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Die Braut des Piraten

Die Braut des Piraten

Titel: Die Braut des Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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Gefühl wie die üblen Erinnerungen, die sich nicht mehr in ihr Kästchen einschließen ließen.
    Ihr Blick fiel auf das Schachbrett. In dem Bemühen, sich vom quälenden Ansturm der Gefühle abzulenken, vertiefte Olivia sich in das Problem, das ihr am Abend zuvor unlösbar erschienen war. Und wieder einmal wirkte die Geistesakrobatik beruhigend und brachte ihr Vergessen.
    »Na, schon gelöst?«
    Anthonys fröhlicher Ton ließ Olivia herumfahren. Ihr Herz fing wieder zu rasen an, und sie merkte gar nicht, dass sie ihn anstarrte, als wäre er ein Ungeheuer. Ihr Gesicht war kalkweiß, ihre Augen schwarze Höhlen.
    »Was ist denn?« Er ging auf sie zu. Sein Lächeln war verschwunden, seine Stimme hatte ihren gewohnten munteren und belustigten Ton verloren. »Ist etwas passiert?«
    »Nein«, sagte Olivia kopfschüttelnd. Sie hob die Hände, wie um ihn abzuwehren und zwang sich, sie wieder fallen zu lassen. »Ich hatte mich so sehr in das Problem vertieft«, lenkte sie ab. Sie drehte sich wieder zum Brett um, doch spürte sie ein Prickeln im Rücken, als er hinter sie trat.
    Er bückte sich und küsste ihren Nacken. Sie unterdrückte einen Aufschrei.
    »Olivia, was ist los?« Er legte seine Hände auf ihre Schultern, und sie erstarrte vor Abwehr und hielt den Blick reglos aufs Schachbrett gerichtet.
    Vielleicht würde er gehen, wenn sie sich nicht rührte und nichts sagte.
    Anthony blickte auf ihren gebeugten Kopf hinunter. Was konnte passiert sein? Er war mit ihr in den Armen erwacht, hatten ihren Körper gespürt, der sich an ihn schmiegte. Seine Erfüllung hätte nicht größer sein können, als er an die Wunder der Nacht dachte. Sie hatte fest geschlafen, als er sie widerstrebend verlassen hatte … vor drei Stunden …
    Was also war passiert? Er konnte ihren Widerwillen spüren, fühlte, wie sie mit Aufbietung ihrer ganzen Willenskraft versuchte, ihn auf Distanz zu halten.
    »Weißer Turm gegen Läufer auf drei. Schwarzer Bauer des Damenläufers gegen Springer auf drei«, sagte sie tonlos, ohne die Figuren zu verschieben.
    »Ja«, sagte er und gab sie frei. »Stimmt genau.« Als er sie losließ, war ihre Erleichterung spürbar, doch hob sie den Blick nicht vom Schachbrett.
    »Wie lange dauert es noch, bis wir zu Hause sind?«
    »Wir ankern nach Einbruch der Dunkelheit«, informierte er sie. Wieder hielt er ihre Schultern fest und wieder ließ er sie los. »Möchtest du glicht sagen, was los ist?«
    »Nichts ist«, behauptete Olivia und verschob die Schachfiguren wahllos, nach wie vor nicht im Stande, ihn anzusehen. »Glaubst du, dass meine Kleider dann fertig sein werden?«
    »Adam hat vor einer Weile die letzten Reparaturen erledigt. Das Frühstück hast du verschlafen, und nun möchte ich dir ankündigen, dass wir tatsächlich zu Mittag essen, falls wir nicht plötzlich anderweitig beschäftigt sind. Der Tisch wird auf dem Achterdeck gedeckt.«
    Die Worte waren freundlich und erinnerten sie an die Kaperung der
Dona Elena
… an das Hochgefühl … wozu es geführt hatte … wie hungrig sie gewesen war. Dennoch fehlte es ihrer Antwort an Wärme. »Danke.«
    Anthony wartete einen Moment, bis er sagte: »Du wirst also kommen?«
    »Ja … in einer Minute.«
    Wieder zögerte er, und das Schweigen dehnte sich, gespannt wie eine Lautensaite. Er verließ die Kabine und ging mit einer tiefen Furche auf der Stirn an Deck, von dem Gefühl erfüllt, sie irgendwie gekränkt zu haben. Doch er wusste nicht, womit.
    Sie waren so aufeinander eingestimmt gewesen, Körper und Seele, und jeder hatte den anderen ergänzt. Er hatte es gespürt und fühlte, dass auch sie so empfand – vom ersten Moment an. Und auf einmal war es, als wäre diese Verbindung abrupt gekappt worden.
    Bereute sie die Liebesnacht? Bereute sie, dass sie keine Jungfrau mehr war? Fürchtete sie diese Konsequenzen des Geschehens und gab ihm die Schuld? Es wäre keine ungewöhnliche Reaktion und doch hätte Anthony geschworen, dass Olivia nicht auf übliche Weise reagieren würde.
    Er erstieg das Achterdeck und stellte sich hinter Jethro, um zu den Segeln empor zu spähen und dann in die Ferne zum Buckel der Insel. Das Grün der Hügel, das gebrochene Weiß der Klippen waren schon schwach sichtbar. Er rief einen Befehl, und die Männer schwärmten in die Takelage aus, holten das große weiße Topsegel ein und machten es an den Rahen fest, als es heruntersank.
    Olivia beobachtete vom unteren Deck aus den Vorgang. Alles lief glatt ab, jede Bewegung war eingeübt. Es

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