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Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
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Zelt gesehen hatte, auch die Folianten waren wieder darauf gestapelt, die Feder steckte im Tintenfass.
    Er hatte an dem schmalen Fensterchen gestanden und versucht, durch das hölzerne Schnitzwerk hinauszuspähen. Als er ihre Schritte hörte, wandte er sich hastig um.
    » Tiessa! Ist es die Wahrheit, was man mir erzählt hat? So rede, muss man dir jedes Wort aus der Nase ziehen? «
    Sie schluckte. Wie er sich jetzt wieder aufregte. Er war ja ganz blass und hatte die Augen vor Schreck weit geöffnet. Oh Gott – hatte man ihm am Ende schon die Nachricht gebracht, dass Roger de Briard gestorben war?
    » Ich … das war … es war ein Unglück, Herr. Er ist über Dinah hergefallen. Er hat ihren Bruder getötet und ihre Truhen aufgebrochen. Ich habe sie nur schützen wollen. Es war dieser Leuchter in meiner Hand. Der war … der war so schwer. Viel schwerer, als ich zuerst glaubte … «
    Sie spürte, dass sie ein vollkommenes Durcheinander von sich gab, doch es war ihr plötzlich unmöglich, ihre Gedanken zu ordnen. Stattdessen begann sie lächerlicherweise zu schluchzen und allerlei Albernheiten zu reden. Sie wolle auf keinen Fall, dass der Graf ihretwegen Nachteile habe. Sie sei bereit, sich in die Hände der Gerichtsbarkeit zu geben. Sie bitte ihn nur, für ihren Vater zu sorgen, wenn sie im Kerker sei. Und wenn man sie zum Tode verurteile …
    Er hatte ihr bisher schweigend zugehört und nur hin und wieder einen leisen Versuch unternommen, sie zu unterbrechen. Jetzt, da sie vor Tränen nicht mehr sprechen konnte, verlor auch er die Fassung. Mit einer hastigen Bewegung trat er auf sie zu und nahm sie in seine Arme.
    » Sei ruhig « , murmelte er, während er selbst vor Aufregung zitterte. » Sei ruhig, Tiessa. Niemand wird dich verurteilen, solange du unter meinem Schutz stehst. «
    » Aber … aber ich habe ihn getötet, Herr « , schluchzte sie. » Ich bin eine Mörderin. Ihr dürft keine Mörderin schützen … «
    » Still! «
    Sie verstummte. Da war nur noch ihr wild schlagendes Herz und ein anderes Geräusch dicht an ihrem Ohr, sein Atem, der rasch und aufgeregt ging, als kämpfe er mit dem Schwert gegen einen starken Gegner. Da waren seine Arme, die sie so fest umschlossen, dass sie sich kaum hätte befreien können, selbst wenn sie es gewollt hätte. Das Schweigen, das alle Hindernisse zwischen ihnen fortnahm. Sein warmer Körper, den sie so oft berührt hatte, während sie ihn gesund pflegte. Das Gefühl, sich ihm ganz und gar anvertrauen zu können, einen Ort voller Wärme und Hoffnung gefunden zu haben …
    » Ich will, dass du noch heute von hier fortgehst, Tiessa « , flüsterte er.
    Es kam ihr widersinnig vor, weil er zugleich mit der Hand unablässig über ihr aufgelöstes Haar strich und dann die Finger in die Locken grub, um ihren Kopf so zu drehen, dass sie zu ihm aufsehen musste.
    » Wir werden einen Platz auf einem Frachtschiff für dich finden, ich werde selbst mit dir zum Hafen gehen und mir die Seeleute anschauen. Zwei Knechte gebe ich dir mit, dazu einiges Geld. «
    Was schwatzte er da schon wieder von Schiffen und Hafen? Er wusste doch ganz genau, dass sie nicht ohne ihren Vater in die Heimat reisen würde.
    » Herr, ich kann nicht … «
    » Schweig, Tiessa « , flüsterte er. » Schweig und gehorche. Ich will dein Leben retten, weil es mir teuer ist. Es ist mir teurer als mein eigenes Leben, teurer als alles andere auf der Welt … «
    Seine Augen waren auf einmal ganz nahe, graugrün wie die Wellen des Meeres im Sturm, sein warmer Atem, seine Lippen, die so verlockten, die sie so gern berühren und schmecken wollte. Der Sog, dem sie nicht widerstehen konnte, es auch nicht wollte …
    » Gottfried von Perche! « , brüllte unten auf der Straße eine raue Stimme. Ein ellenlanger Fluch folgte, dann ein Hustenanfall. » Wohnt hier der heilige Gottfried von Perche? Ja? Dann melde mich deinem Herrn, Bursche. «
    Sie waren beide wie erstarrt. Noch hielt er sie in seinen Armen, doch der Augenblick der Versuchung war vorüber.
    » Er lebt … Roger de Briard ist am Leben « , wisperte sie. » Oh heilige Mutter Gottes – ich habe ja gewusst, dass ein kleiner Klaps mit diesem Leuchter ihm nichts anhaben konnte. «
    Er entließ sie aus seinen Armen und trat zurück, fuhr sich mit dem Ärmel über das Gesicht, als müsse er aus tiefem Schlaf erwachen.
    » Geh « , sagte er und musste sich räuspern. » Geh – er soll dich hier nicht sehen. «
    Sie konnte gerade noch im Nebenraum hinter einem Vorhang

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