Die Braut des Silberfinders - historischer Roman
Freund betrachtete, es immer gut mit ihm und Osman meinte und sie beide stets
gut behandelt hatte. »Was für ein elendiges Dilemma!«
Beide wandten sich ihm
zu, offenbar hatte er den letzten Satz laut ausgesprochen.
»Weiß Gott, ein
fürchterliches Dilemma!«, pflichtete ihm Adara bei. »Der Grubenbesitzer kann
bei einem Betrug wie dem Salzen einer Mine noch mit dem Leben davonkommen, bei
einem Prospektor jedoch machen sie kurzen Prozess, so steht er mit dem Leben
für seine Aufrichtigkeit ein. Leonhardt wusste das, nie hätte er sich zu solch
einer Torheit hinreißen lassen, warum auch? Sein Anteil an der Mine genügte,
uns beide zu ernähren, und seine Dienste als Prospektor begannen einträglich zu
werden. Was soll ich nur machen ohne ihn?« Adara fing an zu schluchzen.
»Das soll nicht unsre
Sorge sein – komm, Robert, wir haben hier nichts mehr verloren!«, unternahm
Osman den zwecklosen Versuch, Schlimmeres zu verhindern. Er ahnte schon, was
nun folgen sollte.
»Wenn ihr mir nicht
helfen wollt, so tut’s zumindest Leonhardt zuliebe. In höchsten Tönen schwärmte
er von euch und nicht nur einmal wähnte er sich eurer Freundschaft sicher.«
Robert und Osman schauten sich ratlos an.
Konnten sie den jungen Prospektor, der ihnen zu einem Freund geworden war,
einfach im Stich lassen? Und selbst wenn sie sich unnachgiebig zeigten, was
sollten sie schon anfangen in dieser Stadt, die sie nicht verlassen durften,
solange der Vorwurf der Mittäterschaft nicht widerlegt wäre? Wer würde sie von
der Schuld reinwaschen? Der Hauptmann bestimmt nicht!
Geschichte wiederholt sich, wieder waren
sie in einer Stadt gefangen, doch diesmal wurden sie zumindest nicht gejagt –
noch nicht.
Robert fand als erster seine Sprache
wieder, hatte er immerhin einen weiteren, nicht zu unterschätzenden Ansporn,
ihr zur Seite zu stehen. »Selbst wenn wir dir helfen wollen, weiß ich nicht so
recht, wie wir’s anfangen sollen. Wir kennen niemanden in dieser Stadt und
haben keinerlei Befugnisse, ganz im Gegenteil, wir werden ja selbst
verdächtigt.«
»Leonhardt hat mir berichtet, was ihr in
Hildesheim zuwege gebracht habt. Wer sonst, wenn nicht ihr, könnte seine
Unschuld beweisen? Der Hauptmann gewiss nicht, er ist nur ein verfressener
Tölpel, der allein seiner Geburt als einziger Filius des Vogtes seine Stellung
verdankt.« Ihre Stimme wurde brüchig. Mit Tränen in den Augen flehte sie die
beiden an: »Versucht es doch zumindest, ich allein kann gar nichts ausrichten.
Es soll auch euer Schaden nicht sein. Wie ihr wisst, hat Leonhardt Geld. Er
gibt euch eures wieder und noch einen ordentlichen Batzen obendrauf. Na los,
schlagt schon ein!«
»Keine Lügen mehr?«, übersah Robert
geflissentlich die dargereichte Hand und starrte Adara stattdessen in ihre
himmelblauen Augen.
»Keine Lügen mehr!«
»Und wir kriegen unser Geld wieder und den
gleichen Teil obendrauf?«, fragte Osman.
»Und den doppelten Teil obendrauf, das
sollte Leonhardt sein Leben wert sein.«
Robert und Osman zögerten.
»Nun schlagt schon endlich ein«, forderte
sie Adara ungeduldig auf.
»Dann lasst uns das Unmögliche versuchen«,
meinte Robert.
»Allah sei mit uns!«, komplettierte Osman
den Bund und legte seine Hand auf die der beiden anderen.
*
Der Tisch brach beinahe in der Mitte ob der darauf drapierten
Köstlichkeiten. In einer Schale dampfte ein derbes Linsengericht, in einer
anderen delikat angerichtete, hiesige Gartenfrüchte. Eine Hammelkeule glänzte
im eigenen Sud, außerdem gab es genügend Schwarzbrot, um den Magen zu
beruhigen, wenn das Essen doch allzu fettig sein sollte.
»Wo sollen wir nur beginnen?«, fragte
Robert laut schmatzend. »Können wir wohl mit Leonhardt einige Worte wechseln?«
»Ganz gewiss nicht,
ich selbst hab’s schon beim Hauptmann versucht, doch hier ließ er sich nicht
erweichen. Bei dem Verbrechen, das ihm angelastet wird, ist jeglicher Kontakt
strikt untersagt – auf ihm lastet der Blutbann!«
»Hab’s mir schon gedacht«, sinnierte
Robert. »Und was ist mit seinem angeblichen Komplizen, dem Mann also, dem die
gesalzene Grube gehört? Sein Verbrechen wiegt ja offenbar nicht so stark. Zu
ihm sollten wir doch vorgelassen werden.«
»Aber freilich, das wäre eine Möglichkeit«,
erwiderte Adara begeistert. »Der alte Anton sollte uns einiges zu erzählen
haben!«
*
»Ihr könnt Anton nicht sprechen.«
»Zum Teufel, warum nicht! Auf ihn lastet
kein Blutbann, also müsst Ihr mich auch zu
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