Die Braut des Normannen
Schicksal ihres Bruders Thurston wußte, der sich Baron Alfreds Armee im Norden angeschlossen hatte. »Ich fordere dich noch einmal auf, mir den Namen des Anführers zu nennen. Soviel ich weiß, ist Baron Alfred der einzige Angelsachse, der König William noch Widerstand leistet. Er und seine Männer befinden sich in einer Festung im Norden – in der Nähe meiner eigenen Burg.«
Sie hätte noch mehr erzählt, aber die Frau unterbrach sie. »Mehr als nur eine Gruppe möchte die alten Zustände in diesem Land wiederherstellen«, sagte sie. »Ihr müßt heute nacht unter Beweis stellen, daß Ihr zu uns gehört.«
»Und wie soll ich deiner Meinung nach meinen Mann töten?« fragte Nichola und hielt ihre verbundenen Hände hoch. »Ich kann den Dolch nicht einmal halten.«
Die Frau sah sie erschrocken an – offenbar hatte sie diese Schwierigkeit nicht mit einkalkuliert.
Nichola sprach ein stummes Dankgebet, daß Baron Samuel sich geweigert hatte, ihr die Verbände abzunehmen. »Ich könnte meinen Mann nicht umbringen, selbst wenn ich es wollte«, sagte sie laut, und in ihrer Stimme schwang Triumph und Erleichterung mit. Sie hoffte nur, daß die Frau nicht bemerkte, wie froh sie war. Die Alte starrte auf Nicholas Hände.
»Ihr müßt einen Weg finden«, sagte sie. »Entweder er stirbt, oder Ihr seid des Todes.«
Sie faßte nach dem Riegel an der Tür, als Nichola erwiderte: »Ich würde mein Leben so oder so verlieren. William würde den Tod seines Ritters rächen.«
Die alte Frau schüttelte den Kopf. »Bei Tagesanbruch erscheinen drei Männer, die Euch von hier wegbringen. Dann muß die Tat vollbracht sein.«
»Ich werde es nicht tun.«
»Dann werden sie Euch und Euren Mann töten.«
Gleich nachdem sie diese Drohung ausgestoßen hatte, verschwand die Alte.
7
Nichola wurde übel – die teuflische Ausstrahlung der Frau hatte eine Todeskälte im Raum hinterlassen.
Ungefähr zwanzig Minuten später kam Royce – er hatte keine Ahnung, was ihn erwartete, und vermutete, daß Nichola entweder friedlich schlief oder im Zimmer auf und ab lief und neue heimtückische Angriffe, mit denen sie ihn treffen wollte, ersann.
Eines war jedoch sicher: Sobald wie möglich würde er dieser Frau den Kopf zurechtsetzen. Um die Wahrheit zu sagen, er war nie zuvor verheiratet gewesen und wußte im Grunde gar nicht, wie ein Mann und eine Frau in Eintracht zusammenlebten, aber die Gesetze, die in einer Ehe herrschten, waren für die Angelsachsen dieselben wie für die Normannen, da sie von der Kirche vorgegeben waren. Der Ehemann war der Herr im Hause, und die Frau hatte ihm schlicht und einfach zu gehorchen.
Nichola hatte alles auf den Kopf gestellt und verdreht, dieser Gedanke brachte Royce zum Lächeln. Es war sicherlich nicht leicht für sie, mit all dem, was er noch von ihr verlangen würde, fertig zu werden, aber eines war ganz gewiß: Sie würde diejenige sein, die sich anpassen mußte, nicht er.
Sobald er das Zimmer betrat, hob er an, um seine Frau über diese Tatsache in Kenntnis zu setzen. Nichola jedoch schien nicht in der richtigen Verfassung zu sein, ihm zuzuhören, sie kniete neben dem Bett vor einem Nachttopf und würgte.
Zum Teufel, eine solche Begrüßung hatte er nicht erwartet. Er hatte schon gehört, daß manche Frauen eine Heidenangst vor der Hochzeitsnacht hatten, aber Nicholas Reaktion war wirklich übertrieben. Fürchtete sie sich so sehr davor, mit ihm zu schlafen, daß sie sich krank stellte?
Das allerdings wäre wirklich schändlich. Royce seufzte tief und lief zur Waschschüssel. Nachdem er ein Tuch in das kalte Wasser getaucht und ausgewrungen hatte, ging er zu Nichola.
Sie kauerte immer noch am Boden und versuchte zu Atem zu kommen, als Royce sie in seine Arme zog und sich mit ihr auf die Bettkante setzte. Sie landete auf seinem Schoß.
In dem Augenblick, in dem er sie berührte, begann sie zu weinen. Royce drückte das feuchte Tuch gegen ihre Stirn. »Hör auf zu weinen«, befahl er. »Erzähl mir lieber, was dir fehlt.«
Sein rüder Ton gefiel ihr gar nicht. »Mir fehlt überhaupt nichts«, erklärte sie.
»Also gut«, meinte er. »Dann sag mir wenigstens, warum du weinst.«
Jetzt klang seine Stimme zu sachlich. »Ich habe all die netten Dinge, die ich über dich gesagt habe, nicht ernst gemeint«, verkündete sie, während sie das Tuch von ihrer Stirn schob und sich in seinen Armen umdrehte, damit er ihr wütendes Gesicht sehen konnte. »Wage nur nicht zu glauben, daß ich
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