Die Braut des Normannen
unbehaglich fühlte.
Er versuchte einzuschlafen, aber ihr warmer Körper beherrschte sein Denken, und er hatte bald nichts anderes mehr im Sinn als den Wunsch, sie leidenschaftlich zu lieben.
Sie rührte sich.
Er stöhnte.
Es war eine Hochzeitsnacht, die er wohl nie vergessen würde.
6
Es war bereits Nachmittag, als Nichola erwachte. Sie verbrachte eine ganze Stunde damit, in ihrem Zimmer herumzustolpern und die Nebel, die der starke Schlaftrunk hinterlassen hatte, aus ihrem Kopf zu vertreiben.
Lieber Himmel, sie hatte geschlafen wie eine Tote, und seltsamerweise fühlte sie sich nach dieser langen Ruhepause kein bißchen erholt.
Mary fand ihre Herrin auf der Bettkante sitzend vor, als sie kurze Zeit später ins Zimmer kam. Die Dienerin brachte ihr ein wunderschönes blaues Gewand, dessen Ärmel mit Goldstickereien verziert waren. Sogar das Unterkleid war mit denselben Stickereien versehen. Der Stoff war so zart, daß Nichola fürchtete, er würde zerreißen, wenn sie nur hustete, aber er fühlte sich wunderbar an, als Nichola ihn an ihre Wange hielt.
»Wer schickt mir dieses Gewand?« fragte Nichola.
»Die Gemahlin des Königs«, antwortete Mary. »Ihr habt ihre Zuneigung geweckt«, fügte sie mit einem Nicken hinzu. »Sie hat mir sogar goldene Bänder mitgegeben, die Ihr in Euer Haar flechten könnt. Ihr und Euer Gemahl werdet heute abend während der Feier am Tisch des Königs sitzen, Mylady.«
Nichola zeigte keinerlei Reaktion, obwohl sie sich bewußt war, daß man Begeisterung von ihr erwartete, weil der König von England sie auf diese Weise ehrte. Aber sie war nicht fähig dazu. Sie fühlte sich noch immer ein wenig benommen von dem Schlafmittel, und sie hatte Heimweh. Alles, was sie sich wünschte, war, eine Weile allein sein zu können.
Ihr Wunsch wurde nicht erfüllt. Die nächsten Stunden verbrachte sie mit Baden und Anziehen. Danach ging es ihr etwas besser. Zum Schluß bürstete Mary energisch Nicholas Haar, zerrte daran und traktierte ihre Kopfhaut, bis Nichola am liebsten laut geschrien hätte. Sie war es nicht gewöhnt, umsorgt zu werden, aber sie wollte Marys Gefühle nicht verletzen, und deshalb ertrug sie schweigend alle Qualen. Der Dienerin schien es nicht zu gelingen, die Goldbänder ordentlich in die Locken ihrer Herrin zu flechten, und schließlich befahl Nichola ihr, ihre Bemühungen aufzugeben.
Baron Samuel kam mit seinen Helferinnen herein, um sich Nicholas Brandwunden anzusehen. Es war unmöglich, den Medicus dazu zu überreden, diesmal keine Verbände anzulegen, aber Nichola entlockte ihm das Versprechen, daß er morgen keine Bandagen mehr mitbringen würde.
Eigentlich erwartete sie, daß Royce ihr am Nachmittag einen Besuch abstatten würde – sie hatte ihn seit der Hochzeit nicht mehr gesehen, und sie hätte es für passend erachtet, wenn er wenigstens einmal nach ihr geschaut hätte. Als es Zeit für das Dinner wurde und er immer noch nicht aufgetaucht war, war sie verärgert und empört über seine schlechten Manieren. Es war nur allzu offensichtlich, daß Royce sich keinen Deut um seine junge Frau scherte.
Mary scharwenzelte unaufhörlich um sie herum und pries Nicholas Schönheit und Anmut. Nichola hatte nie viele Komplimente bekommen, und das Geplapper der Dienerin machte sie so verlegen, daß sie rot wurde. In ihrer Verzweiflung bat sie Mary, frisches Wasser zu holen, nur um ein paar Minuten Ruhe und Frieden zu haben.
Mary ließ die Tür angelehnt, und als Nichola die beiden Soldaten sah, die vor ihrer Tür Wache standen, wurde sie erneut ärgerlich. War sie denn immer noch eine Gefangene? Sie beschloß, sich Klarheit darüber zu verschaffen, und drückte die Tür mit dem Fuß ein Stückchen weiter auf. Sie verneigte sich vor den Männern und wollte wissen, weshalb sie bewacht wurde.
Die Soldaten starrten sie verblüfft an. Was war so erstaunlich an dieser Frage und daran, daß sie den Männern einen guten Tag wünschte, überlegte Nichola verwirrt.
»Ihr seid die hochgeschätzte Braut unseres Lords«, stammelte der eine.
Der andere nickte. »Ja, das seid Ihr.«
Nichola bedankte sich bei den Männern für ihre Freundlichkeit und fragte noch einmal: »Weshalb haltet Ihr dann vor meiner Tür Wache?«
»Baron Royce hat uns den Befehl gegeben, hier zu stehen, Mylady«, erwiderte der größere der beiden.
»Aber warum?«
»Um Euch zu beschützen«, sagte der Soldat. »Ihr seid jetzt unsere Herrin«, fügte er hinzu und verbeugte sich untertänig.
»Dann
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