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Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
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Bergen war es nicht ganz so heiß wie an der Küste, dafür fehlte der stetig vom Meer her blasende Wind, der den erhitzten Körper so angenehm kühlte. Die Gefangenen, denen niemand etwas zu trinken oder zu essen gegeben hatte, waren mit ihren Kräften am Ende – wie sich die drei Klosterfrauen noch aufrecht hielten, grenzte an ein Wunder. Obgleich sie ihre Vorsteherin auf so grausame Art verloren hatten, gingen die Frauen mit traumverlorenen Schritten voran, und manchmal hörte man sie leise miteinander reden.
    » Es ist ein Martyrium, wir müssen dankbar dafür sein. «
    » Denk doch an die heilige Katharina. Sie wurde zuerst gegeißelt, dann gerädert und zum Schluss noch enthauptet. «
    » Ich fürchte, liebe Philippa, ich tauge nicht recht zur Märtyrerin. «
    » Das denkst du nur, meine Liebe. Bald wirst du jubeln und dich glücklich preisen. «
    » Wenn es denn schon sein muss, dann würde ich lieber zuerst enthauptet werden. «
    » Ich glaube nicht, dass man sich das aussuchen kann … «
    Tiessa hatte längst begriffen, dass es unmöglich war, ihren Peinigern zu entkommen, solange ihre Hände gefesselt waren. Sie grübelte darüber nach, unter welchem Vorwand sie erreichen könnte, wenigstens für kurze Zeit losgebunden zu werden. Leila und Sulamith zeigten wenig Hilfsbereitschaft für ihre ehemaligen Reisegefährtinnen. Sie scherzten ganz offen mit ihren Liebhabern, und einmal war Leilas Verehrer sogar mit ihr zurückgeblieben, um sich im Gebüsch mit seiner Schönen zu vergnügen. Sollte sie es auch versuchen? Einem dieser muselmanischen Teufel schöne Augen machen, ihn dazu verführen, sie loszuschneiden und mit ihr im Gebüsch zu verschwinden? Wenn er dann den Kopf verlor, würde sie die Gelegenheit nutzen und rasch davonschlüpfen. War es nicht besser, die Verführerin zu sein als das Opfer? Lieber die Füchsin als die Taube? War es nicht verzeihlich, dass sie es vorzog, eine lebendige Sünderin zu sein als eine tote Heilige?
    Der Anblick der Burg enthob sie aller weiteren sündigen Gedanken. Unvermittelt tauchte das gelbliche Bauwerk vor ihnen auf, als der Weg um eine Kehre bog – ein schmuckloses, würfelförmiges Gebäude, das von einer zinnenbewehrten Mauer umgeben war. Es hatte wenig vom Zauber der Paläste in Tyros, vielmehr erinnerte diese Burganlage an die kleinen Bauernhöfe der Umgebung, zumindest war sie aus den gleichen gelblichen Steinen erbaut und wirkte ähnlich heruntergekommen. Als sie sich dem offen stehenden Mauertor näherten, stellte Tiessa fest, dass die Schutzmauer an mehreren Stellen eingestürzt war. Man hatte die Breschen mit trockenen Zweigen und dornigem Gestrüpp zugestopft, damit die Ziegen nicht hinausschlüpfen und davonlaufen konnten. Ein reicher und mächtiger Emir residierte hier wohl nicht, viel eher ein armer Schlucker, der hoffte, durch die Teilnahme an Saladins Kämpfen Ruhm und vor allem Beute zu erwerben.
    » Vielleicht haben wir Glück « , sagte Tiessa leise zu ihrer Freundin. » Sie haben uns so mühevoll von der Küste bis hierhergebracht – weshalb sollten sie uns töten? «
    » Was auch immer geschehen wird, Tiessa: Glaube fest daran, dass das Leben stärker ist als der Tod. Allah wird für uns sorgen. «
    Dinah war so erschöpft, dass sie kaum noch sprechen konnte. Als man ihnen nun befahl, stehen zu bleiben, schwankte sie und wäre wohl gestürzt, wenn Tiessa sich nicht rasch vor sie gestellt hätte. Sie wurden nun von allerlei Leuten umringt, die aus dem Haus liefen, um die ankommenden Kämpfer und ihre Gefangenen zu begaffen. Meist waren es Diener und Knaben, auch einige Kämpfer waren darunter, jedoch keine einzige Frau.
    Innerhalb der Mauern glich das Anwesen noch viel mehr einem Bauerndorf. Nun konnte man auch die verfallenen Hütten und Ställe sehen, die hinter der Mauer verborgen gewesen waren. Das einzige einigermaßen intakte Gebäude war das schmucklose Wohnhaus, ein dicker steinerner Kasten, der im unteren Bereich eine hölzerne Eingangspforte und einige kleine Fenster aufwies. Im oberen Teil befanden sich in unregelmäßigen Abständen schmale Öffnungen, die eher Luken als Fenster waren. Eine niedrige, zinnenbewehrte Mauer umgab das flache Dach, dort entdeckte Tiessa einige dunkel gekleidete Gestalten, die voller Neugier auf sie herunterstarrten. Waren das vielleicht gar die Frauen und Töchter des Burgherrn?
    Immerhin erlaubten ihre Peiniger ihnen jetzt, sich auf den Boden zwischen das Unkraut zu setzen, wo sie von einem gelblichen Hund

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