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Die Braut des Vagabunden

Die Braut des Vagabunden

Titel: Die Braut des Vagabunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CLAIRE THORNTON
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sollte, zusammen mit Jack, der Duchess und Dr. Nichols. Sie verstand nicht, warum Jack sie einer solchen Qual aussetzte. Warum nahm er nicht einfach seinen Ring zurück und erzählte jedem, dass sie gar nicht seine Frau war?
    Sie saß auf dem Platz, den man ihr zugewiesen hatte, und war sich der misstrauischen Blicke sowohl der Dienstboten als auch Dr. Nichols’ sehr wohl bewusst. Der Kaplan schien ihr eine noch beunruhigendere Gesellschaft zu sein als die Duchess, aber sie biss die Zähne zusammen und versuchte, dieselbe Haltung an den Tag zu legen wie Eleanor.
    Immer wieder betrachtete sie Jack verstohlen und versuchte, in dem vornehm gekleideten Aristokraten den Mann zu sehen, den sie in London gekannt hatte. Zuerst fiel es ihr schwer, weil er so förmlich und hochmütig wirkte. Doch dann forderte die Duchess ihn auf, alles zu erzählen, was er getan hatte, seit er im April von hier fortgegangen war.
    Anfangs verhielt Jack sich weiterhin reserviert, doch je mehr er sich in seiner Geschichte verlor, desto häufiger begann Temperance Blicke auf den Mann zu erhaschen, den sie zum ersten Mal gesehen hatte, als er die Gäste einer überfüllten Taverne mit seiner Laute unterhielt. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück, und seine Augen leuchteten, als er von den Rückschlägen und Abenteuern erzählte, die er auf dem Weg von Brügge nach Venedig und zurück erlebt hatte.
    Er erzählte seine Geschichte auf so mitreißende Weise, dass Temperance trotz ihrer Anspannung bald ganz darin versunken war. Dann hingegen erreichte er mit seiner Geschichte Dover.
    „Also stahl ich Jakobs Mantel, nahm mir das einzige Pferd und ritt nach London“, sagte Jack mit einem zufriedenen Grinsen.
    „Ihr wart voller Bedauern, als Ihr glaubtet, Jakob wäre Euretwegen nach Newgate geschickt worden“, erinnerte sie Jack brüsk. „Da habt Ihr das ganz und gar nicht komisch gefunden.“
    „Stimmt“, sagte Jack. „Aber wie sich herausstellte, täuschte ich mich, und Jakob hat es sich ganz allein zuzuschreiben, dass er im Kerker landete. So etwas ist mir nie passiert.“
    „Noch nicht“, entfuhr es Temperance.
    Jack sah sie an.
    Sie erwiderte seinen Blick, doch ein ungutes Gefühl beschlich sie. Nach allem, was sie getan hatte, konnte sie froh sein, wenn sie dem Gefängnis entkam. Sie hielt seinem Blick stand und las genau das in seinen Augen. War das der Augenblick, in dem er sie verraten würde? Als Jack den Mund öffnete, um zu sprechen, ballte sie die Hände im Schoß zu Fäusten.
    „Ich erinnere mich, dass Ihr mich gescholten habt, ehe Ihr über Jakobs Schicksal Bescheid wusstet“, meinte er kühl. „Ihr habt einen etwas engen moralischen Standard, Madam.“
    Einen Moment lang sah er ihr fest in die Augen, dann wandte er sich ab. „Da das Mahl beendet ist, werde ich die Geschichte meiner Abenteuer in London für eine andere Gelegenheit aufheben“, sagte er und schob seinen Stuhl zurück. „Ich habe Toby versprochen, ihn heute Nachmittag zum Reiten mitzunehmen.“
    „Nein!“ Der Protestschrei entfuhr Temperance ganz von selbst. Hatte Jack entschieden, sie zu bestrafen, indem er ihre Qual verlängerte? Sie konnte diese Aufregung keinen Moment länger ertragen. „Ich meine …“
    Jack bewegte sich unerwartet schnell. Eben noch stand er neben seinem Stuhl, gleich darauf hatte er den Tisch umrundet und ihre Hand ergriffen. Sie hatte sich so erschrocken, dass sie ihn nur mit offenem Mund anstarrte. Er hob ihre Hand an seine Lippen.
    „Ich bin stets begierig darauf, Eure Meinung zu hören, meine Liebe“, sagte er. „Aber Toby wartet auf mich. Sagt es mir später.“ Die freie Hand legte er unter ihr Kinn und drückte ihren Mund zu, dann beugte er sich vor und küsste sie sanft auf die Lippen. „Sagt es mir allein.“ Sie fühlte seine Worte mehr wie einen Atemzug an ihrer Haut, aber sie vibrierten durch ihren ganzen Körper.
    Seine Botschaft war eindeutig. Ohne seine Erlaubnis sollte sie nicht sprechen. Sie zog die Unterlippe zwischen die Zähne und wünschte, seine Berührung hätte sie nicht so verwirrt – und dass er sie etwas länger geküsst hätte.
    Sie sah ihm nach, wie er fortging, die Finger gegen den Mund gepresst. Dann fiel ihr wieder ein, wo sie sich befand und dass ihrem Wortwechsel viele aufmerksame Zeugen gelauscht hatten. Sie war zu stolz, um für diese die Rolle der bebenden, verliebten Maid zu geben, also ließ sie die Hand sinken und sah ihm nach. „Tatsächlich habe ich gleich ein Treffen mit meinem

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