Die Braut des Kreuzfahrers
Machtanspruch als Herr und Graf des Perche verteidigte. Der Bischof von Chartres war ein eifriger Kämpfer gegen die Unzucht und Hurerei – wenn Tiessa einmal in seinen Händen war und das Kirchengericht zusammentrat, würde selbst der Graf des Perche kaum die Macht haben, sie zu retten.
Mittag war längst vorüber, doch die Sommertage waren lang, man konnte hoffen, Ivo mit Wagen und Knechten bis zum Einbruch der Dämmerung noch einzuholen. Reisende und Kaufleute benötigten für die Wegstrecke von Nogent bis Chartres zwei Tage. Für gewöhnlich verbrachte man die Nacht im Hospiz der Johanniter, im Sommer lagerte man auch gern im Freien. Eine Reitergruppe, die mit guten Pferden ausgestattet war, kam jedoch wesentlich rascher voran.
Gilbert Corniac brachte sogar mehr als zwanzig Kämpfer zusammen, junge Burschen, die voller Eifer für ihren Grafen streiten wollten und danach dürsteten, sich in einem Scharmützel zu bewähren. Als sie den Grund des Rittes erfuhren, waren einige enttäuscht, sie hatten geglaubt, gegen die aufsässigen Anhänger des Löwenherz kämpfen zu dürfen. Andere aber freuten sich, dass es gegen Ivo Beaumont ging. Wie es schien, hatte er sich nicht allzu viele Freunde gemacht.
Staub wirbelte um die Beine der Pferde, als die Reiter den Weg nach Chartres einschlugen. Auf den Wiesen, wo noch das letzte Heu gemacht wurde, hielten die Bauern mit ihrer Arbeit inne und starrten besorgt hinüber zu den Gewappneten. War etwa ein Angriff zu befürchten? Doch nicht jetzt, in der Mitte des Sommers, da die Frucht auf den Feldern wuchs – sollten sich die Herren lieber im Herbst auf den leeren Äckern streiten.
Gottfried von Perche hatte sich seit langer Zeit nicht mehr so froh gefühlt wie jetzt, da er gerüstet und mit einem Schwert an der Seite seinen Kämpfern voranritt. Etwas in seinem Inneren sagte ihm, dass er das Rechte tat, es gab keinen Irrtum und keine Bedenken. Er handelte ritterlich und verteidigte das Seine, wie es seine Vorfahren seit langer Zeit getan hatten. Er schützte die Schwachen und stritt für die bedrängte Unschuld. Er kämpfte für seine Liebe.
Es war noch hell, als sie das Hospiz erreichten. Dort wurde ihnen gesagt, dass man zwar einen Wagen gesehen habe, auf dem sich eine Gefangene befand, die Gruppe sei jedoch nicht im Hospiz abgestiegen. Die Mönche hatten diese Entscheidung bedauert, weil sie Mitleid mit der jungen Frau verspürten, die so matt und krank im Wagen gelegen habe, dazu noch an Händen und Füßen gebunden. Es hieß, dass sie ein Kind trug, und es sei eine Schande, das Ungeborene, das nichts für die Sünden seiner Mutter könne, mit ihr gemeinsam leiden zu lassen.
» Weiter! «
Seine Kämpfer hatten die Worte des Mönchs mitangehört und waren nun umso eifriger, Ivo Beaumont zu ergreifen. Sie trieben die müden Pferde an und folgten dem Weg, der sich durch dichtes Waldgebiet gen Osten wand. Gottfried war schweigsam geworden. Er dachte erst jetzt daran, dass Tiessas Kind auch das seinige war. Es würde ohne Zweifel ein Knabe sein, denn er konnte von sich behaupten, seine Geliebte in heftige Leidenschaft gebracht zu haben.
Er knirschte mit den Zähnen bei dem Gedanken, dass Tiessa tagelang im Kerker hatte schmachten müssen und jetzt, matt und krank, auf einem rumpelnden Wagen lag. Dazu noch mit gefesselten Gliedern. Was würde er tun, wenn sie an der Erschöpfung starb? Wenn das Kind zu früh auf die Welt kam und der Mutter zugleich den Tod gab? Gottfried wurde sich darüber klar, dass er dann seine Tage als Mönch beschließen würde, nicht in St. Denis, in einem der unbedeutenderen Klöster, die einsam im Wald verstreut lagen. Allerdings würde er sich erst dann aus der Welt zurückziehen, wenn er an Ivo Beaumont Rache genommen hatte.
Die Gelegenheit dazu bot sich im gleichen Augenblick.
» Dort! « , rief einer der jungen Kämpfer, der mit scharfen Augen ausgestattet war. » Sie lagern im Wald. «
Die anderen, auch der Graf, sahen nichts als einen gebückten Menschen, der zwischen den Stämmen herumgeirrt war und jetzt hastig im Dickicht verschwand.
» Das war einer von Ivos Knechten. Sie sammeln Holz, um ein Feuer anzumachen. Also lagern sie hier irgendwo. «
Gleich darauf wehte der Wind den stechenden Geruch eines Lagerfeuers herüber, und man erkannte in der Abenddämmerung Wagen und Pferde. Ivo hatte das Nachtlager nicht weitab vom Weg in einer Lichtung aufgeschlagen, ein häufig benutzter Lagerplatz, an dem sich meist noch die Reste alter
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