Die Braut des Silberfinders - historischer Roman
Osman war fürs Erste
zufriedengestellt.
»Also läuft’s einzig auf Theodor hinaus«,
schloss Robert. »Und wie wollen wir es bei ihm anstellen? Ein Verdacht allein
wird dem Hauptmann nicht genügen. Ich habe so meine Zweifel, dass er unseren
Vermutungen überhaupt nachgehen wird. Für ihn scheint der Schuldige bereits
gefunden.«
»Wir selbst müssen ihm die Beweise liefern.
Du wirst dem Oheim deines Mannes auf den Zahn fühlen, Adara«, bestimmte Osman.
»Aber er mag mich nicht.«
»Mag er eher Knaben?«
Adara wirkte irritiert. »Wie kommst du denn
darauf? Nein, bestimmt nicht!«
»Wenn’s so ist, wird er dich mögen«, wurde
Adara von Osman angestrahlt. Und auch Robert musste grinsen, wo sein Freund
recht hatte, da hatte er recht.
Theodor
Theodor war wie vom Schlag gerührt. Da hatte
dieses unverschämte Frauenzimmer doch tatsächlich die Dreistigkeit, bei ihm
persönlich vorstellig zu werden. Wusste sie nicht, dass er sie abgrundtief
verabscheute? Vom ersten Tage, da sie mit Leonhardt liiert war, ahnte er, dass
es ihr einzig auf dessen Geld ankam, und jetzt stand sie einfach so vor seiner
Türe – vermutlich, um ihn anzubetteln.
»Ich hab dir weder etwas zu sagen,
geschweige denn zu geben. Verschwinde, bevor ich dich vom Hof werfen lasse«,
zeigte er keinerlei Wiedersehensfreude.
»Aber lieber Oheim, hört mich nur kurz an,
schließlich geht’s nicht um mich oder Leonhardt allein.«
»Was soll das heißen? Wessen Schicksal kann
noch betroffen sein?« Theodor wirkte verwirrt.
Adara sagte kein Wort, sondern streichelte
nur ihren Bauch.
»Heilige Barbara! Aber woher weißt du das
so rasch, du kennst Leonhardt doch erst seit einem Monat?«
»Eine Frau weiß das eben«, kam kurz und
knapp Adaras Antwort und der alte Mann glaubte ihr aufs Wort.
»Na, dann komm erst einmal herein, Kind.«
Theodor öffnete die Tür zu seinem Anwesen. Zwei herbeieilenden Stallburschen
winkte er ab, ihre Hilfe wurde nun nicht mehr benötigt.
*
Robert und Osman waren indes in Leonhardts Heim geblieben. Was
sollten sie auch schon ausrichten? Zum alten Theodor konnten sie Adara
keinesfalls begleiten – nie würde er mit ihr warm werden, wenn sie dabei wären.
So also oblag es ihnen einzig, untätig vor sich hin zu grübeln.
»Es gibt noch jemanden, der ein Interesse
daran hätte, wenn Leonhardt im Kerker schmort«, unterbrach Osman die Stille,
und wieder kam seine Stimme zaghafter daher, als man es eigentlich von ihm
gewohnt war.
»Adara – aber natürlich!«, sponn Robert
Osmans Gedanken weiter. »Ein Drittel der Mine gehört ihr praktisch schon, und
nun ist sie bei Theodor, um sich den restlichen Teil zu schnappen!«
»Immer mit der Ruhe, Robert, es ist nur ein
vager Verdacht – kein Grund sich so aufzuregen.«
»Aber wenn sie gerade dabei ist, dem alten
Mann das Lebenslicht auszupusten?«
»Wie denn, etwa mit ihren bloßen Händen?«
»Nein, aber mit Gift! Entsinnst du dich
nicht, dass sie eine kleine Dose eingesteckt hat?«
»Aber natürlich«, erinnerte sich Osman,
»und ich Esel dachte, es wäre ein Mitbringsel.« Beide schauten sich unschlüssig
an. »Und was jetzt?«, fragte Osman schließlich.
»Na, schnell hinterher, bevor noch ein
Unglück geschieht!«
Keine zwei Glockenschläge später verließen
sie hastig Leonhardts Haus, denn über eines waren sich beide im Klaren: Sollte
Theodor etwas zustoßen, müssten wieder einmal sie, die Fremden ohne
Vergangenheit, als Schuldige herhalten.
*
So groß und herrschaftlich Theodors Anwesen von außen wirkte, so
schmuddelig und verlebt war es von innen. Jeder Winkel ließ deutlich die
ordnende Hand einer Frau vermissen. Es schien, als sei mit dem Tode von
Theodors Weib Maria die Zeit stehen geblieben.
Im Ofen schwelte ein Feuer, obwohl es noch
warm war an jenem Septembertag. Alte Leute brauchen’s ein bisschen wärmer,
dachte sich Adara und betrachtete ihr Gegenüber.
Theodor als alt zu bezeichnen, schmeichelte
ihm noch – greisenhaft wirkte er, gebrechlich und gramgebeugt. Hatte ihm das
Schicksal seines Neffen den Kummer so deutlich ins Gesicht geschrieben oder war
es nur der leidende Blick, der manch altem Menschen ebenso beharrlich anhaftete
wie dem jungen ein freches Lächeln.
»Setz dich, Mädchen! Ich hol uns einen Krug
Wein, auf dass das Kind ebenso rosige Wangen bekommen wird wie seine Mutter.«
Theodor stellte zwei
Pokale auf den Tisch, einer verdreckter als der andere, dann schwankte er in
die Küche. Offenbar war es
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