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Die Braut des Piraten

Die Braut des Piraten

Titel: Die Braut des Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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erinnerte an das Erarbeiten der Lösung eines Schachproblems oder einer besonders befriedigenden mathematischen Formel.
    Der Tisch auf dem Achterdeck war gedeckt, und als sie die Leiter erklomm, verließ Anthony seinen Platz am Steuer und kam zu ihr. Seine Miene war ernst, das Licht in seinen Augen erloschen.
    Olivia setzte sich zu Tisch. In einer Schüssel lagen harte Eier, daneben warteten Brot und ein Tiegel Butter, Honig, rosiger Schinken, ein Krug Ale. Trotz ihrer inneren Qualen verspürte sie Hunger.
    Anthony ließ sich ihr gegenüber nieder. Er wandte sein Gesicht Sonne und Wind zu und schloss kurz die Augen.
    »Warum wurde das Segel eingeholt?« Sie versuchte einen ruhigen und interessierten Ton anzuschlagen, als gäbe es keinen Grund für Spannungen zwischen ihnen.
    »Das Topsegel ist das Erste, das man von Land aus sieht«, erklärte er sachlich. »Ich möchte keine Aufmerksamkeit auf unsere Ankunft lenken.« Er griff nach dem Krug und beugte sich vor, um seinen Humpen zu füllen. Dabei begegnete er ihrem Blick. Olivia wich der Frage in seinen Augen aus.
    Sie nahm ein hartes Ei und klopfte damit an den Tischrand, um die Schale aufzubrechen. »Möchtest du dich unbemerkt nähern, weil du ein Pirat bist oder weil Krieg ist?«, fragte sie.
    Anthony zog die Schultern hoch. »Beides oder keines.«
    »Aber du bist für den König«, bohrte sie weiter. »Du nanntest meinen Vater den Kerkermeister des Königs.«
    Er sah sie aus zusammengekniffenen Augen an. »Für diesen Krieg habe ich keine Zeit. Das Land ertrinkt seit nahezu sieben Jahren in Blut, Bruder gegen Bruder, Vater gegen Sohn. Und wofür? Wegen der widerstreitenden Interessen eines Königs und eines Cromwell.« Er stieß ein kurzes, bitteres Lachen aus. »Ich bin Pirat, Schmuggler, Söldner. Ich verdinge mein Schiff und meine Talente an den Höchstbietenden.«
    Sein Ton und die zynische Feststellung ließen sie bis ins Mark schaudern. Fast verzweifelte sie: »Wie soll ich nach Hause kommen?« Als sie das Ei schälte, bebten ihre Finger, sodass es ihr entglitt und über den Tisch rollte. Errötend griff sie danach.
    »Was ist?«, fragte er leise und sein Blick war wieder weich, die Bitterkeit aus seinen Zügen geschwunden.
    Olivia schüttelte nur den Kopf. Wie konnte sie von etwas sprechen, das sie in ihrem Inneren so lange unter Verschluss gehalten hatte? Und wie sollte sie zu dem Mann davon sprechen, der diese Widerwärtigkeit erneut in ihr Leben zurückgezwungen hatte, sodass sie ihr nun so deutlich vor Augen stand wie in jenem schrecklichen Jahr?
    »Wie soll ich nach Hause gelangen, wenn du keine Aufmerksamkeit erregen willst?«, wiederholte sie, und befreite das Ei vom letzten Stückchen Schale.
    Anthony schnitt Schinken auf. Kränkung kämpfte mit Zorn, und der Zorn gewann die Oberhand, da er sich vor dem Schmerz der Zurückweisung geschützt hatte, solange er denken konnte. Wenn sie es so haben wollte, würde er nicht um ihr Vertrauen kämpfen. Ihn nahmen wichtigere Dinge in Anspruch. Olivia Granville konnte in sein Leben treten und wieder gehen, ohne eine Spur zu hinterlassen. Dieses eine Mal hatte er sich halt geirrt. Seine Instinkte hatten ihn getrogen. Wie Adam gesagt hatte, gab es stets ein erstes Mal. Er würde die kleine Unschuld in ihr ruhiges, privilegiertes Leben zurückkehren lassen. Und er würde dafür sorgen, dass sie nicht unter unangenehmen Folgen zu leiden hatte.
    »Möchtest du eine Scheibe Schinken?«, fragte er kühl.
    »Danke.«
    Er legte ihr eine Scheibe auf den Teller und fuhr unverändert kühl fort: »Ein Mann meiner Besatzung, der auf der Insel Familie hat, begleitet dich an Land, wo man dich finden und nach Hause bringen wird. Die Geschichte, die du erzählen wirst, kommt der Wahrheit sehr nahe. Du bist ausgeglitten und bis zum Fuß des Kliffs abgestürzt. Der Farmer Jake Barker fand dich und brachte dich in sein Haus, wo man dich pflegte. Mistress Barker hat Erfahrung in Krankenpflege, da sie mehr Kinder hat, als ich je zählen konnte.«
    In seinen Augen blitzte kurz ein Lächeln auf, das sofort wieder verschwand, als er in demselben üblen Ton fortfuhr: »Du wirst sagen, dass du einige Tage lang vergessen hattest, wer du bist. Als du wieder zur Besinnung kamst, brachte man dich sofort nach Hause. Du wirst den Barkers für ihre Fürsorge und Aufmerksamkeit gebührend Dankbarkeit erweisen und dafür sorgen, dass Lord Granville sie belohnt.«
    Das hörte sich an, als wolle er sie belehren, weil er ihr nicht zutraute,

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