Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Braut des Silberfinders - historischer Roman

Die Braut des Silberfinders - historischer Roman

Titel: Die Braut des Silberfinders - historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
Vom Netzwerk:
Cöllner
Bischof in den Sinn, der so gewandet war. Und nun kam ein Herold mit einem
Umhang daher, dessen Färbung bereits ein Vermögen gekostet haben musste. »Du
musst wissen, dass purpurner Farbstoff aus Seeschnecken gewonnen wird und
ausgesprochen selten …«
    Weiter kam er nicht, denn Adara stieß ihm
kräftig ihren Ellenbogen in die Rippen. »Gib Ruhe, Theodor ist auch hier!«
    Robert folgte Adaras Finger. Dicht am
Marktbrunnen stand der alte Mann. Der Schatten des Goslarer Wappentieres, ein
Adler mit ausgebreiteten Flügeln auf den Schalen des Brunnens thronend, fiel
auf Theodors Gesicht. Mit versteinerter Miene starrte er zu seinem Neffen
hinüber. Offenbar setzte ihm das unwürdige Spektakel übel zu, denn er musste
sich von zwei seiner Männer stützen lassen. Ein Grund mehr, den armen Leonhardt
zu rehabilitieren, dachte Robert traurig angesichts Theodors Elend.
    »Bürger und Bürgerinnen Goslars!«
    Augenblicklich verstummte die Menge, alle
wollten erfahren, was der junge und dennoch schon geachtete Prospektor
verbrochen haben mochte.
    »Hört die Proklamation im Auftrag des Vogtes,
niedergeschrieben am siebten Idus des Monats September im Jahre des Herrn
1234!« Bedeutungsvoll rollte der Herold ein Pergament aus. »Angeklagt und
eindeutig der Schuld überführt wurde Leonhardt zu Steuben, Prospektor der Stadt
Goslar, sein Amt in niederträchtigster und betrügerischer Weise zu seinem
eigenen Nutzen missbraucht zu haben!«
    Das Volk brauste auf. Empörtes
Stimmengewirr und übelste Schmährufe wurden laut, sodass der Herold kurz
innehalten musste.
    »Wo ist eigentlich Osman?«, fragte Adara und
suchte die unmittelbare Umgebung von Leonhardt ab, natürlich, ohne fündig zu
werden.
    Robert, der seinen Freund dabei beobachtet
hatte, wie er rückwärts im Schatten des Ganges verschwunden war, deutete mit
einem knappen Nicken die Richtung an und Adara zögerte nicht lange, ihm zu
folgen. Es dauerte eine Weile, bis sich ihre Augen vom hellen Tageslicht an die
Dunkelheit gewöhnt hatten, dann entdeckte sie ihn bei seinen vergeblichen
Versuchen, Leonhardt auf sich aufmerksam zu machen. Weiter nach vorn schien er
sich nicht wagen zu wollen, kein Wunder in Anbetracht der vielen Soldaten.
Vorsichtig trat sie wieder aus dem Gang hinaus ins Freie, sorgsam darauf
bedacht, dass nicht einer der Wachmänner durch ihr plötzliches Auftauchen auf
Osman aufmerksam werden würde.
    »So hört nun die gerechte Strafe, auf dass
sie eine Warnung sei für alle anderen, besonders freilich demjenigen, der
seinem Amt als Prospektor folgen wird!«
    Das Volk verstummte in gespannter Erwartung
dessen, was der Herold ferner verlauten würde. Leonhardt hingegen ließ alles
teilnahmslos über sich ergehen. Wie versteinert verharrte er am Pranger, der
eigentlich nur ein oberschenkeldickes, acht Fuß hohes Rundholz mit
Metallbeschlägen und Ketten war, kerzengerade in die Höhe ragend.
    »Der Verurteilte wird von nun an bis zum
morgigen Sonnenuntergang am Pranger allen Bürgern der Schande bloßgestellt, bis
der Henker ihn richten werde, wenn die Nacht zum Sonntag beginnt. Dort wird er
eine ganze Woche lang neben seinem Spießgesellen Anton Bergmann hängen, dessen
Fluchtversuch aus dem Kerker die Schuld der beiden de facto bewiesen hat!«
    Adara blieb das Herz stehen. Natürlich
hatte sie solch eine Strafe befürchtet, doch musste es so bald sein?
    Die Meute indes jubelte. Obwohl jeder mit
einem Todesurteil gerechnet hatte, brannte dennoch vielfach Freude auf in
Erwartung des morgigen Spektakels.
    »Henker, walte deines Amtes!«, rief der
Herold mit Verve zum Galgen hinüber, und tausend Augenpaare richteten sich
daraufhin auf jenen Ort zwischen dem Rathaus und der Marktkirche, der immer
wieder gut war für den einen oder anderen wohligen Schauer. Der Henker ließ
sich nicht lange bitten und zog an einem Seil. Zuerst hoben sich die Beine des
armen Anton vom Boden des Galgenpodestes, dann, nach und nach, folgte der Rest des
alten Mannes. Es war ein schauriges Bild, wie die Leiche, an den Füßen am Seil
angebunden, Stück für Stück vom Henker nach oben gezogen wurde. Einige starrten
ehrfürchtig zum alten Anton, der, allseits beliebt und geachtet in Goslar, nun
zur Schau gestellt wurde wie ein gemeiner Dieb. Die überwiegende Mehrheit
jedoch johlte vergnügt, einige lachten gar laut und gehässig. Aber selbst den
Schadenfrohesten verschlug es für einen Moment den Atem, als schließlich den
Schultern nur ein blutiger Stumpf folgte und

Weitere Kostenlose Bücher