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Die Braut des Silberfinders - historischer Roman

Die Braut des Silberfinders - historischer Roman

Titel: Die Braut des Silberfinders - historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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er Osman an, verängstigt und fragend zugleich.
    Sie waren genauso weit wie zuvor,
allerdings wurde die Zeit, die ihnen noch blieb, zusehends knapper.
    »So wird das nichts!«, kam es von oben, »je
weiter ich drehe, desto mehr gefüllte Eimer hängen an der Kette. Irgendwann
wird es zu schwer, selbst für mich.«
    Osman dankte seinem Gott, dass er am Gürtel
immer ein Messer bei sich trug. Die Eimer waren mit Hanfflechten an der Kette
befestigt, die sollte das Messer durchtrennen können.
    »Ich schneid sie ab, sobald sie ins Wasser
tauchen. Dreh du nur wieder, diesmal wird’s leichter!«
    Nun ging es erneut
für Leonhardt nach oben und während er Stück für Stück aus der Grube gehoben
wurde, schnitt Osman fleißig durchs Hanf, bis nach und nach immer mehr Eimer
auf dem Wasser schwammen. Irgendwann hörte Osman, dass er an der Reihe sei.
Sein Blick folgte der Kette nach oben. Er erstarrte. »Und wer soll jetzt die
Eimer abschneiden?«, rief er mit zittriger Stimme.
    »Ich drehe das Rad anders herum, dann wird
es gehen! Los jetzt!«
    Trotz der angebrachten Erleichterung
ärgerte sich Osman über seine eigene Dummheit. Durch die Richtungsänderung
wurde nun der Teil durchs Wasser gezogen, von dem er bereits die Eimer
abgetrennt hatte. Er klammerte sich an die Kette, wie es eben noch Leonhardt
getan hatte, dann wurde endlich auch er nach oben gezogen.
    Das laute Rumpeln drang immer deutlicher zu
ihm durch – und es wirkte zunehmend bedrohlicher, denn allmählich tauchte wie
ein Ungeheuer aus dem Dunkeln das Holzrad über ihm auf, hausgroß und nach Moder
stinkend.
    Langsam, aber gleichmäßig drehte es sich,
und Osman dankte seinem Schicksal, dass Robert und nicht er dort oben stand,
denn er hätte das Pumpenrad gewiss nicht bewegen können.
    Endlich drang das matte Licht der
Pechfackeln zu ihm durch und der Rand der Grube zog an ihm vorüber. Er schaute
hinüber zu Robert, der weiterhin das Rad drehte. Jede Sehne seines Körpers
schien zum Zerreißen gespannt. Osman folgte Roberts Blick nach oben zum
Schacht, aus dem er und Leonhardt vor einer Ewigkeit heruntergestürzt waren.
Dort sah er Leonhard, der ihm bedeutete, sich ebenso zum Schacht hinaufziehen
zu lassen. Und so folgte Osman dem Weg, den sonst das Grubenwasser nahm, bis er
den Fuß auf den Grund des Abflussstollens setzte und die Kette losließ. Im
selben Moment sackte Robert am Rad in sich zusammen.
    Doch wie nur, fragte sich Osman, sollte nun
Robert zu ihnen hinauf? Schließlich war niemand da, der das Rad hätte drehen
können.
    Robert schien Osmans Bedenken zu erraten.
»Ich klettere den Schacht nach oben, den auch die Pumpenarbeiter nehmen«, rief
er matt und wies auf das Loch, in dem sonst die Antriebsriemen liefen. »Geht
schon endlich!«
    Das musste Robert nicht zweimal sagen. Für
seinen Freund konnte Osman nichts machen, also überlegte er nicht lang und lief
los, gemeinsam mit Leonhardt, auf zum Mundstollen, den Abfluss des Stollens in
die Abzucht. Über tausend Schritte waren es bis dahin – auf dem glitschigen
Untergrund, noch dazu bei Gefälle, hatten sie also eine ordentliche Strecke
Weges vor sich. Dass der Stollen wegen der vielen Zuflüsse und der nach draußen
führenden Gänge wie dem Mundstollen und der Belüftungsschächte wie ein Kamin
wirkte, der die giftigen Dämpfe der Feuersetzer förmlich anzog, machte ihnen
zusätzlich Beine.
    Osman hielt erst ein, als ihm von vorn der
charakteristische Geruch verbrannter Holzkohle entgegenschlug. Er blickte sich
um. Der Pumpenraum, immer noch beleuchtet durch die Pechfackeln, schimmerte
nunmehr wie ein Glühwürmchen hinter ihnen, winzig klein und elendig weit
entfernt. Dorthin zurückzulaufen, wäre reiner Selbstmord.
    Doch mitten hinein ins giftige Gas?
    Osman war ratlos, da sah er einige Fuß
entfernt einen Kanal zu einem der unzähligen Stollengänge. Anscheinend blieb es
ihm nicht erspart, sich erneut, nun mit dem Gift im Nacken, seiner Angst zu
stellen.
     
    *
     
    Robert indessen lag mit seinem zerschundenen, nackten Oberkörper
auf dem kalten Felsengrund des Pumpengewölbes und starrte nach oben, hinein in
das schwarze Loch, durch das üblicherweise die Pumpe über ein Hanfseil mit dem
überirdischen Ochsenantrieb verbunden war. Offenbar diente der Durchstoß den
Arbeitern außerdem als Zugang in das Gewölbe, denn dort stand eine Leiter an.
    Er spürte jeden Muskel, wie immer, wenn er
Osman oder sich selbst mit einem Kraftakt aus einer lebensbedrohlichen
Situation befreien musste.

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