Die Braut des Normannen
Vergleich, aber sie behielt ihre Meinung lieber für sich, als sie Royces strengen Blick sah.
»Ich bin älter als du«, fuhr Royce fort. »Du kannst darauf vertrauen, daß ich weiß, wovon ich rede. Nichola, da wir gerade von Vertrauen sprechen ...«
Lieber Himmel, es schien ihm wirklich Spaß zu machen, ihr Vorträge zu halten. Er ging auf und ab und redete und redete. Nichola schaltete ab und dachte an die Heimkehr von Justin und Ulric und daran, was noch alles vorbereitet werden mußte – die Böden mußten gescheuert werden, die Köchin sollte Justins Lieblingsspeisen zubereiten ...
»Stimmst du mir zu, Nichola?«
Ihr Kopf fuhr in die Höhe. »Ja, Royce.«
Er nickte zufrieden und fuhr mit seiner Litanei fort. »Eine Ehe ist wie eine Landkarte.«
»Wie was?« fragte sie verdutzt.
»Wie eine Landkarte mit vorgezeichneten Linien«, führte er aus. »Unterbrich mich nicht, wenn ich dir Instruktionen gebe.«
Er erhob nicht einmal die Stimme, als er sie zurechtwies – Royce erhob nie die Stimme, er war ein sehr selbstbeherrschter Mann, das bewunderte sie so sehr an ihm. Und er war auch sehr freundlich.
Sie schnappte noch ein paar Wortfetzen auf, bevor sie sich wieder ihren Tagträumen hingab. Trotzdem realisiert sie, daß alles, was er sagte, ihr das Leben als Ehefrau erleichtern sollte. Er wollte, daß sie glücklich war.
Er mochte sie und sorgte sich um sie – vielleicht empfand er dasselbe für sie wie sie für ihn. Es war beinah wie bei ihren Eltern: Papa erzählte immer wieder seine Anekdoten, und Mutter gab vor, sich köstlich darüber zu amüsieren.
Royce liebte es, Vorträge zu halten, und sie gab vor, sich brennend dafür zu interessieren.
Die Traditionen wurden gewahrt.
Ein Gefühl der Wärme durchflutete sie. Ihre Mutter wäre bestimmt stolz auf sie gewesen.
»Und deshalb, meine Liebe, halte ich es für eine gute Idee, wenn du mir im voraus sagst, welche Aufgaben du dir für den Tag vorgenommen hast«, schlug Royce gerade vor. »Das ist eine weitere Maßnahme, Ordnung in unseren Alltag zu bringen.«
»Willst du mir damit zu verstehen geben, daß ich dir jeden Morgen Bericht erstatten soll, was ich den ganzen Tag über zu tun gedenke?«
»Ja.«
Sie sah ihn aus geweiteten Augen an.»Aber damit läßt du uns gar keinen Spielraum für spontane Entschlüsse«, rief sie.
Er war augenscheinlich erstaunt. »Nein, natürlich nicht. Um Gottes willen, Nichola, hast du überhaupt ein Wort von dem gehört, was ich gesagt habe?«
Sie ahnte, daß er sich über das Thema »spontane Handlungen« bereits ausführlich ausgelassen hatte. »O doch«, versicherte sie schnell, um ihm zu beschwichtigen. »Ich habe heute eine Menge gelernt, ich wußte nur nicht genau, was du von ... Überraschungen hältst.«
Diese Ausrede klang selbst in ihren eigenen Ohren erbärmlich lahm, aber Royce wirkte zufrieden.
Nichola lächelte. »Bist du jetzt fertig? Es ist schon spät, und Clarise wollte mir ein Bad vorbereiten, ehe ich zu Bett gehe. Ich möchte nicht, daß das Wasser kalt wird.«
Er gestattete ihr, sich zurückzuziehen. Ihre Beine waren ganz steif, als sie die Halle durchquerte. Guter Gott, wie lange hatte sie eigentlich an diesem Tisch gesessen?
An der Tür drehte sie sich noch einmal um, um Royce eine gute Nacht zu wünschen, aber er war damit beschäftigt, die Schachfiguren auf dem Kaminsims aufzustellen. Sie wartete, bis er fertig war und rief dann: »Gute Nacht, Royce!«
Er bedachte sie mit einem intensiven Blick. »Du schläfst heute nacht bei mir.«
Sein harscher Ton ließ keinen Widerspruch zu, aber sie fürchtete sich nicht – er wollte sie ja nur wissen lassen, wie entschlossen er war.
Aber das war sie auch. Es würde höchste Zeit, die Ehe in jeder Beziehung zu besiegeln, und es machte bestimmt nichts, daß sie ein wenig Angst davor hatte. Sie war ganz sicher, daß Royce ihr nicht weh tun würde.
Die Dienerinnen hatten die hölzerne Wanne bereits in ihr Zimmer gestellt, und Nichola badete ausgiebig und rief sich währenddessen immer wieder ins Gedächtnis, daß ihr nichts Schlimmes geschehen würde – sie mußte lachen, als sie merkte, daß sie sich selbst zu überzeugen versuchte.
Clarise benahm sich wie eine besorgte Glucke, und erst als sie glaubte, daß Nichola genau begriffen hatte, was mit ihr geschehen würde, ließ sie das peinliche Thema fallen.
Nichola hatte Clarise verschwiegen, daß sie über diesen speziellen Aspekt der Ehe nur hie und da ein paar unzulängliche Informationen
Weitere Kostenlose Bücher