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Die Braut des Silberfinders - historischer Roman

Die Braut des Silberfinders - historischer Roman

Titel: Die Braut des Silberfinders - historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Am liebsten wäre er einfach nur liegen geblieben,
doch ebenso rasch wie sonst war er kurz darauf wieder auf den Beinen.
    Er schaute die Leiter hinauf. Ein Ende war
nicht abzusehen, sie führte senkrecht nach oben, bis ihre Sprossen vom Dunkel
des Loches verschluckt wurden. Ein langer, anstrengender Weg für jemanden, der
soeben bis an die Grenzen seiner Kräfte und sogar ein wenig darüber hinaus
gegangen war. Immerhin, tröstete er sich, stecken bleiben würde er nicht mehr,
dazu war das Loch viel zu breit. Und so bestieg er eine Sprosse nach der
anderen, mit Ruhe und Bedacht, schließlich wollte er nicht abrutschen und
stürzen.
    Wie leicht es doch Osman und der Prospektor
hatten mit ihrem schnurgeraden Weg zur Abzucht hin, dachte er.
     
    *
     
    Bedrohlich waberte ihnen der Rauch der Feuersetzer entgegen. Wenn
er so giftig war, wie man sagte, dann konnten sie unmöglich weiter geradeaus
hinablaufen, sondern mussten den nächstbesten Abzweig zu einem anderen Stollen
nehmen.
    Osman trat vor ein dunkles Loch zur Rechten
und hielt seinen Kopf hinein. Im Nu zog er ihn wieder heraus.
    »Der Qualm kommt aus diesem Kanal, schnell
weiter!«, rief er Leonhardt zu, bevor er mit angehaltenem Atem durch die
Rauchwolke lief, die zwischen ihnen und dem Mundstollen lag. Er rannte,
stolperte und fiel, stand sofort wieder auf und strauchelte erneut. Nun nahm er
keinerlei Rücksicht mehr auf seinen Begleiter – nur raus hier, so rasch wie
möglich und am besten, so lange er noch den Atem anhalten konnte.
    Vereinzelt trafen sie auf kleinere
Qualmwolken, die bevorzugt an den Ablassstollen zu den anderen Minen hingen,
bis sie endlich ein Gewässer rauschen hörten. Einen Wimpernschlag später
sprangen beide in die kalte, graue Brühe der Abzucht.
    Und erneut schloss sich das Wasser über
ihnen, doch gottlob tauchten sie rasch wieder auf, da es hier keine fünf Fuß
Tiefe hatte. Klitschnass und durchgefroren schleppten sich die beiden ans Ufer.
    Wie leicht es doch Robert hatte mit seiner
Leiter, dachte Osman ein wenig neidisch, schließlich musste er nur nach oben
steigen. Und nass wird er dabei sicherlich auch nicht geworden sein.
     
    *
     
    Mühsam zog sich Robert über den Rand des Stollenzugangs zum
Pumpengewölbe. Endlich unter freiem Himmel stolperte er noch einige Schritte
weiter, weg vom Loch, aus dem die giftigen Gase der Feuersetzer kommen könnten,
und sank völlig entkräftet zu Boden. Er zitterte am ganzen Leib, das Drehen des
riesigen Holzrades und die vielen hundert Sprossen der Leiter auf dem Weg ins
Freie hatten ihn über alle Maßen beansprucht.
    Schwer atmend betete er, dass Osman und
Leonhardt heil herausgekommen sein mögen, schließlich mussten sie an all den
Zuflüssen der anderen Minen vorbei. Ein Wunder, wenn sie dabei nicht auch in
den Qualm der Feuersetzer geraten wären.
    Nach einigen Momenten
des Verschnaufens erhob sich Robert stöhnend wie ein Greis und versuchte, sich
zu orientieren. Er stand oben auf dem Rammelsberg inmitten eines Göpelwerks,
rings um ihn herum ein ausgetretener, kreisrunder Trampelpfad, auf dem die
Ochsen tagein tagaus ihre Runden drehten. Eine halbe Meile weiter unten
brannten die Lichter des Bergdorfes, und die gleiche Strecke dahinter die der
Stadt. Unübersehbar gleich am Bergdorf angrenzend erstrahlte im hellen Glanz
die Ostfassade der Kaiserpfalz. Ungefähr diese Richtung musste er einschlagen,
wenn er zum Mundstollen wollte.
    Es wurde ein langer, einsamer Gang für
Robert. Bisweilen plagten ihn Selbstvorwürfe, die beiden den Abflussstollen
hinuntergeschickt zu haben, doch als er am Pumpenrad gestanden hatte und vor
Anstrengung kaum noch einen klaren Gedanken fassen konnte, hielt er diesen
Fluchtweg für den einzig richtigen. Den Aufstieg hinter seinem Rücken hatte er
völlig vergessen.
    Der Handlanger eines Feuersetzers kam ihm
entgegen, träge eine Karre Holzkohle vor sich herschiebend. Bevor ihn Robert
nach dem Weg zum Mundstollen fragen konnte, hatte dieser bereits Reißaus
genommen. Robert schaute an sich herunter und konnte es dem Mann nicht einmal
übel nehmen. Bis auf die zerfetzte Hose war er unbekleidet und sein Oberkörper
über und über mit Schürf- und Schnittwunden versehen. Hinzu kam sein
Riesenwuchs, der nachts besonders beängstigend wirken mochte. Er sah aus wie
ein Ungeheuer aus jenen Ammenmärchen, die überall umgingen. Vermutlich würden
morgen die verrücktesten Gruselgeschichten über diese nächtliche Begegnung
kursieren, lächelte er still in sich

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