Die Braut des Silberfinders - historischer Roman
hatte dem jungen
Prospektor nicht den Auftrag dazu erteilt. Niemals hätte er das getan,
schließlich war er ein Ehrenmann, durch und durch.
Anton schaute zur Tür. Es fiel erheblich
mehr Licht zwischen ihr und dem Sturz ein als bislang, offensichtlich hatte man
vergessen, sie zu verschließen. Mühselig richtete er sich auf, zusätzlich zu
den sechzig Lebensjahren und der Gicht erschwert durch die Behandlung, die ihm
hier zuteil wurde.
Tatsächlich, die Tür war unverschlossen.
Vorsichtig öffnete er sie, bis er mit
seinem ganzen Körper durchschlüpfen konnte, dann drückte er die Tür wieder
langsam zurück ins Schloss und schob den Riegel ins Futter, so, wie es sich
eigentlich gehörte. Nichts sollte darauf hinweisen, dass seine Zelle nunmehr
leer war. Fackeln beleuchteten den Gang zu den Kerkerzellen, weit und breit war
niemand zu sehen.
Nur schnell raus hier, hin zu seinem Haus.
Den Beutel mit dem Gold unter den Dielen hervorgekramt und nichts wie auf und
davon. Zum ersten Mal, seit seine Viktoria von ihm gegangen war, betrauerte er
nicht ihren Tod, so musste er sich nun auch nur um sich selbst kümmern.
Lauwarme Luft schlug ihm ins Gesicht, als
er die Pforte ins Freie öffnete. Der Mond schien hell genug, um sich trotz
schwindenden Augenlichts in der Nacht zurechtzufinden.
Ein Katzensprung war es bis zu seinem Haus,
und nicht viel weiter zum Stadttor. Sie würden ihn sicherlich in der Nacht
hinauslassen, immerhin war er ein ehrenwerter Bürger, stets gewesen.
Plötzlich traf ihn ein heißer Schmerz am
Hals und zerrte an ihm mit irrwitziger Gewalt. Etwas schien zu zerreißen, dann
schlug sein Kopf auf dem Boden auf.
Sein Körper, unnatürlich weit weg, war das
letzte, was er in seinem Leben zu sehen bekam, die letzten Gedanken galten
seinem Weib Viktoria.
Adara
»Vorab will ich euch meinen richtigen Namen verraten. Ich heiße
nicht Anna, sondern Adara!«
»Das ist ein arabischer Name«, stellte
Osman fest. »Hast du etwa arabische Wurzeln? Du siehst gar nicht danach aus,
mit deiner blassen Haut und dem roten Haar – nun, jedenfalls passt der Name zu
dir!«
»Danke, Osman.« Adara wirkte sichtlich
geschmeichelt. »Leider habe ich meinen Vater nie zu Gesicht bekommen, doch ein
Araber war er gewiss nicht. Viele Worte verlor meine Mutter nicht über ihn,
aber er muss ein sehr gebildeter Mann gewesen sein. Adara, meinte er, bedeutet
in der griechischen und der arabischen Sprache so viel wie schön oder
Schönheit, so kam ich zu meinem Namen!«
»Und was ist mit dem Geld?«, fuhr Robert
ungeduldig dazwischen. Ihm war es einerlei, wessen Bastard sie war, nur aufs
Geld kam es ihm jetzt an.
»Wo soll’s schon sein? Der größte Teil
liegt beim Hauptmann zur sicheren Verwahrung, bis eure Unschuld bewiesen ist,
abzüglich einer fürstlichen Belohnung für sein Entgegenkommen freilich!«
»Aber Leonhardt hat Geld genug, immerhin
gehört ihm ein Drittel der Mine seines Oheims«, war Robert nach wie vor nicht
bereit nachzugeben.
»Doch nur Leonhardt persönlich steht
Theodor in der Pflicht. Solange sein Neffe im Kerker ist, gibt er keinen
Pfennig her. Und mir schon gar nicht, er mag mich nicht!«
»Offenbar verfügt er über mehr
Menschenkenntnis als seines Bruders Sohn!«
Adara verzog die Lippen zu einem
Schmollmund und sah damit sogar noch entzückender aus, als sie Robert in
Erinnerung hatte. Plötzlich wollte er sie nur noch in den Arm nehmen, sie
halten und ihren heißen Leib an seinem spüren. Mit einem Mal wusste er, dass er
ihr wider besseres Wissen und jeglicher Vernunft weiterhin verfallen war. Er
verfluchte ihre Eltern, denen sie ihre Schönheit verdankte und ebenso jede
ihrer Gesten, die sie anmutiger und verletzlicher und damit begehrenswerter für
ihn machte, als sie es ohnedies war. Und er verfluchte vor allem sich selbst
und sein schwaches Gemüt – ein Gemüt, das ihn so oft in ärgste Schwierigkeiten
gebracht hatte und das in seiner Verletzlichkeit in einem so krassen Gegensatz
zu seiner Statur stand. Er spürte, wie er bei ihrem Anblick innerlich
verkrampfte, wie ihm gleichzeitig heiß und kalt wurde, wie er sie einerseits,
rasend vor Wut, heftig schlagen und sie anderseits, in tiefster Zuneigung,
zärtlich umarmen wollte.
Es war nie das
gestohlene Geld, das ihn unermüdlich antrieb weiterzusuchen, es war einzig und
allein Adara, die er wiedersehen musste. Umso schmerzlicher wog dann auch die
Erkenntnis, da es sich bei ihr um das Weib jenes Mannes handelte, der ihn als
seinen
Weitere Kostenlose Bücher