Die Braut des Normannen
vergewissern, daß ihm nichts zugestoßen war, bevor sie selbst in Deckung ging. Ihr Blick suchte die Umgebung ab, während sie unaufhörlich betete und Gott um Beistand bat.
Royce und seine Soldaten befanden sich genau in Schußweite der ersten Angriffswelle, als sie ihn endlich entdeckte.
Lieber Gott, warum mußte er so groß sein? Er war so leicht zu treffen, und sicherlich würde der Feind ihn als erstes aufs Korn nehmen.
Nichola versuchte, das Pferd zu zügeln – auf keinen Fall wollte sie ihrem Mann im Weg stehen. Eine Ablenkung konnte ihn das Leben kosten. Gerade als sie sich in Richtung Westen wandte, fiel ihr Blick auf den Gipfel eines Hügels. Ein Sonnenstrahl blitzte auf der Rüstung eines Feindes und blendete sie.
Sie rutschte im Sattel hin und her und spähte noch einmal zu dem Bergrücken. Es war ein einzelner Reiter in der Kampfkleidung der Angelsachsen. Er hob die Hand – das war das Zeichen für weitere versteckte Reiter, loszuschlagen. Etwa fünfzig angelsächsische Soldaten stießen ihren Schlachtruf aus und sprengten auf ihre Opfer zu.
Nichola war nicht imstande, den Blick von ihrem Anführer zu wenden. Das blitzende Sonnenlicht umflutete ihn und verlieh ihm irgendwie ein mystisches Aussehen. Als er sich im Sattel nach hinten drehte, um nach einem Pfeil zu greifen, sah Nichola sein Profil.
Jetzt verstand sie, warum er sie derart in seinen Bann gezogen hatte.
Der angelsächsische Anführer suchte sich ein Ziel aus, legte den Pfeil ein und spannte den Bogen.
Nichola schrie.
Ihr Bruder Thurston lebte. Und er bereitete sich darauf vor, Royce zu töten.
9
Royce drehte sich um, als er Nicholas Schrei hörte. Er zügelte sein Pferd genau in dem Augenblick, in dem sie das ihre in vollen Galopp getrieben hatte, und als sie ihn erreichte, warf sie sich ihm im wahrsten Sinne des Wortes in die Arme. Genau zur rechten Zeit, wie sich herausstellte.
Sie fing den Pfeil, der ihm zugedacht war, ab. Die Wucht des Geschosses schleuderte sie hart gegen Royce, und er fing sie auf und drückte sie auf seinen Schoß, um sie mit seinem Schild zu schützen. Dabei bemerkte er, daß der Pfeil ihre Schulter durchbohrt hatte und die Spitze in sein Kettenhemd gedrungen war – sie hing an ihm fest.
Royces Wutschrei hallte von den Bergen wider. Er wendete sein Schlachtroß und sprengte auf den schützenden Wald im Westen zu. Nicholas langes goldenes Haar verdeckte ihre Verletzung, und obwohl Lawrence nicht mitangesehen hatte, was passiert war, verriet ihm der Schrei seines Barons, daß seiner Herrin etwas Schreckliches zugestoßen sein mußte. Er befahl drei Soldaten, ihrem Anführer zu folgen, und einen anderen beauftragte er mit dem Kommando über die kämpfende Truppe, dann ritt er selbst in Richtung Wald.
Royce glaubte, daß Nichola ohne Bewußtsein war, und hielt das für eine Gnade, da sie in diesem Zustand keinen Schmerz fühlte, wenn er ihr den Pfeil aus der Schulter zog.
Er wollte sich gerade aus dem Sattel hieven, als Nichola hauchte: »Vergib ihm, Royce. Er wußte es nicht – er konnte es gar nicht wissen.«
Royce hatte keine Ahnung, wovon sie sprach, und als sie matt in seine Arme zurücksank, wurde ihm klar, daß sie jetzt auch keine Erklärung abgeben konnte. Er selbst war außerdem zu wütend, um einen klaren Gedanken fassen zu können.
Lawrence sprang von seinem Pferd und breitete seinen Umhang auf dem Boden aus, dann machte er Anstalten, Nichola vom Pferd zu heben. Royce schüttelte den Kopf. »Der Pfeil hat sie durchbohrt und steckt in meinem Kettenhemd«, erklärte er grimmig.
Er lehnte die Hilfe seines Vasallen ab, und seine Hände zitterten, als er die Pfeilspitze abbrach. Dann holte er tief Luft und stieg ab. Er durfte gar nicht daran denken, welche Qualen er Nichola bereiten mußte. Er legte sie auf Lawrences Umhang, faßte nach dem Pfeil und zog ihn aus ihrer Schulter.
Sie schrie, und dieser Laut durchschnitt ihm das Herz. Er beugte sich über sie und flüsterte leise Worte des Trostes, während das Blut aus ihrer Wunde und über seinen Arm strömte.
Lawrence war wesentlich geschickter als sein Herr, wenn es galt, Wunden zu versorgen, das wußte Royce auch ganz genau, aber in diesem Augenblick wollte er es nicht wahrhaben. Lawrence unternahm drei vergebliche Versuche, ehe ihn sein Baron in Nicholas Nähe kommen ließ.
Sie kam gerade wieder zur Besinnung, als Lawrence so etwas wie flüssiges Feuer über ihre Schulter goß. Diesmal schrie sie nicht, sie brüllte und schlug auf
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