Die Braut des Ritters
fragte Avelyn verdutzt. „Aber wie sollen wir uns dann reinigen?“
„Gar nicht“, beschied er freiheraus. „Wenn alles nach Plan verläuft, erreichen wir heute Abend Hargrove und können uns dort waschen.“
„Oh.“ Sie runzelte die Stirn. Auf das staubige, sandige Gefühl, das eine Reise mit sich brachte, hätte sie gern verzichtet. Sie hatte sich auf ein Bad im Fluss gefreut. Nach dem gestrigen Debakel mochte es allerdings wirklich besser sein, sich mit dem Baden bis Hargrove zu gedulden.
Seufzend wandte sich Avelyn ab, um zum Zelt zu gehen. Doch ihr Gemahl hielt sie zurück, indem er ihr eine Hand auf die Schulter legte.
„Frau?“
„Aye?“, fragte sie wachsam und drehte sich um.
„Wann immer Ihr Euren Drachen leer... äh ... den Abtritt auf suchen müsst“, verbesserte er sich hastig, „sagt mir einfach Bescheid. Ich kann schließlich nicht Eure Gedanken lesen.“
„Oh.“ Avelyn blinzelte, als sie begriff. Er konnte nicht ihre Gedanken lesen. Natürlich konnte er das nicht. Aber irgendwie hatte sie erwartet, dass er schon wissen würde, wann sie sich erleichtern musste - während er seinerseits davon ausgegangen war, dass sie sich melden werde, wenn es nötig würde. Seufzend nickte sie. „Aye, Mylord.“
Paen erwiderte ihr Nicken und war offenbar zufrieden. Eine Spur widerstrebend wandte er sich seinem Vater zu. „Ich werde mich ein wenig im Wald umsehen.“
Avelyn wunderte sich noch über seinen leicht gepressten Tonfall, als sein Vater auf gleiche Weise erwiderte: „Ich werde dich begleiten, mein Sohn.“
Sie blickte ihnen nach, schüttelte verwirrt den Kopf und ging zum Zelt, um zu packen. Ihr Gemahl würde aufbrechen wollen, sobald alle etwas zu sich genommen hatten, und zudem würde die Beschäftigung sie wach halten. Sie spürte bereits, wie die Müdigkeit sie übermannte. Ihr stand ein langer Tag bevor. Doch wenn sie sich wieder so angeregt mit ihrem Gemahl unterhielt, würde der Ritt weniger eintönig werden. Womöglich würde sie so wach bleiben.
10. Kapitel
Mylady.“
Avelyn sah auf und lächelte dem schmalen, dunkelhaarigen Jungen entgegen, der quer durchs Lager auf sie zugelaufen kam. David Hargrove, Paens neuer Knappe, war erst zehn Jahre alt, jedoch groß für sein Alter. Zudem war er gertenschlank und hatte ein engelsgleiches Gesicht. Wenn er älter war, würde er Herzen brechen.
In seiner Hast stolperte David über einen Stein und schlug der Länge nach hin. Avelyn musste sich zwingen, nicht aufzuspringen und zu ihm zu eilen, um nachzusehen, ob er unversehrt war. Paen beobachtete sie von der anderen Seite des Lagers aus und schüttelte über die Unbeholfenheit des Kindes den Kopf. Avelyn wusste, er würde es nicht gutheißen, wenn sie zu David lief. Das hatte sie gestern gelernt, nachdem sie in Hargrove eingetroffen waren, um den Knaben einzusammeln, und dieser die Treppe hinuntergepurzelt und zu ihren Füßen gelandet war. Avelyn hatte zu ihm hasten und ihm aufhelfen wollen, aber Paen hatte sie mit seinem Arm zurückgehalten und nur den Kopf geschüttelt, als sie ihn fragend angeschaut hatte.
Wie gestern, kam David auch jetzt wieder blitzgeschwind auf die Beine und setzte seinen Weg fort, als sei nichts geschehen. Als er vor ihr anhielt, grinste er schon wieder breit.
„Seine Lordschaft lässt Euch ausrichten, dass Ihr das Zelt für die Nacht einrichten könnt, Mylady. Die Männer haben es aufgebaut, und die Truhen und Felle sind inzwischen auch hineingeschafft worden.“
„Danke, David“, murmelte Avelyn. Sein Grinsen war unwiderstehlich.
David nickte, drehte sich um und wollte in diesem Moment zurück zu Paen rennen, als er noch einmal innehielt und zu Avelyn herum wirbelte, die sich gerade erhob. „Oh, und er sagte weiterhin, er werde Euch zum Fluss bringen, damit Ihr Euch waschen könnt, sobald er fertig ist mit der Beaufsichtigung von ... ähm ... sobald er fertig ist, jedenfalls“, schloss er. Den genauen Wortlaut seines Herrn hatte er offenbar vergessen.
„Danke, David“, wiederholte Avelyn.
Der Junge nickte, wandte sich ab und schaffte es ohne zu stolpern zurück zu Paen.
Kopfschüttelnd machte sich Avelyn auf zum Zelt. David war überschwänglich, fröhlich und so tollpatschig, wie man es in diesem Alter nur sein konnte, doch Avelyn mutmaßte, dass Letzteres vor allem seiner Unsicherheit zu verdanken war. Wenn er sich erst einmal eingelebt hätte, würde gewiss auch seine Unbeholfenheit verschwinden.
Im Zelt gab es nicht viel zu tun. Die
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