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Die Braut des Vagabunden

Die Braut des Vagabunden

Titel: Die Braut des Vagabunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CLAIRE THORNTON
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Lehrjungen. Das könnte ein Weilchen dauern, so trifft es sich gut, dass Ihr Euch inzwischen mit anderen Dingen beschäftigen könnt.“
    Kurz bevor er die Tür erreicht hatte, blieb Jack stehen. Mit angehaltenem Atem betrachtete sie seine breiten Schultern und wünschte, ihre Zunge besser beherrschen zu können. Langsam drehte Jack sich um und sah sie mit hochgezogenen Brauen an.
    „Welch Glück“, sagte er.
    Gleich darauf war er fort, und Temperance ließ sich in ihrem Stuhl zurücksinken.
    „Warum sprecht Ihr nicht im großen Salon mit Isaac?“, fragte die Duchess. „Ich werde ihn zu Euch schicken lassen.“
    „Oh …!“ Ein Gespräch mit Isaac war das Letzte, was Temperance jetzt tun wollte, aber das konnte sie schlecht sagen. „Danke, Euer Gnaden“, sagte sie stattdessen. „Ihr seid sehr freundlich.“
    Temperance nahm den Kamm und fuhr damit noch ein paar Mal unnötigerweise durch ihr Haar. Es war nach zehn Uhr, und seit dem Dinner hatte sie Jack nicht mehr gesehen. Beim Abendessen hatte die Duchess gesagt, dass er zwar von seinem Ausritt mit Toby zurück war, sich aber mit Mr. Worsley, seinem Verwalter, zu einer Besprechung zurückgezogen hatte. Wie es schien, waren die beiden Männer so sehr in die Bücher des Anwesens vertieft, dass Jack nicht mit ihnen hatte essen können.
    Temperance war sprachlos gewesen, zuerst vor Erstaunen, dann mehr und mehr vor Empörung. Auch sie hielt eine gute Buchführung für wichtig, aber heute musste Jack sich doch um wichtigere Dinge kümmern, nicht wahr? Oder wollte er ihr zeigen, für wie unwichtig er sie hielt?
    Vor Enttäuschung hätte sie den Kamm am liebsten quer durchs Zimmer geschleudert, doch sie legte ihn stattdessen vorsichtig hin. Sie war es nicht gewohnt, von anderen Menschen abhängig zu sein, und sie hasste es. Zum tausendsten Mal wünschte sie sich, wieder in ihrem Laden zu sein und selbst für ihr Leben verantwortlich. Es war nicht immer leicht gewesen, vor allem nicht im vergangenen Jahr, als die Pest London heimgesucht hatte.
    Doch bei aller Beschwernis des Londoner Lebens war sie immer Herrin in ihrem kleinen Reich gewesen. Jetzt war sie in Jacks Heim auf seine Gnade angewiesen. Da ihr die Mittel fehlten, um zu gehen, blieb ihr nichts anderes übrig, als auf sein Urteil zu warten.
    Ihr Blick fiel auf die kleine Schachtel, die ihr Bruder ihr vor so langer Zeit gegeben hatte, einer der wenigen Gegenstände auf dem Frisiertisch, die ihr gehörten. Sie war ganz allein auf der Welt. Ihre Eltern hatten erst spät geheiratet, und ihre Mutter war bereits vierundvierzig gewesen, als Temperance geboren wurde. Vor drei Jahren war sie gestorben, und der Vater war ihr nach nur einem Jahr ins Grab gefolgt. Temperances Bruder war schon vor langer Zeit am Fieber gestorben, und noch immer vermisste sie ihn manchmal.
    Sie berührte die Schachtel und suchte Trost in dem vertrauten Gefühl unter ihren Fingern. Dabei bemerkte sie Jacks Ring. Der Anblick weckte erneut Angst. Sie zog den Ring ab und legte ihn auf den Frisiertisch. Ruhelos stand sie auf und ging in dem Schlafgemach umher, wiederholte jedes Wort, das er seit seiner Ankunft am Morgen zu ihr gesagt hatte. Im einen Moment war sie beinahe sicher, dass er noch immer freundliche Gefühle für sie hegte, dann wieder deutete sie dieselbe Bemerkung als ein Zeichen dafür, dass er nur mit ihr spielte, ehe er ihr den Gnadenstoß versetzte. Gerade drehte sie die einundzwanzigste Runde, als sie hörte, wie die Tür geöffnet wurde.
    Sie fuhr herum. „Wo warst du so lange?“, platzte sie heraus und meinte damit nicht nur die lähmenden Stunden, die er sie hier auf Kilverdale Hall hatte warten lassen, sondern auch all die Wochen, die sie in London auf ihn gewartet hatte. Unter ihrem Zorn und ihrer Angst verbarg sich die nagende Enttäuschung darüber, dass er so lange weg gewesen war, während sie ständig an ihn hatte denken müssen.
    Er schloss die Tür, drehte sich um und sah sie an, wobei er spöttisch eine Braue hochzog bei ihrer unbedachten Frage. Sie verstand, dass es unter den gegebenen Umständen vielleicht klüger war, ihn den Verlauf des Gesprächs bestimmen zu lassen.
    „Es tut mir leid, Liebste.“ Er kam näher. „Hätte ich gewusst, dass du mich so ungeduldig erwartest, hätte ich dich gleich nach dem Abendessen fortgeholt, aber tatsächlich habe ich meine Besprechung mit Worsley eben erst beendet.“ Während er sprach, hatte er seine Perücke abgenommen und legte sie jetzt auf den

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