Die Braut des Ritters
ihres Kleids links und rechts, raffte ihn bis über die Hüften und hockte sich hin, nur um kreischend gleich wieder hochzufahren und sich den Po zu reiben. Brennnesseln - wie typisch für sie, sich genau in diese hineinzusetzen.
Mit schmerzverzerrter Miene ging sie ein Stück weiter. Behutsam tastete sie die Stelle ab, um sich zu vergewissern, dass es hier keine Nesseln gab - und wiederholte die Prozedur. Dieses Mal gelang es ihr ohne Zwischenfall.
Endlich befreit, da sie die Sache hinter sich gebracht hatte, wollte sie sich anschicken, zum Zelt zurückzukehren. Jäh hielt sie jedoch inne. Sie hatte den Becher vergessen. Während sie die Finsternis um sich her zu durchdringen versuchte, erwog sie, ihn morgen früh zu holen, fürchtete aber, die Stelle dann nicht mehr wiederzufin-den. Darüber hinaus würde Diamanda das Gefäß für den Abwasch haben wollen. Wie sollte Avelyn ihr erklären, dass sie es verloren hatte? Diamanda würde sofort wissen, dass sie den Eintopf nicht gegessen hatte, und wäre gekränkt.
Sie seufzte resigniert und bewegte sich zu dem Flecken, an dem sie den Becher, wie sie meinte, abgesetzt hatte. Sie kniete sich hin und tastete umher. Natürlich fand sie zunächst den Eintopf. Sie fluchte verhalten, wischte sich die Hände am Gras ab, setzte ihre Suche fort und griff prompt in die Nesseln.
Nicht meine Nacht, dachte sie gereizt, während sie sich die schmerzenden Fingerkuppen rieb und es noch einmal versuchte. Endlich hatte sie Glück und fand den Becher, ohne ein weiteres Mal zu scheitern. Erleichtert stand sie auf.
Da, das ist doch gar nicht so schlimm gewesen, sagte sie sich auf dem Rückweg zum Zelt, war aber selbst nicht überzeugt. Hinter dem Zelt verharrte sie und spähte um die Ecke, um sicherzustellen, dass niemand sie sah, ehe sie zum Eingang eilte und mit einem dankbaren Seufzer hindurchhuschte.
Avelyn stellte den Becher neben dem Lager aus Fellen ab, nahm ihre Näharbeit auf und zuckte zusammen, als ihre Finger schmerzhaft zu prickeln begannen. Sie fasste das Nähzeug mit der anderen Hand. Als sie sich setzte, wurde sie daran erinnert, dass sie sich nicht nur die Finger an den Nesseln verbrannt hatte.
Keuchend fuhr sie hoch, ließ das Nähzeug fallen, kniete sich hin und hob den Saum ihres Gewands, um zu sehen, wie viel Schaden die Brennnesseln angerichtet hatten. Doch wie sie sich auch drehte und wendete, erhaschte sie kaum einen Blick auf ihren Allerwertesten. Als sie sich mit der unversehrten Hand über die Haut fuhr, spürte sie Quaddeln.
Bedrückt seufzend ließ sie den Rock wieder los. Wie es aussah, tat ihr Gemahl gut daran, sie nirgends allein hingehen zu lassen. Rechte Hand und Hinterteil zwiebelten von den Nesseln, und offenbar hatte sie sich zudem noch in den Eintopf gekniet. Sie zupfte sich ein Stück Fleisch vom Kleid, ließ den Brocken in den Becher fallen, räumte ihr Nähzeug fort und legte sich auf die Seite. Es würde eine Weile dauern, ehe die Reizung abklang. Nähen war fürs Erste ausgeschlossen.
Das war vielleicht nicht das Schlechteste, denn in dieser Nacht wollte sie ja ohnehin schlafen. So würde sie eben mehr Schlaf bekommen als geplant. Trotzdem quälte sie der Gedanke daran, wie ungeschickt sie auf einmal war.
„Nun?“, wollte Paen wissen, als Diamanda aus dem Zelt kam.
„Sie schläft“, antwortete das Mädchen entschuldigend. „Ich war mir nicht sicher... Soll ich sie wecken oder ...?“
„Nay.“ Paen seufzte. Er hatte Diamanda gebeten, Avelyn zu fragen, ob sie nicht zu ihnen ans Lagerfeuer kommen wolle, sofern sie sich besser fühle, doch das hatte sich damit wohl erübrigt. Kopfschüttelnd schob er mit der Stiefelspitze ein Holzscheit tiefer in die Flammen.
„Hat sie etwas gegessen?“, hörte er seine Mutter fragen. Als er aufsah, hielt Diamanda gerade den Becher hoch, den sie aus dem Zelt mitgebracht hatte.
„Aye, alles bis auf ein Bröckchen Fleisch.“
„Also, ich bin mir sicher, sie ist nur ein wenig müde von der Reise“, sagte Paens Mutter.
Paen brummte missmutig. „Sie hat den gesamten heutigen Ritt verschlafen, und nun schläft sie schon wieder“, hielt er ihr unwirsch entgegen. „Ich denke, sie ist krank. “
„Ich denke, es geht ihr gut, Paen“, widersprach seine Mutter. Aber ihm machte sie nichts vor. In ihrer Miene spiegelte sich Sorge. Er ließ die Angelegenheit ruhen -zumindest nach außen hin, denn gegen seine Gedanken konnte er nichts ausrichten. Wieso hatte er ausgerechnet die gebrechlichste aller
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