Die Braut des Silberfinders - historischer Roman
erreichen,
offenbar durch das Blut auf den Geschmack gekommen. Viel hatte eben nicht mehr
gefehlt.
Leonhardt starrte die Ratte an wie das
Kaninchen die Schlange. Die Augen des Nagers glühten roter als die Flammen des
Fegefeuers. Und wieder setzte der kleine Teufel zum Sprung an. Würde er es
schaffen, sich in seinen Fuß zu verbeißen?
Und während die Ratte erneut zum Sprung
ansetzte, schrie Leonhardt, so laut und verzweifelt, wie er noch nie zuvor in
seinem Leben geschrien hatte.
Alte Bekannte
»Ihr kennt Euch?«
»Flüchtig – besonders, was sie betrifft!«
Alfred guckte irritiert, er wusste beim
besten Willen nicht, was er von Roberts letzter Äußerung halten sollte. Das
Mädchen tat so, als habe es nichts gehört.
»Und wenn ich schon meinen Mann nicht mit
nach Hause nehmen kann, wie schaut’s dann mit seinen Angestellten aus?«
»Das haben wir nicht zu entscheiden!«
Geziert strich sich die Rothaarige die
Locken aus dem Haar, dann fragte sie in die Runde, wer hier das Sagen habe.
»Hauptmann Dörrkamp, er sitzt gleich
nebenan.« Ein kurzes Nicken und schon setzte sie sich in Bewegung. »Aber Ihr
könnt nicht einfach hinein …«, versuchte Alfred, sie aufzuhalten, genauso gut hätte
er in den Wind schreien können.
»Bei Gott, die nächsten Wochen haben wir
Stalldienst!« Die Männer der Stadtwache waren entsetzt. Doch nichts geschah,
kein Geschrei und Gepolter war von nebenan zu hören – sollte sie den Hauptmann
etwa kurzerhand gemeuchelt haben? Zuzutrauen war es ihr, so burschikos wie sie
daherkam.
»Das ist das Weib des Prospektors?« Robert
verstand die Welt nicht mehr. Vor gerade einmal einem Monat, damals im
Krugschenk, wirkte sie noch alles andere als gebunden.
»Wenn sie’s so sagt, wird’s wohl so sein!
Doch lang ist sie’s bestimmt noch nicht, vor Kurzem erst bin ich mit Leonhardt
durch die Straßen gezogen, da hat er keinem Weiberrock widerstehen können«,
sagte Helmuth und machte obszöne Gesten. »Und plötzlich«, fuhr er fort und wirkte
fast ein wenig traurig dabei, »gerade mal einen Monat mag’s her sein, hatte er
keinen Spaß mehr an andren Frauen, nur noch an der einen. Scheint, als habe sie
ihm den Zahn gezogen, was für ein Jammer!« Helmuth verstummte und alle anderen
begannen zu lauschen.
Was zum Teufel ging nur vor sich, fragte
sich Alfred, dort, im Allerheiligsten des Allerheiligsten. Sollte er nach dem
Rechten schauen? Doch was, wenn er seinen Hauptmann in einer heiklen Situation
anträfe?
»Herr Hauptmann,
alles in Ordnung mit Euch?«, fragte er schließlich durch die geschlossene Tür
hindurch.
»Natürlich, was soll sein?« Die Tür flog
auf und der Hauptmann kam heraus, die Rothaarige neben sich. Sie überragte ihn
fast um einen Kopf. Alfred schaute verlegen auf seine Füße, er war rot angelaufen.
»Ihr seid vorläufig frei!«, wandte sich
Dörrkamp nun an Robert und Osman. »Doch bleibt bis auf Weiteres in der Stadt.
Solltet ihr ein Stadttor passieren wollen, werfe ich Euch eigenhändig in den
Kerker. Jungfer Adara bürgt mit ihrem guten Namen und nicht zuletzt mit einem
Batzen Geld für Euch, also dankt es ihr nicht mit einer heimtückischen Flucht.«
Robert erhob sich und Dörrkamp zuckte
unwillkürlich zusammen. Offenbar hatte er ihn noch nicht aufrecht stehend
gesehen.
Versuch du mal, mich eigenhändig in den
Kerker zu werfen, dachte Robert, sagte aber nichts. Er nickte brav dem
Hauptmann und seinen Männern zu und ging zur Tür, Osman und die Rothaarige
folgten ihm.
*
»Du bürgst also mit deinem guten Namen!«, stellte Robert fest und
gab sich Mühe, dabei möglichst gehässig zu klingen.
»Undankbarer Depp!«
»Fragt sich nur, was du dem Hauptmann noch
geboten hast, außer deinem guten Namen und einem Batzen Geld, der vermutlich eh
der unsere ist. Offensichtlich bist du bei allem, was du anstellst, immer mit
Leib und Seele dabei. Lang genug warst du ja nebenan, um dem Einfaltspinsel die
Nüsse zu kraulen!«
Die auf dem Fuße folgende Ohrfeige trug
nicht dazu bei, Roberts Gemüt zu beruhigen. Nicht nur seine Wange war nun
knallrot, der ganze Kopf glühte förmlich. Mit zitternden Fingern rieb er sich
sein Kinn, augenscheinlich kurz davor zurückzuschlagen.
Osman ging dazwischen. Nicht der Frau
zuliebe, auch er hegte alles andere als freundschaftliche Gefühle ihr
gegenüber, sondern einzig und allein aus Berechnung. Sie war der einzige Mensch
in dieser Stadt, der zu ihnen hielt – warum wusste allerdings allein Allah.
»Reiz
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