Die Braut des Ritters
bemerkt.“
„Doch, deine Mutter hat euch gesehen. Du weißt ja, dass sie Augen im Rücken hat, wenn es um ihre Söhne geht.“ Er hatte den letzten Satz kaum ausgesprochen, als sich seine Miene schmerzlich verzog.
Paen spürte, wie ihn das Schuldgefühl übermannte, wie stets, wenn er an seinen toten Bruder dachte. Er fühlte sich schuldig, weil er ihn nicht hatte retten können - weil er derjenige war, der überlebt hatte. Er schwieg lange, bis sein Vater sich räusperte und das Gespräch von Adams Tod weglenkte. „Also? War sie es?“
„War wer was?“, fragte Paen verwirrt.
„War die kleine Avelyn unversehrt?“
„ Oh, aye. “ Paen seufzte schwer. „ Sie stand bis zum Hals im Wasser und hat fröhlich geplanscht.“
Sein Vater lachte über den bekümmerten Ton. Die Gemahlin bis zum Hals im Wasser zu sehen war kaum das gewesen, was Paen sich erhofft hatte. „Vielleicht solltest du noch einmal nachschauen. Es ist verdächtig ruhig da drüben.“
Paen zögerte, kniete sich auf den Findling und bog erneut die Zweige beiseite, um hindurchzulugen. Als er seine Frau reglos und blass auf dem Wasser treiben sah, fluchte er.
„Was ist?“, fragte sein Vater, als er das Entsetzen in der Miene seines Sohns sah, doch Paen war schon aufgesprungen und eilte seiner Gemahlin zur Hilfe.
7. Kapitel
Zuerst war das Wasser kalt gewesen, doch Avelyn hatte sich rasch daran gewöhnt. Sie war stets gern geschwommen. Als Warin und sie noch Kinder waren, hatten ihre Eltern oft mit ihnen Ausflüge zum Fluss unternommen. Avelyn hatte sich stets darauf gefreut, bis Tante Isidore mit ihren Kindern aufgetaucht war. Selbstverständlich waren auch Isidores Kinder künftig mit an den Fluss genommen worden. Sie hatten Avelyn die Ausflüge dadurch vergällt, dass sie immerfort stichelten, sie sehe aus wie ein Wal - natürlich nur außer Hörweite der Erwachsenen. Das Schwimmen hatte Avelyn ständig weniger Spaß gemacht, bis sie es ganz gelassen hatte. Zumindest hatte sie es nicht verlernt. Nachdem sie ein wenig umhergeschwommen war, ließ sie sich nun glücklich auf dem Wasser treiben, völlig entspannt in dem Wissen, dass Paen ihr etwaige Störenfriede vom Hals halten werde.
Der Gedanke war kaum verhallt, als jemand sie jäh unter den Armen packte und aus dem Wasser riss. Fast hätte Avelyn aufgeschrien, doch als sie hinabblickte, sah sie zwei bandagierte Stumpen unter ihren Achseln hervorragen, die nur zu Paen gehören konnten. Flink schwang er sie herum und presste sie an seine breite Brust. Fassungslos hörte sie ihren Gemahl recht zusammenhanglos über Ertrinken und irgendwelche Teufel lamentieren, als er sie aus dem Wasser trug.
Avelyn wurde nicht schlau daraus. War etwa seine Mutter oder sein Vater ein Stück den Fluss hinauf ertrunken, während sie hier gebadet hatte? Waren sie von besagten Teufeln angegriffen und gemeuchelt worden, während Avelyn sich selbstvergessen hatte treiben lassen?
Grauen befiel sie beim Gedanken, ihren gutherzigen Schwiegereltern könne etwas widerfahren sein. Reglos lag sie an der Brust ihres Gemahls, als dieser mit ihr aus dem Wasser hechtete und durchs Unterholz brach. Wie angespannt er war, spürte sie an seinen Armen. Paen war von Entsetzen gepackt, und da er ihr nicht wie jemand vorkam, der leicht den Kopf verlor, wusste sie, dass etwas Schlimmes geschehen sein musste.
Der Umstand, dass er nicht einmal haltgemacht hatte, damit sie ihr Kleid aufklauben konnte, verwies ebenfalls auf den Ernst der Lage. Das hieß wohl, dass sie angegriffen wurden, denn wenn ihm Vater oder Mutter ertrunken wären, würde er wohl kaum mit seiner ausladenden, schweren und zudem nackten Frau durch den Wald hasten.
Avelyn hätte fragen können, aber seit er sie aus dem Wasser gezogen hatte, war er verstummt. Sie mutmaßte, dass er im Falle eines Angriffs gewiss verbergen wollte, wo sie sich befanden. Zudem wollte sie ihm nicht dadurch die Puste rauben, dass sie ihn beim Laufen zum Reden anhielt, und ließ sich daher wortlos tragen.
Als sie das Lager erreichten, schämte Avelyn sich ihrer Nacktheit. Sie sah, wie die Männer Paen und seiner entblößten Last erstaunt nachstarrten. Offenbar hatten sie keine Ahnung, was da vor sich ging. Als Paen endlich langsamer wurde, entschloss sich Avelyn doch zu fragen, was diesen Aufruhr ausgelöst hatte. Aber ehe sie dazu kam, wurde sie quer über einen Pferderücken geworfen, was ihr alle Luft aus der Brust presste. Kaum einen Herzschlag später saß ihr Gemahl im
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