Die Braut des Vagabunden
Leben war. Endlich stieg Freude in ihr auf. Sie würde Jack wiedersehen! Ja!
Neuer Schwung erfüllte sie. Sie sprang auf …
Und schwankte plötzlich, als sie sich erinnerte, was die Duchess noch gesagt hatte.
„Euer Sohn?“
„Ja, er ist mein Sohn.“
„A…aber …“
„Manchmal nennt er sich Jack Bow“, sagte die Duchess. „Aber sein voller Name lautet John Beaufleur, der zweite Duke of Kilverdale.“
6. KAPITEL
„Er ist ein Duke?“ Temperance hatte so viele Schrecken erfahren, dass sie nicht mehr daran dachte, sich bei dieser Neuigkeit zu beherrschen. „Natürlich ist er das! Dies hier ist sein Haus, nicht wahr? Im Dorf habe ich nach Jack Bows Haus gefragt, und man schickte mich hierher. Kein Wunder, dass alle gelacht haben!“
„Wer hat gelacht?“, fragte die Duchess.
„Er hat mich angelogen!“ Temperance begann, auf und ab zu gehen, und sie wurde wütend, wenn sie daran dachte, wie sehr Jack sie getäuscht hatte. „Er sagte mir, er sei ein Glücksritter. Als ich ihn das erste Mal sah, spielte er Laute in einer Taverne. Er hat seinem Cousin den Mantel gestohlen. Ich dachte – oh, wenn ich ihn sehe, werde ich ihm die Ohren lang ziehen!“ Wütend presste sie die Hände zusammen. „Nie wieder wird er seine Spielchen mit mir spielen!“
„Hat Jack Euch ausgelacht?“, fragte die Duchess.
Temperance schüttelte den Kopf. „Der Mann im Dorf. Oh! Er ist ein Schurke! Ich hätte zulassen sollen, dass der Pöbel ihn aufhängt …“
„Was? Welcher Pöbel?“
Temperance sah die Duchess an, als ihr plötzlich einfiel, dass sie mit Jacks Mutter sprach.
„Es war nicht wirklich der Pöbel“, sagte sie. „Sie waren nur verwirrt und voller Angst. Es gab Gerüchte, dass die Franzosen das Feuer gelegt hätten, und jemand warf Jack vor, Franzose zu sein. Aber ich sagte ihnen, dass sein Urgroßvater ein Gemischtwarenhändler in London war, und es stellte sich heraus, dass Nicholas Farley sich an ihn erinnerte. Er war der Lord Mayor!“ Plötzlich setzte Temperance sich auf den nächstbesten Hocker.
„Was bin ich bloß für eine Närrin gewesen“, sagte sie. „Ich wusste, dass sein Urgroßvater der Lord Mayor gewesen ist. Ich hätte mir denken können, dass er nicht irgendein Vagabund war – aber er hätte mir nicht erzählen müssen, dass er Jack Bow ist! Wie konnte er das tun?“ Verzweifelt ließ sie den Kopf in die Hände sinken.
„Ich kann in dieser Sache nicht für meinen Sohn sprechen …“, begann die Duchess.
„Nein. Nein, ich weiß, dass Ihr das nicht könnt“, sagte Temperance und richtete sich auf. Sie war überzeugt, dass man sie jetzt hinauswerfen würde. „Ich weiß. Es tut mir leid. Ich hätte nicht so mit Euch sprechen dürfen.“ Sie stand auf. Es war Zeit zum Gehen. Wenn sie mit Isaac erst einmal draußen vor dem Tor war, würde sie darüber nachdenken, was als Nächstes zu tun war.
„Aber ich bin sicher, er würde erwarten, dass ich Euren Aufenthalt hier so angenehm wie möglich gestalte, während Ihr auf ihn wartet.“
„Bleiben?“ Temperance starrte sie ungläubig an. „Ihr wollt, dass ich hier bleibe?“
„Natürlich. Ihr kamt, um Jack Bows Haus zu finden, oder?“, sagte die Duchess. „Vermutlich wolltet Ihr hier wohnen, nachdem Ihr es gefunden habt?“
„Ja. Aber ich dachte – ich dachte, es wäre ein ganz kleines Haus. Ich dachte – da er so lange fort gewesen ist –, es wäre leer. Ich dachte, ich würde es sauber machen und aufräumen, und vielleicht benötigte es ein paar Reparaturen. Ich wollte vorn ein kleines Geschäft einrichten, sobald ich mich …“ Temperance verstummte. „Wie kann er ein Duke sein?“, flüsterte sie. „Wie kann das sein?“
Temperance saß auf der Fensterbank in einem der vielen Salons. Ihre Stimmung schwankte zwischen Sorge um die Zukunft, Freude, dass Jack noch am Leben war, und Zorn, weil er sie hintergangen hatte. Sie hatte geglaubt, er wäre nicht zu ihr zurückgekommen, weil er tot war. Jetzt wusste sie, er war nicht gekommen, weil er ein Duke war und sie nur ein Zeitvertreib. Wenn sie Glück hatte, würde er es für einen guten Spaß halten, dass sie als Jack Bows Ehefrau auftrat, und ihr noch einen Beutel mit Goldstücken geben, ehe er sie hinauswarf. Wenn sie Pech hatte …
Furcht packte sie. Sie hatte immer gewusst, dass ihre Pläne riskant waren. Manchmal gab sich eine Frau als Witwe eines Seemanns aus, sodass sie die Heuer und das Prisengeld bekam, das ihrem vermeintlichen Ehemann zustand. Wenn ein
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