Die Braut des Normannen
unversehrt, bis ich Royce begegnet bin.«
»Ihr seid also der Meinung, daß er an all Euren Verletzungen schuld ist?«
»Nicht direkt«, erwiderte sie ausweichend.
Sein erwartungsvoller Blick verriet Nichola, daß er Genaueres erfahren wollte, aber sie hatte nicht vor, mehr preiszugeben. Royce sollte ihm alles berichten. »Das ist eine lange Geschichte, Sir«, flüsterte sie. »Und eine jämmerliche dazu. Es genügt wohl, wenn ich sage, daß dieser Mann für all meine Qualen verantwortlich ist.«
»Dieser Mann?«
»Royce.«
Sie schloß die Augen und stöhnte. Hugh vermutete, daß sie ein wenig schlafen wollte und wandte sich zum Gehen um.
»Ich weiß gar nicht, wieso ich mich dazu herabgelassen habe, ihm das Leben zu retten«, brummte Nichola. »Hat er sich etwa dafür bedankt?«
Hugh blieb stehen und wollte ihre Frage beantworten, aber sie kam ihm zuvor, indem sie sagte:
Nein, Baron, das hat er nicht getan. Er ärgert sich sogar über meine mutige Tat und ist wütend auf mich. Er ist unerträglich. Ihr könnt ihm ausrichten, daß ich ihn unerträglich finde, Mylord.
Sie schloß erneut die Augen. Hugh unternahm mehrere Anläufe, das Zimmer zu verlassen, aber sie hielt ihn immer wieder auf und trug ihm noch viele unfreundliche Dinge auf, die er Royce übermitteln sollte.
Fünfzehn Minuten später konnte Hugh endlich die Tür hinter sich zuziehen.
Royce erwartete ihn am Fuß der Treppe. »Ich wollte schon jemanden nach dir schicken«, sagte er verdrossen. »Nichola braucht dringend Ruhe, Hugh.«
Royces Stimme drückte eine solche Mißbilligung aus, daß Hugh lachen mußte. »Ich habe sie nicht überanstrengt, wenn du das meinst«, sagte er. »Gott ist mein Zeuge, daß sie eher mich gequält hat, und zwar indem sie mir genau auseinandersetzte, was sie von dir hält. Möchtest du einiges davon hören, Royce?«
Royce bedachte seinen Freund mit einem ärgerlichen Blick. »Ich bin nicht an solchen Nichtigkeiten interessiert. Nichola ist jetzt in Sicherheit, und wenn sie wieder gesund ist, werde ich ihr klarmachen, was ich von ihr erwarte.«
»Für dich ist alles ganz einfach, nicht wahr, Royce?«
»Natürlich. Ich bin zwar noch nicht lange verheiratet, Hugh, aber ich weiß, daß es nur eine Möglichkeit für alle Beteiligten gibt, in einer Ehe zufrieden zu leben. Ich werde den Ton angeben, und sie hat zu gehorchen. Natürlich muß ich Geduld haben, sie verdient ein wenig Umsicht – schließlich ist die Ehe auch für sie etwas Neues«, fügte er hinzu. »Wenn sie sich erst damit abgefunden hat, werden wir friedlich zusammenleben können. Sie braucht mir nur zu gehorchen, Hugh – das kann doch nicht so schwer sein.«
»Versteht Nichola die Regeln, die du festgesetzt hast?«
»Mit der Zeit wird sie es schon begreifen«, versicherte Royce und fuhr mit eiserner Stimme fort: »In meinem Heim wird Frieden herrschen.«
Nach diesem Schwur ging Royce zur Haustür und schlug sie hinter sich zu.
Hugh lachte. Ja, Royce würde seinen Frieden haben, aber Nichola würde zuerst sein Herz gewinnen.
10
Sie entschloß sich, freundlich zu sein, nachdem sie alles andere schon versucht hatte. Nörgeln hatte genauso wenig bewirkt wie Schreien oder Schimpfen. Nichola war verzweifelt, aber sie überlegte sich, daß Royce entgegenkommend sein würde, wenn sie nett zu ihm war. Vielleicht würde er dann endlich ihre Anweisung befolgen.
Es wurde wirklich Zeit, daß man Justin und Ulric nach Hause holte. Volle zwei Wochen waren seit ihrer Rückkehr nach Rosewood vergangen, und nichts war geschehen. Eigentlich hatte sie erwartet, daß Royce ihre Familie sofort zusammenführen würde, aber es wurde bald offensichtlich, daß er nicht auf ihre Forderung einging. Er weigerte sich, seine Pflichten zu erfüllen, und er ging ihr aus dem Weg. In den vergangenen vierzehn Tagen hatte sie ihren Mann nicht öfter als vielleicht sechs- oder siebenmal gesehen.
In den ersten Tagen hatte ihr das nicht viel ausgemacht. Sie wußte, daß er böse mit ihr war, weil sie ihm noch immer nicht erklärt hatte, warum sie sich am Tag des Angriffs vor ihn geworfen hatte, aber er hatte ja zugestimmt, so lange zu warten, bis sie bereit war, mit ihm darüber zu sprechen.
Allmählich sollten sie wirklich die Dinge zwischen ihnen klarstellen. Sie wollte ihm einen gute Frau sein, und Gott wußte, wie sehr sie es verabscheute, von ihm links liegengelassen zu werden. Er benahm sich ganz und gar nicht so, wie sich ein Ehemann seiner Frau gegenüber benehmen
Weitere Kostenlose Bücher