Die Braut des Herzogs (German Edition)
dieser Verkleidung erkennen, Wellbrooks. Und das einzige, was ich im Moment wirklich nicht brauchen kann, sind Mitwisser. Ich stecke mitten in einer verdammt verzwickten Geschichte, mein lieber Freund.«
Der Herzog setzte sich in seinen Lieblingssessel, seinem Gast gegenüber: »Was führt dich nach London, Mat? Irgendwelche Neuigkeiten aus Belgien?«
Sein Gast überlegte: »Was spricht man in England über die Situation auf dem Kontinent?« wollte er wissen.
»Ach, man hört Verschiedenes«, antwortete der Herzog vage. »Du weißt ja, wie die Leute sind. Gerüchte machen schnell die Runde und werden in aufgeregter Übertreibung vielfach ver-fälscht weitergegeben. Aber im großen und ganzen ist die Mehrzahl der emstzunehmenden Männer der Ansicht, daß ein Krieg unvermeidlich ist. Sag’, wie konnte dieser verdammte Napoleon nur von Elba entkommen und gleich bei seiner Landung in Frankreich so zahlreiche Anhänger um sich scharen? Man spricht hier von einem wahren Triumphzug durch Frankreich bis nach Paris. Was ist Wahres daran, daß er bereits nach Belgien unterwegs ist? Was denken denn die Leute im Kriegsministerium über die Sache, oder bist du an deine Schweigepflicht gebunden?«
»In gewissen Diagen, natürlich«, gab Mat zu, »Aber es stehtmir natürlich frei, über etwas zu sprechen, das schon bekannt ist oder in Kürze öffentlich bekannt sein wird. Obwohl du mir ohnehin sehr gut informiert zu sein scheinst. Ja, es wird Krieg geben. Die Preußen und Niederländer sind schon in Belgien stationiert, und auch unsere Truppen treffen nach und nach ein. Wellington hat vor kurzem den Oberbefehl übernommen, und das läßt alle freier atmen. Bisher lag dieser in den Händen des Prinzen von Oranien, und der war einfach noch zu jung und unerfahren für diese Aufgabe.«
»Wird Napoleon versuchen, England anzugreifen?« »Wenn wir ihn in Belgien nicht schlagen, ist das sicherlich anzunehmen.«
»Wenn … du sagst: wenn. Wie stehen die Chancen, Mat? Napoleon soll ja in kurzer Zeit ein Heer von erstaunlichem Umfang aufgestellt haben.«
»Das ist richtig«, nickte sein Freund. »Doch mir scheint, kein Grund zu übertriebener Sorge. Ich habe vor meiner Abreise mit Harry gesprochen, meinem Bruder, du kennst ihn ja. Er ist in Belgien stationiert. Die Stimmung im Heer scheint gut, ja bisweilen euphorisch, endlich dem Ungeheuer den Garaus machen zu können. Und das Vertrauen in Wellington scheint ungebrochen.«
»Aber er ist dem Korsen noch nie im Kampf gegenübergestanden«, gab Wellbrooks zu bedenken.
»Das ist richtig«, stimmte Mat zu, »aber dem scheinen die Offiziere, die unter dem Herzog in Spanien gedient haben, keine Bedeutung zuzumessen. Du warst doch selbst in Spanien mit dabei. Hast du etwa Bedenken?«
»Wohl keine emsthaften«, antwortete der Herzog nach einiger Überlegung: »Aber an der Front sieht man die Lage immer anders. Wenn man hier im Hinterland zur Untätigkeit verdammt ist, hat man mehr Zeit, sich die schrecklichsten Dinge auszumalen. Doch erzähle, was treibt dich zu so einem brisanten Zeitpunkt in die Heimat? Wirst du als Agent des Kriegsministeriums nicht auf dem Kontinent gebraucht?«
»Meine Mission ist natürlich streng geheim«, antworteteMatthew und tat übertrieben bedeutungsvoll. »Nein, im Ernst, es ist wirklich eine brisante Angelegenheit, zu der ich deine Hilfe brauchen könnte. Ich werde in wenigen Tagen ein wichtiges Schriftstück von Lord Bathurst abholen, das ich zum Herzog von Wellington nach Brüssel bringen soll. Der Inhalt scheint so wichtig zu sein, daß man die Depesche nicht den Horse Guards anvertrauen wollte, die üblicherweise die Anweisungen des Kriegsministers oder des Herzogs von York nach Belgien bringen.«
»Du warst doch schon oft in einer heiklen Angelegenheit unterwegs«, warf Wellbrooks ein. »Warum solltest du diesmal meine Hilfe benötigen? Wie sollte ich dir dabei helfen können?«
»Die Franzosen haben Wind davon bekommen, daß ich auf, dem Weg nach London bin, und sie werden nun mit aller Macht versuchen, das Schreiben an sich zu bringen, bevor ich England verlasse. Ich bin aus sicherer Quelle informiert, daß es einem oder mehreren Franzosen gelungen ist, sich in die sogenannte vornehme Gesellschaft einzuschmuggeln. Diese haben die Aufgabe, möglichst viele Informationen zu sammeln und an die französische Heeresführung weiterzuleiten. Nun kommt für sie noch der spezielle Auftrag dazu, mich ausfindig zu machen und mir das Schreiben des
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