sagen, Miss,daß wir lange schon keinen so schönen Mai mehr hatten«, meinte er, während er den frischgebackenen Kuchen in Olivias Reichweite rückte. Sie lehnte diesen zwar dankend ab, blieb aber noch sitzen, um mit dem Butler zu plaudern. Sie hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, ihn über die Sehenswürdigkeiten der Stadt zu befragen. Auf diese Weise hatte sie schon viele Einzelheiten erfahren und Geheimtips entdeckt, die der Reiseführer nicht erwähnte.
Als sie sich vom Frühstückstisch erhob, war es bereits nach halb elf Uhr, und sie hatte kaum den kleinen Empfangssalon betreten, als schon ein Wagen vorfuhr und kurz darauf der Türklopfer energisch betätigt wurde.
Olivia warf einen schnellen Blick in den Spiegel, zupfte ihre Kragenspitze zurecht und blickte dann, mit bangem Herzen, erwartungsvoll zur Türe. »Lord Linham, Miss«, verkündete der Butler.
Olivia begrüßte den Besucher mit einem höflichen Lächeln und hoffte, man würde ihr die Enttäuschung nicht anmerken.
»Sind Sie bereit für unsere kleine Ausfahrt, Miss Redbridge?« fragte Seine Lordschaft. »Ich würde Ihnen empfehlen, einen Umhang mitzunehmen. Der Sonnenschein ist etwas trügerisch zu dieser Jahreszeit, und wenn es auch schon erfreulich warm geworden ist, so herrscht im Inneren der Kirche doch eine gewisse Kühle, die einen leicht frösteln macht.«
Diese Worte brachten Olivia mit Schrecken in Erinnerung, daß sie mit ihm schon vor Tagen vereinbart hatte, heute die Westminster Abbey zu besichtigen. In ihrem Glückstaumel hatte sie es vollkommen vergessen. Nun gab es kein Entrinnen. Mit einem unmerklichen Seufzen verflogen die süßen Träume von einem Vormittag in Begleitung des Herzogs. Sie enteilte, um Umhang und Handschuhe zu holen, und band den Hut mit einer kecken Schleife schräg unter dem Kinn fest.
Ein hübscher Anblick – schade, daß er an einen Mann Wie Lord Linham verschwendet wurde.
Ihr Begleiter erwartete sie in der Halle, die Bewunderung stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben, als er Olivias ansichtigwurde. »Sie sehen bezaubernd aus, Miss Redbridge«, sagte er mit wohlwollendem Lächeln, als er ihr seinen Arm anbot. »Es ist mir eine große Ehre, an der Seite einer so hübschen jungen Dame eines der erhabensten Bauwerke unseres Landes besuchen zu dürfen. Ich bin mit dem offenen Wagen meiner Mutter gekommen. Ich dachte, Sie würden ihn bequemer finden als meinen schnittigen Phaeton.«
Sie waren auf die Straße getreten, und Olivia warf einen kritischen Blick auf den Landauer, der vor der Haustüre auf sie wartete. Ein älterer Groom hielt beide Pferde am Halfter, zwei plumpe Tiere, denen man ansehen konnte, daß sie gemäch-lichen Trott gewohnt waren. Olivia war froh, daß nur eine kurze Wegstrecke vor ihnen lag.
Sie hatte auf den Ledersitzen Platz genommen, und auch Lord Linham war gerade dabei, den Wagen zu besteigen, als eine großgewachsene Gestalt, in schlichtes Grau gekleidet, in den Grosvenor Square einbog.
Charles nahm dies zuerst wahr. »Wellbrooks!« rief er überrascht und alles andere als erfreut aus, als er seinen Cousin erkannte: »Was treibt denn dich zu so wenig mondäner Stunde aus dem
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