Die Braut des Normannen
mit einer Kopfbewegung und schloß die Tür hinter dem Jungen.
Ein Feuer prasselte im Kamin, und der Raum wirkte warm und einladend. Royce ging zum Bett und setzte sich. Nichola hielt er immer noch in den Armen.
Er dachte schon, sie wäre eingeschlafen, aber dann murmelte sie träge: »Hast du eigentlich bemerkt, wie sanftmütig ich heute abend war?«
»Ich habe es bemerkt.«
»Mama sagte immer, daß man Ungeziefer eher mit Süßem als mit Saurem fangen kann.«
Das verblüffte ihn. »Warum, in Gottes Namen, möchtest du das tun?«
»Was tun?«
»Ungeziefer fangen.«
»Ich möchte kein Ungeziefer fangen«, brummte sie, »Sondern dich.« Lieber Gott, sie wünschte, ihr Mann würde sie nicht ständig in seine Armen hin und her schleudern, sie klammerte sich an seine Schultern, um sich festzuhalten. In ihrem Kopf drehte sich alles, und ihr Magen rebellierte.
»Nichola, was den nächsten Punkt deines Plans betrifft ...« begann Royce.
»Was für ein Plan?«
Er gab es auf. Er hielt sie in seinen Armen, bis sie eingeschlafen war, dann zog er sie aus.
Er konnte ihr nicht einmal böse sein. Sie war das Opfer ihrer eigenen Ränke geworden, aber jetzt verstand er wenigstens ihre Beweggründe. Sie versuchte nur, unter allen Umständen ihre Familie zusammenzuhalten – ja, und sie versuchte auch, selbst zu überleben.
Er mußte ihr Zeit geben, damit sie lernte, daß sie ihm vollkommen vertrauen konnte, und vielleicht konnten sie dann in Frieden zusammenleben. Er wollte, daß sie glücklich wurde, aber er wußte, daß er dieses Ziel nicht erreichen würde, bevor er das Problem mit Thurston gelöst hatte. Zum Teufel, er hätte den Bastard umbringen mögen. Aber damit würde er Nicholas Herz sicherlich nicht gewinnen.
Royce fühlte sich elend – so als ob er auf verlorenem Posten stünde. Aber Nichola erging es bestimmt nicht anders. Sie versuchte verzweifelt, ihren Bruder vor ihm und gleichzeitig ihn vor ihrem Bruder zu schützen.
Royce nahm sich vor, gründlich nachzudenken, ehe er einen Entschluß faßte. Aber in dieser Nacht fiel es ihm schwer, einen klaren Gedanken zu fassen – Nicholas Nähe machte das fast unmöglich.
Immer wieder fiel ihm ein, daß sie geplant hatte, ihn zu verführen.
Konnte sich ein Mann mehr wünschen?
11
Nichola wurde von einem Geräusch wach, das in ihren Ohren wie ein donnernder Wasserfall klang. Sie überlegte lange und erfolglos, woher dieser Lärm wohl kommen mochte. Erst als sie sich mühsam bewegte, fühlte sie Royce neben sich, der den Arm um ihre Taille gelegt hatte – und was sie hörte, war das Schnarchen ihres Mannes.
Sie versuchte, sich auf den Bauch zu drehen, aber er verstärkte seinen Griff und zog sie wieder an sich.
Diese Anstrengung hätte sie um ein Haar umgebracht. Sie fühlte sich, als hätte man ihr den Schädel gespalten. Sie blieb reglos liegen und wartete, bis sich wenigstens ihr Magen beruhigt hatte, aber ihre Gedanken ließen sich nicht so einfach ausschalten. Lieber Gott, was war in dieser Nacht passiert? Sie konnte sich an gar nichts mehr erinnern.
Sie hatte bei ihrem Mann geschlafen, das war das einzige, was sie mit Sicherheit sagen konnte, aber was sonst los gewesen war, wußte sie nicht mehr.
Hatte sie ihn betrunken gemacht, oder war sie statt dessen selbst berauscht gewesen? Nichola schloß die Augen, es war zu anstrengend, nachzudenken, wenn ihr Kopf so pochte.
Sie sollte sich lieber noch ein bißchen ausruhen, vielleicht kam dann die Erinnerung zurück.
Ein paar Minuten später wachte Royce auf. Das Morgenlicht drang durch die vorhanglosen Fenster, und Royce hob den Kopf, um seine Frau zu betrachten. Ihre Augen waren geschlossen, und er vermutete, daß sie sich schlafend stellte, nur um ihn nicht sehen zu müssen.
Er rüttelte sie sanft. Sie stöhnte.
»Nichola?« flüsterte er.
Sie benahm sich, als hätte er sie angebrüllt – sie preßte die Hände auf die Ohren.
»Bist du noch nicht ausgeschlafen?« fragte er. Er rollte sie auf den Rücken und beugte sich über sie.
Die rasche Bewegung löste einen Würgereiz in ihrer Kehle aus. Sie hob langsam die Lider und schaute zu Royce auf. Ihr erster Gedanke war, daß er keineswegs krank aussah – nein, er wirkte ausgeruht und sogar glücklich. Eine vorwitzige Locke war ihm in die Stirn gefallen, und Nichola hätte sie gern zurückgestrichen, wenn sie nur die Kraft dazu gehabt hätte. Der Mann brauchte offensichtlich nicht viel Schlaf. Seine Augen glänzten vergnügt, und er schien
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