Die Braut des Normannen
meinte Hugh spöttisch.
Royce hatte seine Frau die ganze Zeit nicht aus den Augen gelassen, und deshalb war ihm nicht entgangen, daß die Anspannung aus ihrem Gesicht gewichen war.
Lauschte sie etwa heimlich der Unterhaltung? »Nichola, mach die Augen auf«, forderte er.
Sie gehorchte nicht und stöhnte statt dessen. Es klang sehr dramatisch, aber wenig überzeugend. Was führte sie nun wieder im Schilde?
Er konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Sie würde wirklich bald wieder auf den Beinen sein. Ihm fiel ein Stein vom Herzen. »Du wirst mir einiges erklären müssen, wenn du zu dir gekommen bist, Nichola.«
Sie schwieg.
»Sie ist noch immer nicht bei Bewußtsein, Mylord«, flüsterte Clarise. »Sie ist äußerst geschwächt.«
Royce seufzte und wartete.
Einige Minuten verstrichen. Clarise machte sich auf den Weg, um Verbandszeug und Heilsalbe zu holen, und Hugh bemühte sich, ein Feuer im Kamin zu entfachen. Nur Royce rührte sich nicht von der Stelle und blieb neben dem Bett stehen.
Endlich öffnete Nichola die Augen und ließ ihren Blick langsam zu Royce wandern. Ihre Augen glitzerten wach, und ihre verwirrte Miene wirkte unecht.
Royce ahnte, was sie vorhatte, noch ehe sie in Aktion trat.
»Wo bin ich?« Nichola sah sich im Zimmer um, bevor sie sich wieder an Royce wandte.
Er setzte sich auf die Bettkante. »Du bist in deinem Zimmer«, antwortete er. »Du warst lange ohne Bewußtsein.«
»Wirklich?«
Er nickte.
»Wer seid Ihr?«
Er unterdrückte seinen Ärger – er hatte es ja gleich geahnt: Nichola war bei Besinnung gewesen und hatte Clarises Wehklagen gehört. Er nahm ihren Kopf zwischen seine Hände und beugte sich langsam über sie. »Ich bin dein Ehemann, Nichola«, flüsterte er. »Der Mann, den du über alles liebst.«
Sei reagierte genau so, wie er es erhofft hatte. Sie sah ihn erstaunt an, aber er wollte noch mehr. »Erinnerst du dich nicht?« raunte er.
Sie zuckte mit den Achseln. Er lächelte. »Ich bin der Mann, den du auf Knien angefleht hast, dich zu heiraten. Sicher weißt du noch, wie du gefleht und gebettelt hast..«
»Ich habe dich nicht angefleht, mich zu heiraten, du unverschämter ...«
Er brachte sie mit einem Kuß zum Schweigen. Als er sich von ihr löste, funkelte sie ihn wütend an – nichts hätte ihn in diesem Augenblick mehr freuen können. So wie er die Sache betrachtete, war seine Frau auf dem besten Weg der Genesung.
»Du wirst mir erklären müssen, was du mit dieser Aktion bezweckt hast, Nichola.«
Sie sah ihn lange an. »Ich weiß«, sagte sie schließlich seufzend. »Darf ich dich nur bitten, wenigstens so lange zu warten, bis ich mich besser fühle?«
Er nickte. »Du wirst mir aber auch versprechen müssen, daß du dich nie wieder auf so törichte Weise in Gefahr begibst. Du hast keinerlei Selbstdisziplin, Nichola.«
Das verletzte sie tief. Royce stand auf und ging zur Tür. »Ich warte bis morgen, dann möchte ich sowohl ein Geständnis als auch eine Entschuldigung hören. Bis dahin gestatte ich dir, dich auszuruhen.«
Sie setzte sich kerzengerade auf, und diese plötzliche Bewegung verursachte höllische Schmerzen in ihrer Schulter. »Ich habe versucht, deine Haut zu retten, du undankbares Geschöpf«, schrie sie heftig.
Royce blieb nicht einmal stehen, als er einräumte. »Ja, das hast du getan. Aber hinter der Sache steckt mehr, als du jetzt zugibst, nicht wahr?«
Sie gab ihm keine Antwort. Die Wut und der Ärger hatten sie geschwächt, und sie sank matt auf das Bett zurück. Sie murmelte die wüstesten Beschimpfungen und verfluchte leise ihren Mann, bis sie plötzlich Baron Hugh entdeckte, der noch immer neben dem Kamin stand. Nichola erschrak bis ins Mark und schämte sich entsetzlich, weil der alte Ritter Zeuge ihres würdelosen Verhaltens geworden war. »Normalerweise schreie ich niemanden an«, erklärte sie. »Aber dieser Mann bringt mich noch um den Verstand.«
Hugh lächelte. »Nennt Ihr Euren Mann sonst auch den Sohn eines Ebers, Lady Nichola?«
Also hatte er auch gehört, wie sie vor sich hin geschimpft hatte. Nichola seufzte. »Nur wenn ich glaube, daß mich niemand hören kann«, gestand sie.
Er kam näher zum Bett. »Seid Ihr kräftig und ausgeruht genug, um mir zu erzählen, was Euch zugestoßen ist, Nichola? Ich bin neugierig, was die Verbände an Euren Händen zu bedeuten haben.«
Sie runzelte die Stirn. »Ich habe die schlimmste Woche meines Lebens hinter mir, Baron.«
»Es scheint so.«
»Ich war immer kerngesund und
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